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       # taz.de -- Ressourcenschutz in Berlin: Lasst kaputt, was euch kaputtgeht
       
       > Das Berliner Förderprogramm für die Reparatur kaputter Elektrogeräte gilt
       > als Erfolg. Trotzdem will der Senat das Projekt schon wieder einstampfen.
       
   IMG Bild: Ob kaputte Bildschirme oder Waschmaschinen: Wer repariert, statt neu zu kaufen, konnte in Berlin einen Bonus beantragen
       
       Berlin taz | Es kommt nicht häufig vor, dass in Berlin ein Projekt von CDU
       und SPD auf breite Zustimmung stößt. Bei dem Reparaturbonus war das der
       Fall. Wobei die Betonung auf „war“ liegt. Denn das Zuschussprogramm für die
       Reparatur von kaputten Elektrogeräten soll nach weniger als einem Jahr
       schon wieder beerdigt werden. Kritiker:innen der Koalition sagen: So
       geht schwarz-rote Logik.
       
       Von A wie Akku-Astschere bis Z wie Zerkleinerer: Mit dem Bonus konnten sich
       Berliner:innen die Kosten für die jeweilige Reparatur zur Hälfte vom
       Land Berlin erstatten lassen. [1][Maximal gab es 200 Euro pro Person und
       Jahr.] Das lief so gut, dass im laufenden Jahr bereits Ende Juni ein
       Antragsstopp verhängt wurde, weil die Projektmittel für 2025 aufgebraucht
       waren. Und geht es nach der zuständigen Senatorin Ute Bonde (CDU), war es
       das dann auch.
       
       „Nach aktuellem Stand wird das Programm für den Reparaturbonus nicht
       fortgesetzt, da derzeit keine finanziellen Mittel zur Fortsetzung zur
       Verfügung stehen“, teilt Bondes Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr,
       Klimaschutz und Umwelt auf taz-Anfrage mit. Mehr gebe es dazu vorerst nicht
       zu sagen.
       
       Dem Vernehmen nach sind sich Teile der Senatsverwaltung zwar einig, dass
       das Projekt ein voller Erfolg war. Trotzdem sieht man für dessen Zukunft
       schwarz. Vor allem, weil Bondes Haus im Doppelhaushalt 2026/27 zu den
       Verlierern gehört. So soll ihre Senatsverwaltung [2][laut dem jüngst
       vorgestellten Haushaltsentwurf] im kommenden Jahr nur noch 2,97 Milliarden
       Euro ausgeben – fast 500 Millionen Euro weniger als für 2025 eingepreist
       sind.
       
       ## Für die Senatorin nur ein Nice-to-have
       
       Aus der Behörde heißt es, angesichts der vielen Berliner Schrottbrücken und
       sonstigen Desaster im Verkehrsinfrastrukturbereich müsse halt priorisiert
       werden. Der in diesem Jahr noch mit 1,25 Millionen Euro pro Jahr zu Buche
       schlagende Bonus soll für Bonde nur ein Nice-to-have sein.
       
       Nun steht die Senatorin ohnehin nicht in dem Ruf, [3][sich groß für die
       Belange von Umwelt- und Klimaschützer:innen zu erwärmen.] Trotzdem
       klang das vor einem Jahr noch anders.
       
       „Wir brauchen ein neues Bewusstsein für den Umgang mit defekten Geräten“,
       erklärte die CDU-Politikerin bei der Einführung des Reparaturbonus Mitte
       September 2024. Die erste Reaktion auf einen Defekt solle nicht mehr die
       Suche nach einem günstigen Ersatzgerät sein. „Der erste Gedanke sollte
       immer der Frage gelten: Wo bekomme ich das repariert?“, so Bonde.
       
       Schon damals musste die Senatorin [4][im Vorfeld allerdings zum Jagen
       getragen werden]. Lange blieb unklar, welche Geräte gefördert werden und
       wie hoch der Maximalzuschuss sein wird. Als der Bonus dann an den Start
       ging, hieß es, aufgrund der Haushaltslage könne nicht gesagt werden, ob das
       Programm 2025 fortgeführt werden kann. Der Bonus überstand alle Kürzungen.
       Bis jetzt.
       
       ## Widerstand aus der SPD-Fraktion
       
       Die SPD-Politikerin Linda Vierecke will das nicht hinnehmen. „Ich blicke
       für meinen Bereich mit großer Sorge auf die Haushaltsaufstellung und
       befürchte Schlimmes“, sagt die umwelt- und klimaschutzpolitische
       Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus zur taz.
       
       Ihr sei bewusst, dass Berlin hoch verschuldet und knapp bei Kasse sei und
       sich weiter verschuldet. „Aber bei einem 44-Milliarden-Euro-Haushalt im
       nächsten Jahr müssen 1,25 Millionen für den Reparaturbonus drin sein. Das
       ist ein kleiner Tropfen mit großer Wirkung.“
       
       In den nicht mal zehn Monaten seines Bestehens bewilligte die mit der
       Abwicklung der Bonusauszahlungen vom Senat beauftragte IBB Business Team
       GmbH gut 15.000 Anträge. Ganz vorne mit dabei war die Reparatur von Handys
       und Laptops, gefolgt von Wasch- und Geschirrspülmaschinen, [5][wie aus
       einer von Vierecke bei der Umweltverwaltung erfragten Auflistung
       hervorgeht].
       
       Durch den Verzicht auf das Prinzip „Wegwerfen und neu kaufen“ wurden
       demnach allein im vergangenen Jahr zwischen Mitte September und Jahresende
       984 Tonnen CO2 eingespart. Das ist genau genommen ebenfalls nur ein kleiner
       Tropfen. So betrugen die CO2-Emissionen Berlins im Jahr 2023 ganze 14,5
       Millionen Tonnen.
       
       Andererseits: Kleinvieh macht auch Mist. „Und die starke Nachfrage nach dem
       Bonus zeigt doch, dass Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz vielen
       Berliner:innen einfach unglaublich wichtig ist“, sagt Linda Vierecke.
       
       ## Auch lokales Handwerk hat profitiert
       
       Tobias Quast-Malur vom Umwelt- und Naturschutzverband BUND Berlin sieht das
       genauso. „Der Bonus gibt für viele Menschen den Anstoß, statt eines
       schnellen Neukaufs die Instandsetzung defekter Geräte überhaupt erst wieder
       ernsthaft ins Auge zu fassen“, sagt der Referent für Abfall- und
       Ressourcenpolitik zur taz.
       
       Neben der Umwelt und den Verbraucher:innen profitiert auch das lokale
       Handwerk. Tatsächlich wurden nach Angaben der Investitionsbank Berlin gut
       drei Viertel der Reparaturen in kleinen Berliner Werkstätten oder
       Fachgeschäften durchgeführt. Für Quast-Malur „eine Win-win-win-Situation“.
       
       Umso unverständlicher sei es, dass der Reparaturbonus nun „gleich wieder
       dem Sparzwang zum Opfer fallen“ soll, sagt der Umweltexperte. Berlin
       sollte sich [6][stattdessen an Thüringen oder der österreichischen
       Hauptstadt Wien orientieren]. Auch hier wurden Förderprogramme für
       Reparaturen von Elektrogeräten aufgelegt, nur eben aufgrund der starken
       Nachfrage nicht sofort wieder eingestampft, sondern „bereits vielfach
       verlängert und ausgedehnt“.
       
       SPD-Politikerin Linda Vierecke kündigt unterdessen an, dass die Messe für
       sie noch lange nicht gesungen ist. Wenn die Senatorin meine, auf den
       Reparaturbonus im Doppelhaushalt 2026/27 verzichten zu können, werde sie
       als Abgeordnete nach der Sommerpause dafür sorgen, dass er dort wieder
       reinkommt.
       
       Der Haushalt werde Ende des Jahres schließlich nicht vom Senat, sondern vom
       Abgeordnetenhaus final beschlossen. Vierecke sagt: „Ich musste schon für
       die Einführung des Reparaturbonus kämpfen. Dann kämpfe ich jetzt eben für
       die Fortführung.“
       
       6 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Zuschuss-Programm-in-Berlin/!6036194
   DIR [2] /Berliner-Landeshaushalt-2026-und-2027/!6098969
   DIR [3] /Abgang-im-Berliner-Senat/!6102022
   DIR [4] /Zuschuss-Programm-in-Berlin/!6028400
   DIR [5] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-23104.pdf
   DIR [6] /Zuschuss-zu-Reparaturen/!6040538
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
       
       ## TAGS
       
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