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       # taz.de -- Bremer SPD-Innensenator hört bald auf: Ein Mann, ein Schnauzbart
       
       > Bremens Innensenator Ulrich Mäurer tritt er zum Jahresende zurück. Seine
       > potentielle Nachfolgerin Eva Högl kann einiges von ihm lernen.
       
   IMG Bild: Bald ist nach 17 Jahren als Bremens Innensenator Schluss: Ulrich Mäurer (SPD)
       
       Nach 17 Jahren bekommt Bremen einen neuen Senator für Inneres, nein,
       falsch, eine Senatorin. Das soll nach Informationen des Weser Kuriers vom
       Montag [1][Eva Högl] werden, die aus Osnabrück stammende ehemalige
       Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags. Am Vortag hatte ihr SPD-Genosse
       [2][Ulrich Mäurer] seinen Rücktritt zum Jahresende angekündigt.
       
       Damit kann er nun nicht mehr dienstältester Innenminister der Republik
       werden, das bleibt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der seinen
       Dienst 2007 angetreten hatte – ein Jahr vor Ulrich Mäurer. Der taz wurde
       eine E-Mail zugespielt, in der der 74-jährige Mäurer seiner mutmaßlichen,
       knapp 20 Jahre jüngeren Nachfolgerin sein Erfolgsgeheimnis erklärt. Wir
       dokumentieren hier einen Auszug. 
       
       „Eva, ganz ehrlich, das Wichtigste ist der Schnauzer. Nicht, weil du damit
       einem 'harten Hund’ ähnelst, als der wir so oft beschrieben werden, wenn
       wir einfach unseren Job machen. Wir eröffnen nun mal keine
       Kindertagesstätten, loben Architekturpreise für die Verschönerung der
       Innenstadt aus oder zählen Frösche im Naturschutzgebiet! Nein, der
       Schnauzbart – jedenfalls wenn du ihn jahrzehntelang trägst wie ich –
       symbolisiert Kontinuität, das beruhigt die Leute. Und darum, ausschließlich
       darum geht es bei deinem neuen Job.
       
       Als Innensenatorin sollst du zwar für innere Sicherheit sorgen, aber dass
       in einer Demokratie wie unserer alle ruhig und friedlich bleiben und
       Graffiti nur dort sprühen, wo sie ausdrücklich erlaubt sind, liegt nicht in
       deiner Hand. Umso wichtiger ist es, für die gefühlte Sicherheit zu sorgen!
       So sahen die polizeilichen Kriminalstatistiken der vergangenen Jahre
       überhaupt nicht gut aus und 2024 hatte Bremen sogar erstmals unter den
       Großstädten [3][die höchste Kriminalitätsquote], in den Top Ten sind wir ja
       schon lange. Und was soll ich sagen? In Umfragen bin ich trotzdem
       zuverlässig der [4][zweitbeliebteste Politiker in Bremen,] nach dem
       Bürgermeister!
       
       Klar, das liegt nicht nur am Schnauzer. Damit sich die Leute (das sind
       alle, die wählen dürfen) sicher fühlen, muss man ihnen sagen, dass man
       alles wegmacht, vor dem sie Angst haben. Das habe ich damals schon als
       Staatsrat für Justiz unter Henning Scherf so gehandhabt. 1997 wurde ich
       das, vorher hatte ich schon knapp 20 Jahre in der Justizbehörde gearbeitet.
       'Einsperren und abschieben’ habe ich 2002 über jugendliche
       Intensivstraftäter gesagt, das hat damals in meiner eigenen Partei einige
       auf die Palme gebracht. Einer hat mir sogar im Parlament geraten, [5][ich
       solle weniger Interviews geben] und stattdessen lieber die Verwaltung auf
       Trab bringen.
       
       ## Die Genossen grummeln nur noch
       
       Das machen die mittlerweile nicht mehr, die wissen, dass es nichts bringt.
       Die grummeln nur noch so vor sich hin, so wie im Mai im Landtag, als ich
       ihnen gesagt habe, [6][was ich von ihrem Antrag für ein
       AfD-Verbotsverfahren halte], nämlich nichts. Oder im Dezember, als ich die
       Polizei in die Räume der Zionsgemeinde geschickt habe, um einen jungen
       Somalier herauszuholen, der nach Finnland abgeschoben werden sollte.
       [7]['Bremer Innensenator bricht Kirchenasyl]’ hat die taz getitelt. So ein
       Quatsch. Durchgesetzt hat sich meine Lesart, dass die Bremer Kirchen es
       übertrieben haben mit der Nächstenliebe.
       
       Es hilft natürlich, dass bei der Lokalzeitung, dem Weser Kurier, ein paar
       Leute arbeiten (fast alle sind Männer, fällt mir gerade auf), die sehr viel
       Beruhigung brauchen. Die haben Angst vor allem Möglichen, was sie als fremd
       empfinden, vor Ausländern, Drogenabhängigen und psychisch Kranken. Die
       haben sich immer sehr gefreut, wenn ich gesagt habe: Ich mach das weg. Und
       mir [8][viel Interview-Platz] dafür eingeräumt, ohne jede kritische
       Nachfrage, das ist schon sehr komfortabel.
       
       Kann aber sein, Eva, dass du das falsche Geschlecht hast und dir bei denen
       auch kein Schnauzer hilft. Also ich jedenfalls konnte den Konsum von
       Alkohol und Drogen an den Straßenbahnhaltestellen [9][in der Nähe des
       Bahnhofs verbieten] und musste nicht erklären, inwiefern das mehr ist als
       Symbolpolitik, die das Problem symptomatisch behandelt anstatt ursächlich.
       Und als ich im Januar ein Frühwarnsystem für potentiell gewalttätige
       psychisch Kranke gefordert habe, hat niemand nachgehakt, wie das
       funktionieren soll und wie das mit dem Datenschutz zusammen passt.
       [10][Vielleicht hat die taz das gemacht], keine Ahnung, mich interessiert
       das nicht so, deren Leser wählen uns eh nicht.
       
       Manchmal lohnt es sich aber doch, da mal reinzugucken. Die finden dich
       immer super, wenn du etwas gegen 'Macker’ unternimmst oder 'Kapitalisten’,
       ich denke, so nennen die das, vor denen haben die mehr Angst als vor
       kriminellen Ausländern. Falls du noch nicht so vertraut bist mit meinem
       Oeuvre: Ich habe die Hell’s Angels verboten und der Deutschen Fußball Liga
       GmbH Rechnungen für Polizeieinsätze bei Fußballspielen geschickt. [11][Im
       Januar gab mir das Bundesverfassungsgericht recht], nach elf Jahren Streit!
       Wo ein Schnauzer ist, da ist ein Weg! Und das Böllerverbot an Silvester
       hätte ich mit mehr Zeit auch noch durchgesetzt. Abstand genommen habe ich
       hingegen davon, Bremens Bordellmeile, die Helenenstraße, dicht zu machen,
       da war der Widerstand ausnahmsweise dann doch zu stark.
       
       ## Rechte SPDler gibt es in Bremen nicht
       
       Wahrscheinlich hatten einige in meiner Partei vor der letzten Wahl 2023
       darauf gehofft, dass ich endlich mal jemand anderes ran lasse ans Amt des
       Innensenators, aber ich bin doch nicht so blöd und höre auf, kurz bevor
       Bremen den Vorsitz der Innenministerkonferenz bekommt! Da konnte ich dieses
       Jahr noch mal richtig groß aufspielen. Außerdem wissen sie ja, was sie an
       mir haben. SPDler, die CDU-Wähler verführen könnten, ihr Kreuz bei uns zu
       machen, muss man in Bremen mit der Lupe suchen, wir sind hier nicht in
       Hamburg.
       
       Da müsstest du vielleicht noch mal gucken, ob du dein Profil noch etwas
       schärfen könntest. Im Weser Kurier habe ich gelesen, du seist ‚Mitglied der
       migrationsfreundlichen Lobbyorganisation Pro Asyl‘. Da musst du natürlich
       austreten, sonst nimmt man dir den Schnauzer nicht ab.“
       
       19 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wehrbeauftragte-sieht-Personalprobleme/!6075240
   DIR [2] /Kirchenasyl-in-Bremen/!6063964
   DIR [3] https://www.weser-kurier.de/bremen/politik/straftaten-pro-einwohner-bremen-auf-platz-eins-im-staedtevergleich-doc81i5iklhy6crnoctbu5
   DIR [4] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/beliebtheit-senatoren-bremen-umfrage-100.html
   DIR [5] /Ein-Interview-zu-viel/!1119256/
   DIR [6] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp21/land/drucksache/D21L1178.pdf
   DIR [7] /Bremens-Innensenator-bricht-Kirchenasyl/!6050013
   DIR [8] https://www.weser-kurier.de/bremen/politik/bremer-innensenator-maeurer-kritisiert-extrem-hohe-kirchenasyl-quote-doc7yereqp84x0fhm9ep4q
   DIR [9] /Drogen--und-Alkoholverbot-in-Bremen/!5955573
   DIR [10] /Schutz-vor-Anschlaegen/!6084863
   DIR [11] /Polizeikosten-fuer-Hochrisikospiele/!6058654
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eiken Bruhn
       
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