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       # taz.de -- Outdoor-Ausstellung zum Thema Wind: Mit der Landschaft verbunden
       
       > Wind wird schnell zum Sturm, wenn es um Metaphern geht. Die Ausstellung
       > „bewegter wind“ in Nordhessen setzt ihn dagegen als Komplizen von Kunst
       > ein.
       
   IMG Bild: „Bewegter Wind“ Ausstellungswege
       
       Wenn Wind ins Spiel kommt in der Kunst, dann verheißt das oft Unheil.
       Windmaschinen auf der Bühne erzeugten vor vier Jahren in der
       [1][Performance „Dimanche“ beim Kunstfest Weimar] einen Sturm, der alles
       hinwegfegte, Tiere, Menschen, Menschengemachtes. Und war selbst ein von
       Menschen beschleunigtes Element.
       
       Bei der [2][Choreografin Mette Ingvartsen kam der katastrophenverheißende]
       Wind aus lärmenden Laubbläsern, die Wolken aus goldener Rettungsfolie über
       den Himmel trieben. In der Bühnenkunst wird Wind so oft zum Vorboten von
       Hybris, die den Umgang des Menschen mit Ressourcen und Elementen anklagt.
       
       Windräder schauen über bewaldete Kuppen und Stoppelfelder in einer
       Hügellandschaft von Nordhessen. Hier, nahe der Ortschaft Zierenberg, macht
       das 12. Windkunstfestival „bewegter wind“ Station (bis 31. August 2025),
       das sich unter dem Titel „fresh“ den freundlichen Seiten von Wind widmet.
       Dazu kann seine Sanftheit, mit der er Wellen in eine Wiese oder ein Feld
       zeichnet, ebenso gehören wie seine Kraft, Veränderungen herbeizuführen,
       Trübsinn wegzublasen und den Himmel aufzuhellen.
       
       ## Hüte, auf Stecken gespießt
       
       Vom späten Nachmittag an bis in die Dämmerung hinein wandern so immer mehr
       kleine Grüppchen zwischen den über 30 Stationen umher, die
       Künstler:innen aus Deutschland und internationale Gäste ins Grüne
       gepflanzt haben. Gleich aus dem Dorf heraus begleitet eine Gruppe aus
       wehenden Capes mit spitzen Hüten die Besucher, an Stecken aufs Feld
       gespießt von Jean Boskja Missler.
       
       Wie Ballons wölben sich die anthropomorphen Figuren, die die mexikanische
       Künstlerin Lorena Malo an der ersten Wegbiegung aufgestellt hat. Zwischen
       Bäumen voller Äpfel ziehen sich farbige Netze, die Irene Anton aus
       Strumpfhosen geknüpft hat.
       
       Was viele Besucher schon von Weitem gesehen haben und schnell als Highlight
       gilt, ist eine blaue Iris, ein leuchtendes Auge, das MiKi Lazar aus
       unzähligen, vom Luftzug leicht bewegten Elementen montiert hat. Es ist auch
       ein Rahmen, um beim Durchblick die Landschaft immer wieder neu in den Blick
       zu nehmen.
       
       ## Etagen aus Moos, übereinander geschichtet
       
       Versteckter, aber nicht minder liebevoll, ist die zwischen zwei Bäumen
       schwebende Insel „Laputa“, von Markéta Váradiová und Mariana Slejsková aus
       der Tschechischen Republik gestaltet, in der Etagen aus Moos dicht
       übereinanderhängen.
       
       Der Wind ist an diesem Abend mau. Die metallenen Röhren, die Heinz Schmid
       für eine große Klanginstallation aufgebaut hat, sind mit ihrem sanften
       Läuten zwar noch zu hören, viele andere Klangskulpturen aber bleiben stumm.
       Ein altes Grammophon kooperiert nicht mehr mit seinem windgetriebenen
       Motor, allein die Idee bleibt. Vorhänge, die am Tage der Eröffnung hoch
       über einer Wiese aufflatterten und den Blick auf Zierenberg freigaben,
       bewegen sich nur matt, gerade noch genug, für eine bewegte Reflexion des
       Lichts.
       
       Kunst mit dem Wind zu verbinden, ist eben keine leichte Sache. Viel Tüfteln
       und Ausprobieren gehört dazu. Das Projekt „bewegter wind“ hat nicht viele
       Mittel, es ist auf ehrenamtliche Helfer angewiesen, die zum Beispiel
       Plakate kleben oder Künstler:innen für eine Woche Arbeit vor Ort bei
       sich wohnen lassen. Und es wirbt um Spenden. Trotzdem konnte es, von einem
       Verein getragen, dieses Jahr zum zwölften Mal stattfinden.
       
       Die Sonne ist untergegangen, als wir zu später Stunde an den letzten
       Skulpturen vorbei ins Dorf zurückkehren. Unter dem orangefarbenen
       Abendhimmel schweben weiter die Schiffchen, die wie aus Papier gefaltet
       sind, über eine Hügelkuppe; Schwimmende, ausgesägt und angemalt, gleiten
       über eine Wiese. Es ist dann doch ein harmonisches Zusammenspiel, das Kunst
       und Landschaft hier eingehen.
       
       21 Aug 2025
       
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