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       # taz.de -- Klage gegen politische Vorgaben: RBB scheitert in Karlsruhe
       
       > Der Sender fühlte sich durch den neuen RBB-Staatsvertrag gegängelt. Das
       > Verfassungsgericht sieht die Rundfunkfreiheit aber nicht verletzt.
       
       Berlin taz | Der RBB ist mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen den neuen
       RBB-Staatsvertrag gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht lehnte die
       Klage in einer an diesem Donnerstag veröffentlichten Entscheidung ab und
       stärkte dabei die Politik bei der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen
       Rundfunks.
       
       Der Sender RBB (Rundfunk Berlin Brandenburg) besteht seit der Fusion von
       SFB (Sender Freies Berlin) und ORB (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg) im
       Jahr 2003. Er beruht auf einem Staatsvertrag der Länder Berlin und
       Brandenburg. Wie alle ARD-Anstalten wird der RBB über den Rundfunkbeitrag
       in Höhe von monatlich 18,36 Euro pro Wohnung finanziert.
       
       Nach der [1][RBB-Affäre um die damalige Intendantin Patricia Schlesinge]r,
       der Vetternwirtschaft und die Verschwendung von Sendergeldern vorgeworfen
       wurde, änderten Berlin und Brandenburg 2023 den RBB-Staatsvertrag. Mit
       einer kollektiven Sendungsleitung und schärferen Compliance-Regeln sollten
       solche Skandale künftig vermieden werden. Vorgaben zur regionalen
       Berichterstattung in der Fläche sollten die Akzeptanz des Senders sichern.
       
       Der RBB hatte dagegen keine inhaltlichen Bedenken, fand jedoch, dass sich
       die Politik mit ihren Vorgaben zu sehr in die Organisation des Senders
       einmische und dadurch die Rundfunkfreiheit verletze. 2024 erhob der RBB
       deshalb eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe.
       
       ## Weiter Gestaltungsspielraum
       
       Mit dieser Klage hatte der Sender aber keinen Erfolg. Der Erste Senat des
       Bundesverfassungsgerichts hat die RBB-Klage nun in einem 38-seitigen
       Beschluss im Wesentlichen als „unbegründet“ abgelehnt. Die Politik habe
       einen „weiten Gestaltungsspielraum“ bei der Ausgestaltung des
       öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
       
       Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, betonen die
       Richter:innen zunächst die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen
       Rundfunks für die Demokratie. Die Rundfunkfreiheit sei auf die
       „Gewährleistung freier, individueller und öffentlicher Meinungsbildung“
       ausgerichtet. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei „Sache der
       Allgemeinheit“ und müsse „in voller Unabhängigkeit überparteilich betrieben
       und von jeder Beeinflussung freigehalten werden“. Alle „gesellschaftlich
       relevanten Kräfte“ müssten zu Wort kommen.
       
       Gegen dieses Gebot der Staatsferne verstoße der neue RBB-Staatsvertrag aber
       nicht. So ergebe sich aus dem Grundgesetz keine Vorgabe für die
       Leitungsstruktur eines Senders. Dass die Intendantin (derzeit Ulrike
       Demmer) nun Teil eines dreiköpfigen Direktoriums ist, um Alleingänge zu
       verhindern, gefährde die Funktionsfähigkeit des RBB nicht, so die
       Richter:innen. Immerhin könne die Intendantin ja laut Staatsvertrag, wenn
       sie im Direktorium überstimmt wird, Entscheidungen verhindern, die sie mit
       Blick auf ihre „Gesamtverantwortung“ nicht für tragbar hält.
       
       ## Haftung für Pflichtverletzungen
       
       Dass die Intendantin und die Mitglieder der Aufsichtsgremien künftig
       [2][finanziell für schuldhafte Pflichtverletzungen haften müssen], sei eher
       ein Vorteil für den RBB als ein Nachteil, so die Richter:innen. Dass sich
       unter diesen Bedingungen für die Aufgaben keine qualifizierten
       Bewerber:innen mehr finden, habe der RBB nicht belegt. Laut
       Staatsvertrag muss eine Haftpflichtversicherung so ausgestaltet werden,
       dass die Intendantin bis zu zehn Prozent eines von ihr verursachten
       Schadens selbst übernehmen muss, maximal ein Jahresgehalt.
       
       Auch die Regionalisierungsvorgaben des Staatsvertrags hält das
       Bundesverfassungsgericht für gerechtfertigt, zumindest bei einer
       Mehrländeranstalt wie dem RBB. So durfte die Politik dem RBB vorschreiben,
       dass er mindestens in Cottbus und Frankfurt (Oder) Regionalstudius
       unterhalten muss. RBB-Regionalbüros müssen mindestens in Brandenburg/Havel,
       Prenzlau und Perleberg bestehen.
       
       Mindestens eine Stunde am Tag muss das RBB-Fernsehen auseinandergeschaltet
       werden und spezifische Angebote für Berlin und Brandenburg senden. Die
       Verfassungsrichter:innen sahen dabei die Programmhoheit der Sender
       noch gewahrt, da es sich ja nur um Mindestanforderungen handele und die Art
       der Berichterstattung weiterhin vom Sender bestimmt werde.
       
       RBB-Intendantin Ulrike Demmer begrüßte, dass die Entscheidung des
       Bundesverfassungsgerichts „rechtliche Klarheit“ gebracht habe. Die meisten
       Vorgaben des Staatsvertrags habe der Sender ohnehin bereits umgesetzt. Nur
       eine getrennte Leitung für die Landesprogramme fehle noch.
       
       21 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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