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       # taz.de -- Der Bergbau rückte zu nah: 600 Tonnen auf Rädern
       
       > Die schwedische Stadt Kiruna muss umziehen. Die Kirche wird zwar
       > gerettet, viel Vertrautes verschwindet dennoch. Und das glänzend Neue
       > gefällt nicht allen.
       
   IMG Bild: Das bedeutendste Gebäude der Stadt: Die Kirche von Kiruna, gebaut im Jahr 1912, zieht mit einer Geschwindigkeit von 0,5 km/h um
       
       Kiruna taz | Das hat Kiruna noch nicht erlebt: Das Parkhaus ist voll. „Ein
       historischer Tag!“ Rickard Olsson ist zu Scherzen aufgelegt. Er soll die
       Menschen hier auf das eigentliche historische Ereignis des Tages
       einstimmen. Im Auftrag des [1][Grubenkonzerns LKAB] plaudert er auf einer
       Großbildleinwand, die über Kaffeestand und Dixieklos hängt und zwischen
       Häusern, die bald abgerissen werden.
       
       Volles Parkhaus, volle Wohnmobilstellplätze, volle Hotels – alles Zeichen,
       dass die Botschaft des Konzerns in der Welt gehört wurde: Kommt und staunt,
       wie wir unser Wahrzeichen ins Rollen bringen. 600 Tonnen auf Rädern!
       
       Kiruna konnte die Kirche nicht im Dorf lassen. [2][Der Bergbau rückte zu
       nah an diese Stadt], die vor 125 Jahren seinetwegen hier entstanden war.
       Sie holen das Eisenerz inzwischen von 1.365 Meter unter der Erde. Das, was
       bis dahin das Zentrum der Stadt war, hätte bald keinen sicheren Boden mehr
       unter den Fundamenten. 2004 teilte der staatliche Grubenkonzern der Kommune
       Kiruna mit, dass es Zeit sei, an Umzug zu denken.
       
       Und das galt nicht nur für 6.000 Menschen in ihren teils berühmten
       Mietshäusern, sondern für alles, was eine städtische Gesellschaft ausmacht.
       Schulen, Geschäfte, Restaurants, Cafés, das Schwimmbad, die
       Stadtverwaltung: Alles muss weg. Die Hälfte davon ist mittlerweile
       umgezogen.
       
       ## Es kam nicht infrage, sie abzureißen
       
       Aber nicht alles ist ersetzbar. Nicht über jeden Verlust einer vertrauten
       Umgebung helfen gut durchdachte und ansehnliche Neubauten hinweg. Und mit
       wem man in diesen Tagen auch spricht, wie unterschiedlich ihre Rollen sind:
       Über die große Bedeutung ihrer Kirche sind sie sich einig.
       
       Ihre Schönheit, ihre identitätsstiftende Rolle, ihre Architektur mit
       bewusstem Bezug auf samische Hausbauweise: All das wird immer wieder
       hervorgehoben. Es kam nicht infrage, sie abzureißen. Abbauen und wieder
       aufbauen? Zu riskant. Sie im Ganzen durch die Stadt transportieren? Wie man
       nun weiß, erschien das tatsächlich realistischer.
       
       Zwei Jahre Vorbereitung münden in diese beiden Augusttage, LKAB gibt zur
       Feier des Tages Kaffee aus, „ungefähr 2.000 Becher“, sagt die Frau am sehr
       effektiven Kaffeezelt. Es sind aber sicher mehr als 2.000 Menschen
       versammelt, hier am Startpunkt, Dienstagmorgen um acht.
       
       ## Zwischendurch braucht die Kirche eine Pause
       
       Fünf Kilometer sind es bis zum Ziel zwischen dem Friedhof und dem neuen
       Zentrum. Die Nähe zum Friedhof sei ja gut, aber die Lage ansonsten nicht
       vergleichbar mit dem alten Sitz, weithin sichtbar über der Stadt: Das hört
       man hier oft.
       
       Fünf Kilometer Weg sind zu überwinden. Für diese Kirche, die nicht
       schneller als 0,5 bis 1 km/h fahren soll und zwischendurch eine Pause
       braucht, bedeutet das zwei Tagesreisen.
       
       Ihren Umzug hat das norwegische Unternehmen Veidekke geplant und
       verantwortet. Dafür wurde die 40 Meter breite Kirche auf sechs eigens
       konstruierte Stahlträger gestellt, ihr Gewicht auf 18 Punkte verteilt. Die
       Megabalken sind 36 Meter lang und wiegen zusammen schon 274 Tonnen. Um sie
       unter das Gebäude schieben zu können, musste es zuerst freigegraben werden.
       1.500 Kubikmeter Erdreich verschwanden unter dem Gebäude.
       
       Schließlich rollte man zwei Trailer mit insgesamt 224 Reifen unter die
       Stahlträger, hob die hydraulisch an, bis die Kirche auf dem ganzen
       Konstrukt ruhte: bereit zur Abfahrt. Gesteuert wird das monumentale Gefährt
       von einem Experten aus den Niederlanden, per Fernbedienung.
       
       ## Plötzlich scheint sie zu schweben
       
       Die 224 Räder drehen sich langsam. So langsam, dass der fröhliche Moderator
       fast den großen Moment verpasst. Ein Riesenspektakel wird veranstaltet,
       aber dann legen sie einfach los, die Meister der Ingenieurskunst, ohne
       jegliche Fanfare. „Moment, bewegt sie sich?“, sagt Olsson.
       
       Ja, es geht los. Plötzlich scheint sie zu schweben, die berühmte Kirche von
       Kiruna.
       
       Malin Englund guckt zu, ruhig wie die meisten hier. Ihre Augen verraten
       Rührung. Unglaublich sei das, sagt sie. „Wozu Menschen in der Lage sind.“
       Die 43-Jährige lebt schon lange in Kiruna. Dass die Kirche ihren
       angestammten Ort verlässt, sei bewegend, sagt sie. „Aber es ist nun mal
       eine Grubenstadt, sie verändert sich ständig. Dies ist einfach nur
       besonders viel Veränderung auf einmal.“
       
       Bengt Eliasson ist mit dem Fahrrad da. Ein Sohn der Stadt, früher
       Grubenarbeiter, jetzt Rentner. Ihn stimmt der Umzug der Kirche traurig.
       Aber auch er sagt: Was soll man machen, das Erz muss aus der Grube. „Es
       gilt, die Situation gut zu finden“, sagt er, ein schwedischer Ausdruck der
       Schicksalsergebenheit. Nützt ja nichts. Als Bengt noch in der Grube
       gearbeitet hat, waren sie bei 300 Metern unter der Erde.
       
       Er kann nichts an Kirunas Umbau ändern, aber er kann sagen, was ihm nicht
       gefällt. Das neue Zentrum ist ihm zu eng. Früher war mehr Platz, meint er,
       man habe beim Einkaufen spazieren gehen können. Und von seiner Wohnung habe
       er dorthin zu Fuß gehen können, sagt er, jetzt müsse er den Bus nehmen.
       
       Die Kommunalverwaltung von Kiruna machte 2018 den Anfang in der neuen
       Innenstadt, als sie das neue Stadthaus bezog. „Da stand es noch ganz allein
       hier“, erzählte Kirunas Bürgermeister Mats Taaveniku am Tag vor dem großen
       Kirchenumzug. Ein schmaler Typ, aber mit festem Händedruck.
       
       ## Der Staat profitiert von den Bodenschätzen
       
       Er spricht ruhig und mit Bedacht, da ist er nicht der Einzige nördlich des
       Polarkreises. Aber er spricht auch sehr deutlich, wenn es um Kiruna geht.
       Zum Beispiel meint er, dass die Regierung die Stadt wie eine Kolonie
       behandele. Der Staat profitiere von den Bodenschätzen seiner nördlichsten
       und flächenmäßig größten Kommune, aber er gebe nichts zurück, sagt der
       Sozialdemokrat.
       
       LKAB ist ein staatlicher Konzern, nicht nur der Gewinn geht nach Stockholm,
       auch die Unternehmenssteuer. Und ja, der Konzern finanziere die sogenannte
       Stadtumwandlung, ersetze das abgerissene Zentrum. Aber der Erhalt der
       vielen neuen Gebäude, ihre Abschreibung in der Bilanzrechnung: Dafür wird
       Kiruna selbst zuständig sein.
       
       Aus seinem Büro ist der Bürgermeister runtergekommen in die großzügige
       Halle des schicken Stadthauses. „Kristall“ heißt es, rund, außen
       kontrastiert die weiße Fassade mit ihren dunklen Fensterreihen, dazu ein
       goldfarbener Eingang.
       
       Drinnen wollte der Bürgermeister eigentlich den großen Wandel der Stadt
       anhand eines kleinen Modells und eines Laserpointers erklären, aber das
       Modell ist schon wieder belagert von Kirchenumzugstouristen – er schlägt
       doch das Café vor. Es ist öffentlich zugänglich wie die ganze Halle –
       Bedingung für den Neubau. Das alte Stadthaus sei so etwas wie das
       Wohnzimmer der Menschen von Kiruna gewesen, sagt Mats Taaveniku.
       
       In diesem neuen Wohnzimmer stehen im Moment auch mehrere halbmeterhohe
       Kirchenmodelle auf je einem Sockel ausgestellt, von Schulkindern bemalt.
       Und am Fuße der großen Treppe werden Erinnerungen gesammelt: Eine Frau
       steht dort an einem Stand und lächelt alle an, deren Blick sie begegnet:
       Verbinden Sie etwas Besonderes mit der Kirche? Schreiben Sie es gerne auf
       und geben sie es hier ab.
       
       Ein bisschen wie bei einem Abschied, dabei wird seit Jahren alles dafür
       getan, dass es kein Abschied wird. Nicht nur wurde das Gebäude fahrtüchtig
       gemacht. Damit es ans neue Ziel kommt, mussten ein Viadukt abgerissen und
       Straßen vorübergehend auf 20 Meter verbreitert werden.
       
       Der Umzug wird zum Spektakel an sich. Zwei Tage vorher stand die Kirche
       bereit, von Bauzäunen geschützt, schon in Fahrtrichtung gedreht. Wer mit
       dem Auto vorbeifuhr, musste jetzt aufpassen: Einheimische, Medienleute,
       Fans ausgeklügelter Ingenieurskunst und andere Schaulustige konnten
       plötzlich die Straße kreuzen.
       
       ## 850 Kilometer Fahrtweg zum Spektakel
       
       Man kam schnell ins Gespräch beim gemeinsamen Staunen. Leon Berglund zum
       Beispiel, er war eigens 850 Kilometer gefahren. Der 67-Jährige hat selbst
       ein Transportunternehmen. Diese 600 Tonnen faszinierten ihn schon allein
       beruflich. Eine Unterkunft hatte er noch nicht – riskant in diesen Tagen –,
       aber auf die zu erwartende Kälte am Umzugstag hatte er sich vorbereitet:
       Der Schneemobilanzug lag im Auto.
       
       Berglund erfuhr von einem pensionierten Raumforscher, dass die Kirche zu
       Pfingsten das letzte Mal geöffnet gewesen sei. Die Männer zückten kleine
       Digitalkameras und machten Bilder wie alle in diesen Tagen – als könnte es
       einen Mangel an Bildern von diesem Ereignis geben.
       
       Der Raumforscher Herman Andersson, der seit 48 Jahren in Kiruna lebt,
       zeigte auch auf die weniger schmucken Gebäude in der Kirchenumgebung –
       Mietshäuser, ein [3][Schwimmbad]. Die stünden längst leer, warteten auf den
       Abriss.
       
       Für das Verschwinden des Alten hatte er nettere Worte übrig als für das
       neue Stadtzentrum. Das sei „sehr kompakt“. Aber wie der LKAB-Konzern
       aufräumt, das gefällt ihm. Sauberer Rückbau, einfach nur glatter Boden,
       oder Rasen, jedenfalls keine Abrisslandschaft: „Das haben sie schön
       gemacht.“
       
       Wenn Mats Taaveniku das neue Zentrum „kompakt“ nennt, klingt es
       freundlicher. Früher hätten Gäste oft nicht verstanden, dass das, was er
       ihnen gerade zeigte, schon die Innenstadt von Kiruna war. Sie sei sehr
       langgezogen gewesen, erzählt der Bürgermeister im Stadthaus-Café.
       
       Von langgezogen kann tatsächlich nicht mehr die Rede sein. Wer jetzt von
       Süden nach Kiruna reinfährt, sieht eine Häuserzeile, die an Bekanntes
       erinnert – eine Variante nordischer Stadtansichten, schmale hohe Fassaden.
       Das Ganze geht aber nicht langsam in andere Gebäudearten über – da kommen
       ganz schnell offene Flächen.
       
       ## Miete ist höher als in den alten Häusern
       
       Dieses Zentrum kann man betreten wie ein festes Ensemble, ein
       Riesengebäude: Innen viel Einkaufszentrum, außen viel Fußgängerzone. Aber
       eben auch: Hotel, Bibliothek, Stadtverwaltung und Mietwohnungen, das ganze
       Programm einer Kommune.
       
       Die Miete sei höher als in den alten Häusern, erwähnt Mats Taaveniku. Das
       müssten die zum Umzug gezwungenen Einwohner in Kauf nehmen. Die
       unauflösliche Gemeinschaft, die LKAB und die Kommune Kiruna einst
       eingingen: Es ist komplex.
       
       Der Bürgermeister will deshalb das Spektakel des Kirchenumzugs getrennt von
       der großen Stadtumwandlung sehen. Für sich betrachtet sei es etwas Gutes,
       dass dieses ikonische Gebäude, erhalten bleibe. Aber von den
       Herausforderungen der Stadtumwandlung insgesamt könne das Volksfest nicht
       dauerhaft ablenken, auch nicht, wenn der König zum öffentlichen
       Kirchen-Kaffeetrinken kommt, was als Programmpunkt für Tag zwei geplant
       ist.
       
       Die Kirche hat ihr Etappenziel für die Nacht erreicht, als Mattias Timander
       im Foyer des Elite Hotels Frost sitzt und wieder einmal den Luxus bestaunt.
       Auf diesem Niveau habe es das früher nicht gegeben, erzählt der
       Schriftsteller, der aus Kiruna kommt.
       
       Er habe für seinen neuen Roman schon eine Szene über dieses Hotel
       geschrieben. „Ich finde, es liegt etwas Interessantes in diesem enormen
       Luxus“, sagt er, „dass, als die neue Stadt gebaut wurde, alles so extrem
       luxuriös wurde.“
       
       ## Wandel oder Abriss?
       
       Timander wurde 1998 geboren. Als der Stadtumbau beschlossen wurde, war er
       gerade erst ein Schulkind. Der Wandel der Stadt, „oder der Stadtabriss“,
       wie er sagt, hat sein Leben geprägt, als 13-Jähriger schon habe er sich
       eingebracht in die Planung der zukünftigen Stadt – die Kommune hatte alle
       dazu aufgefordert, sich zu beteiligen. „Ich fand es damals bizarr, dass es
       keine schriftlichen Beschreibungen gab, wie das alles auszusehen hatte. Ja,
       die Gebäude würden ersetzt werden, aber das Leben in der Stadt, ihre
       Kultur, ihre Seele: Was passiert damit?“
       
       Das habe ihn als Jugendlichen schon sehr beunruhigt. Man habe damals auch
       weder klimafreundlich noch langfristig gedacht. Wurden seine Eingaben
       gehört? „Es erschien mir damals so, als würde ich Gehör finden, ja, aber
       mit dem Ergebnis vor Augen find ich nicht, dass es so gut geworden ist“,
       sagt er und erzählt von Pannenprojekten und dem skandalumwitterten
       überdimensionierten Luxusschwimmbad.
       
       Und auch Timander erwähnt die hohen Mieten. „Hausbesitzer, die umziehen
       mussten, bekamen Geld oder ein neues Haus, aber für Mieter war es eine viel
       schwierigere Situation.“ Die Leute etwa, die im berühmten Viertel aus den
       frühen 1960ern des Architekten Ralph Erskine lebten, die hätten
       Jahrzehntelang eine sehr geringe Miete gezahlt. „Die mussten nun also in
       einen der Neubauten ziehen, natürlich viel, viel teurer, und luxuriös und
       modern, was viele aber gar nicht wollten.“ Das, was sie hatten und was
       ihnen reichte, es existiert nicht mehr, sauber aufgeräumt im Zuge der
       Umwandlung.
       
       So wie das Näh- und Stoffgeschäft, das seine Mutter und Tante aus alter
       Familientradition lange betrieben, in einem gemieteten Lokal, das jetzt
       nicht mehr steht. Für solche nicht gerade lohnenswerten Unternehmen seien
       die Mieten im neuen Zentrum nicht machbar.
       
       Das Schicksal seiner Stadt blieb Mattias Timander immer wichtig, als junger
       Erwachsener ging er für die Zentrumspartei in die Kommunalpolitik. Dann
       aber, die große Veränderung, zog er nach Stockholm. Seit einigen Jahren
       lebt er dort, weit weg von zu Hause, er ist zum Beobachter aus der Ferne
       geworden, der gelegentlich zurückkommt.
       
       ## Vielen Jüngeren würden die Pläne gefallen
       
       Für die, die nicht hier leben, sei die Veränderung wohl noch heftiger zu
       spüren, meint er. Er ist nicht nur wegen des Kirchenumzugs nach Hause
       gekommen, sondern auch, um die Familie zu sehen, weil er ein Kulturfestival
       mit organisiert und weil er für seinen neuen Roman recherchieren will.
       Volles Kiruna-Programm, das für ihn mit einem neuen Veränderungsschock
       begann: In der Umgebung der Kirche fehlten schon wieder viele Gebäude, die
       beim letzten Mal, als er hier war, noch standen. „Man läuft da rum und
       fragt sich: Wo war genau die Bibliothek? Ich habe da meine Liebe zur
       Literatur entdeckt, und jetzt ist da nur noch Brachfläche.“
       
       Er weiß auch, dass es schwierig ist, wegzuziehen und dann zu kritisieren,
       was für die Menschen zu Hause nun Realität ist. Vielen der Jüngeren gefalle
       genau das, was die Absicht der Planer war, sagt er: Das Urbane des neuen
       Zentrums, wohnen, einkaufen und ausgehen so nah beieinander.
       
       Was eigentlich typisch sei für die Menschen von Kiruna, wenn sie gefragt
       würden, warum sie gerne hier leben, sei sowieso die Natur drumherum. Wenn
       sonst nichts sicher erscheint, nicht mal der Standort einer Kirche, ist es
       die Verknüpfung mit der Weite und Besonderheit der Natur drumherum.
       
       Und die Kirche selbst? Um die geht es hier doch heute vor allem. Stimmt er
       mit all denen überein, die ihre große Bedeutung betonen? Da überlegt der
       sonst abwägend sprechende Autor nicht, diese Antwort kommt wie allzeit
       bereit: Die Kirche sei unvergleichbar und eindeutig das wichtigste Gebäude
       für Kiruna.
       
       „Sie ist ein Symbol dafür, wie die Stadt entstand, sowohl architektonisch
       als auch, weil sie der erste große Versammlungsort für die Menschen hier
       war“, sagt er. „Die Kirche verkörpert das Ideal, das man mit der Stadt
       erreichen wollte – die ursprüngliche Bevölkerung der Gegend mit der neuen
       Bergwerksunternehmung zu versöhnen, alles sollte zusammengehen hier.“
       
       Und dann sei sie auch noch persönlich besonders wichtig für ihn: Er habe
       hier auf der Orgel spielen dürfen. Sogar einen eigenen Schlüssel zur Kirche
       habe er dafür gehabt.
       
       So ist alles in Bewegung. Die Orgel, auf der er gespielt hat, mitsamt der
       Kirche. Und der Schriftsteller, den in der Hotel-Lobby immer wieder Leute
       begrüßt haben, er geht mit alten Freunden rüber auf den neuen Marktplatz.
       Hier bietet der Grubenkonzern die nächste Attraktion zur Feier des Umzugs,
       umsonst und draußen: Konzert mit KAJ, den finnischen Musikkomikern, hier
       nun wirklich allen bekannt als Eurovision-Beitrag Schwedens. Der Marktplatz
       ist plötzlich voll, viele sind zu Fuß gekommen. Die Wege sind kurz im neuen
       Kiruna. Bis auf, natürlich, für eine Kirche.
       
       20 Aug 2025
       
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       ## AUTOREN
       
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