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       # taz.de -- Kein Exit für Nazis!: Angehörige fordern Ausschluss Zschäpes von Ausstiegsprojekt
       
       > Die inhaftierte NSU-Terroristin nimmt an einem Aussteigerprogramm für
       > Nazis teil. Angehörige von Opfern fürchten dadurch ein vorzeitiges
       > Haftende.
       
   IMG Bild: Nürnberg, 9. September 2014: Gedenken an das erste NSU-Opfer Enver Şimşek am Tatort
       
       Frankfurt am Main taz | Die Töchter von drei Opfern des
       Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), Semiya Şimşek, Mandy und
       Michalina Boulgarides sowie Gamze Kubaşık, wenden sich mit einer Petition
       an das Aussteigerprogramm „EXIT“ sowie an die Bundesregierung. Anlass ist
       die Aufnahme der verurteilten NSU-Terroristin Beate Zschäpe in das
       Aussteigerprogramm. Im Juli 2018 war Zschäpe wegen ihrer Beteiligung an der
       zehnfachen Mordserie des NSU zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit
       besonderer Schwere der Schuld verurteilt worden. Nach Informationen der taz
       ist sie [1][inzwischen im Aussteigerprogramm „EXIT“ aufgenommen] worden.
       Die Organisation selbst wollte sich dazu zuletzt „aus rechtlichen Gründen“
       nicht äußern.
       
       Die Töchter der von Rechtsextremen ermordeten Enver Şimşek, Theodoros
       Boulgarides und Mehmet Kubaşık fordern den sofortigen Ausschluss von Beate
       Zschäpe aus dem Aussteigerprogramm, solange sie ihr Wissen über den NSU
       nicht lückenlos offenlegt. Außerdem fordern sie umfassende Unterstützung
       für die Hinterbliebenen und Überlebenden der Mord- und Anschlagsserie des
       NSU sowie für alle Opfer rechter Gewalt, „rechtlich, finanziell,
       psychologisch und institutionell durch dauerhafte angemessene Opferrenten“.
       
       Şimşek, Boulgarides und Kubaşık kritisieren zudem, dass sie erst aus den
       Medien von der Aufnahme der NSU-Terroristin in ein Aussteigerprogramm
       erfahren hätten, und äußern ihre Zweifel an der Glaubwürdigkeit des
       Ausstiegs. Denn bis November 2026, also nach 15 Jahren Haft, entscheidet
       das Oberlandesgericht München über die endgültige Dauer von Zschäpes Strafe
       und über eine mögliche frühere Entlassung. Eine angebliche Abkehr von einer
       rechtsextremistischen Ideologie könnte dabei ein mildernder Faktor sein.
       Şimşek, Boulgarides und Kubaşık sprechen von einem „taktischen Manöver“.
       „Wir müssen nun erleben, wie Beate Zschäpe augenscheinlich dabei
       unterstützt werden soll, ihre Haftzeit möglichst kurz zu halten“, so die
       Angehörigen.
       
       ## Angehörige fühlen sich im Stich gelassen
       
       „Dieses Vorhaben ist ein Skandal“ so Mandy Boulgarides, die Tochter von
       [2][Theodoros Boulgarides], der 2005 in München vom NSU ermordet wurde. Es
       zeige erneut, „wie dieser Staat Täter schützt, ihnen Wege öffnet und
       Resozialisierung ermöglicht – während wir Hinterbliebenen, Überlebenden und
       Angehörigen seit Jahren ignoriert, vertröstet und im Stich gelassen
       werden.“
       
       Zudem habe Zschäpe keine einzige der mehr als 300 Fragen, die die
       Opferfamilien im Prozess an Zschäpe gerichtet hatten, bislang beantwortet.
       „Warum wurden ausgerechnet unsere Väter vom NSU ermordet? Wer gehörte zum
       NSU und dessen Netzwerk? Gab es Kontakte zu den Sicherheitsbehörden von den
       Mitgliedern des NSU und denen des Netzwerkes?“, so Semiya Şimşek, Mandy und
       Michalina Boulgarides und Gamze Kubaşık.
       
       Auch Caro Keller vom NSU-Watch teilt die Zweifel der Angehörigen: „Es gibt
       Standards für den Ausstieg von Nazis. Zschäpe erfüllt keinen davon“, so
       Keller der taz. Sie betont, dass Zschäpe weder ihr Wissen offengelegt noch
       sich von rechtsextremen Strukturen distanziert habe. Im Gegenteil: Zschäpe
       schütze dieses Netzwerk bis heute. „Wir werfen EXIT vor, dabei mitzuwirken,
       Zschäpe eine möglichst frühe Haftentlassung zu ermöglichen“, so Keller.
       
       [3][Beate Zschäpe ging 1998 gemeinsam] mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in
       den Untergrund und bildete mit ihnen das Kerntrio der rechtsterroristischen
       Neonazi-Zelle NSU. Zwischen 2000 und 2007 ermordete der NSU zehn Menschen
       – neun von ihnen aus rassistischen Motiven: Enver Şimşek, Abdurrahim
       Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar,
       Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat.
       
       19 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.exit-deutschland.de/
   DIR [2] https://www.br.de/nachricht/nsu-prozess/nsu-prozess-38-verhandlungstag-ueberblick-100.html
   DIR [3] /Kommentar-NSU-Prozess/!5067869
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Yağmur Ekim Çay
       
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