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       # taz.de -- Energiewende-Monitoring: Wie Katherina Reiche die Klimaziele in Gefahr bringt
       
       > Ein Gutachten zur Energiewende könnte den Ausbau Erneuerbarer ausbremsen.
       > Das hat Folgen für die Pläne der Bundesregierung, den CO₂-Ausstoß zu
       > senken.
       
   IMG Bild: Keine halben Sachen: Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist wichtig für das Klima
       
       Berlin taz | Der Grüne Robert Habeck und die Ampelregierung waren schon
       abgewählt, als das Umweltbundesamt im März verkündete: Erstmals ist
       Deutschland auf Kurs, seine Klimaziele für 2030 einzuhalten. „Das zeigt:
       Die Anstrengungen lohnen sich, unser Handeln macht einen Unterschied“,
       jubelte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck, „jetzt können wir die
       Lücke schließen, wenn wir weiter intensiv daran arbeiten, die notwendigen
       Maßnahmen umzusetzen.“
       
       Ob die Bundesregierung weiter intensiv daran arbeitet, die notwendigen
       Maßnahmen umzusetzen, ist jedoch zunehmend unklar. Denn [1][der große
       Treiber von Habecks Klimaschutzerfolg] war der Ausbau von Wind- und
       Solaranlagen. Und glaubt man Katherina Reiches Kritiker*innen wie der
       Deutschen Umwelthilfe, bereitet [2][Habecks Nachfolgerin von der CDU]
       gerade den Boden dafür, diesen Ausbau zu verlangsamen.
       
       Reiches Wirtschaftsministerium lässt derzeit ein Gutachten ausfertigen, das
       den Stand der Energiewende, also des Übergangs von fossilen zu erneuerbaren
       Energien, feststellen und den Strombedarf in Deutschland voraussagen soll.
       Auf dieser Grundlage, fürchtet Constantin Zerger von der Deutschen
       Umwelthilfe, „möchte Frau Reiche Wind- und Sonnenenergie mit
       planwirtschaftlichen Vorgaben maßregeln und ausbremsen“.
       
       Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist so wichtig für den Klimaschutz in
       Deutschland, weil die Energiewirtschaft – also vor allem die Stromerzeugung
       – mehr CO2 ausstößt als die anderen Sektoren wie Industrie, Gebäude und
       Verkehr: 2024 waren es etwa 185 Millionen Tonnen CO2 in der
       Energiewirtschaft; im zweitschmutzigsten Sektor, der Industrie, 153
       Millionen Tonnen CO2. Gleichzeitig konnte Deutschland in der Stromerzeugung
       die größten Fortschritte bei der Reduktion des CO2-Ausstoßes vermelden: Im
       Vergleich zum Vorjahr waren es 2024 17,6 Millionen Tonnen CO2 weniger, mehr
       als das Dreifache des Rückgangs in allen anderen Sektoren zusammen.
       
       ## Erneuerbare haben Emissionen gesenkt
       
       Dem Umweltbundesamt zufolge war der starke gestiegene Anteil der
       erneuerbaren Energien am Stromverbrauch dafür maßgeblich: „Der weitere
       Ausbau der erneuerbaren Energien und ein schnelles Ende der
       Kohleverstromung sind die zentralen Pfeiler für die Klimaschutzziele bis
       2030 und müssen daher unbeirrt weiterverfolgt werden.“
       
       Die Bundesregierung hat sich gesetzlich verpflichtet, im Vergleich mit 1990
       im Jahr 2030 65 Prozent weniger CO2 auszustoßen. An diesem Ziel hält auch
       die schwarz-rote Koalition fest. Bleibt die gesetzliche oder
       wirtschaftliche Situation in etwa gleich, wird Deutschland dieses Ziel nur
       ganz knapp verfehlen: 63 Prozent weniger CO2 erwartet der [3][Expertenrat
       Klima], der die Bundesregierung in Klimafragen berät.
       
       Auch das ist vor allem dem Stromsektor zu verdanken: Sein Ausstoß wird in
       den Jahren 2024 bis 2030 voraussichtlich um 92 Millionen Tonnen CO2
       zurückgehen, im Gebäudesektor sind es nur 24 Millionen Tonnen und im
       Verkehrssektor nur 28 Millionen Tonnen weniger.
       
       2021 hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die Bundesregierung
       sich beim Klimaschutz mehr anstrengen muss, weil sonst die Möglichkeiten
       zukünftiger Generationen, das Klima zu schützen, stark eingeschränkt sind.
       Als Reaktion darauf versprach die – damals ebenfalls schwarz-rote –
       Bundesregierung, schon 2045 klimaneutral zu werden. Also: nur so viel CO2
       auszustoßen, wie Wälder, Moore, Wiesen und technische CO2-Speicheranlagen
       wieder auffangen. Dieses Ziel steht seitdem im Klimaschutzgesetz. Soll es
       erreichbar bleiben, ist das 2030er-Ziel entscheidend.
       
       ## Das Problem: Gas-, Ölheizungen und Verbrennerautos
       
       Der Expertenrat Klima hat zudem angemahnt, dass das 2040er-Ziel, 88 Prozent
       weniger CO2 auszustoßen als 1990, mit den aktuellen Maßnahmen nicht
       erreicht werden wird, genauso wenig wie das Ziel der Klimaneutralität 2045.
       Das liegt vor allem an den Sektoren Gebäude und Verkehr: Gas- und
       Ölheizungen verursachen zu viel CO2 aus, genauso Verbrennerautos. Die
       Industrie verbrennt vor allem Gas und teilweise Kohle, um ausreichend hohe
       Temperaturen zum Beispiel bei der Glas- oder Stahlherstellung zu erzeugen.
       
       Auch damit all diese Sektoren ihren Anteil am Klimaschutz leisten können,
       müssen die Erneuerbaren ausgebaut werden: Um klimaneutral zu heizen, müssen
       mehr Menschen Wärmepumpen einbauen. Die sind aber vor allem dann
       klimafreundlich, wenn der Strommix zu möglichst großen Teilen aus Solar-
       und Windstrom besteht. Verkehrsabgase [4][lassen sich unter anderem durch
       mehr E-Autos], E-Busse und elektrifizierte Bahnen reduzieren, die alle
       Strom brauchen. In der Industrie können fossile Brennstoffe in einigen
       Prozessen, zum Beispiel bei der Stahlherstellung, auch durch Strom ersetzt
       werden.
       
       Oft ist aber Wasserstoff nötig – und wenn der in Deutschland hergestellt
       werden soll, müssen Solaranlagen und Windräder erst recht jede Menge Strom
       liefern. Würgt Katherina Reiches Energiewende-Monitoring deren Ausbau ab,
       sind die gesetzlich verankerten Klimaziele für die Bundesregierung
       unerreichbar.
       
       7 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Deutschland-haelt-Klimaziel-ein/!6075700
   DIR [2] /Wirtschaftsministerin-gegen-Klimaziele/!6093171
   DIR [3] https://expertenrat-klima.de/
   DIR [4] /Wandel-in-der-Industrie/!6096053
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Waack
       
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