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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Streit in der Union um Waffenlieferungen nach Israel
       
       > Der von Bundeskanzler Friedrich Merz mitgeteilte Stopp der
       > Waffenlieferungen sorgt innerhalb der Union für heftige Diskussionen. Die
       > Hamas meldet weitere zehn Tote im Gazastreifen.
       
   IMG Bild: Kanzler Friedrich Merz bekommt scharfen Gegenwind aus der eigenen Parteienfamilie
       
       ## Hisbollah-Abgeordneter: „Abgabe der Waffen ist Selbstmord“
       
       Die Hisbollah im Libanon wehrt sich strikt gegen Pläne zu ihrer von der
       Regierung geplanten Entwaffnung. „Die Abgabe der Waffen ist Selbstmord. Wir
       planen nicht, Selbstmord zu begehen“, sagte Mohammed Raad, Vorsitzender der
       Hisbollah-Fraktion im Parlament, dem Fernsehsender Al-Manar. Die Waffen der
       Hisbollah hätten den Libanon seit Gründung der Organisation im Kampf gegen
       Israel vor mehr als 40 Jahren beschützt. Die Entscheidung der Regierung
       bezeichnete Raad als gefährlich.
       
       Die Regierung im Libanon hat einen Plan der USA angenommen, der eine
       vollständige Entwaffnung der Hisbollah bis Jahresende vorsieht. Die
       staatliche Armee soll nun ausarbeiten, wie genau das äußerst schwierige und
       politisch riskante Vorhaben umgesetzt werden soll. Die Schiitenmiliz will
       einer Entwaffnung erst zustimmen, wenn Israel seine Angriffe im Libanon
       einstellt und die verbleibenden Truppen aus dem Süden abzieht.
       
       Die Regierung unterwerfe sich mit der Entscheidung den USA, sagte der
       Vizechef des politischen Rats der Hisbollah, Mahmud Kmati, Freitagabend dem
       Nachrichtensender Al-Dschasira. Der Beschluss sei nicht durchsetzbar und
       werde deshalb „in der Luft hängenbleiben“.
       
       Anhänger der Hisbollah, die im Land Hunderttausende Unterstützer vor allem
       in der schiitischen Gemeinde hat, versammelten sich Freitagabend in Beirut
       und anderen Landesteilen zum Protest gegen den Beschluss. Berichten zufolge
       nahmen Sicherheitskräfte mehrere der Demonstranten nach einer
       Straßenblockade fest. Die Armee teilte mit, sie werde keine Blockaden oder
       Angriffe auf Eigentum hinnehmen und warnte vor „unvorhersehbaren
       Konsequenzen“. (dpa)
       
       ## CSU-Landesgruppenchef nennt Israel-Beschluss „bedenklich“
       
       Die CSU kritisiert den von der Bundesregierung verhängten Teil-Stopp von
       Rüstungsexporten nach Israel. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im
       Bundestag, Alexander Hoffmann, sagte der „Bild“-Zeitung: „Die CSU war an
       dieser Entscheidung nicht beteiligt und wir halten sie für bedenklich. Das
       wäre eine Abkehr von Jahrzehnten außenpolitischer Kontinuität gegenüber
       Israel und als solche zumindest erklärungsbedürftig. Wir werden dazu
       interne Gespräche in der Koalition führen.“
       
       Auch der CSU-Ehrenvorsitzende und langjährige bayerische Ministerpräsident
       Horst Seehofer äußerte sich ablehnend zur Entscheidung der Regierung.
       Seehofer sagte der „Bild“: „Das war eine Fehlentscheidung. Dieser
       außenpolitische Fehler wird lange fortwirken.“ (dpa)
       
       ## Schramm kritisiert „Wende“ der deutschen Israel-Politik
       
       Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm,
       hat mit Unverständnis auf den Stopp deutscher Waffenlieferungen an Israel
       reagiert. Die Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sei eine
       „faktische Aufkündigung der deutschen Staatsräson“, erklärte Schramm am
       Samstag in Erfurt. Merz habe am Freitag innerem und äußerem Druck
       nachgegeben: „Aber für die Begründung einer prinzipiellen Wende in der
       deutschen Israel-Politik fehlen die Argumente“, betonte Schramm.
       
       Der Vorsitzende der Landesgemeinde Thüringen warf Deutschland und anderen
       „demokratischen Ländern“ vor, im Kampf gegen den Terror des Irans und
       seiner Verbündeten Hisbollah, Huthi und Hamas jahrelang weitgehend versagt
       zu haben: „Die tödliche Gefährdung Israels in einem Mehrfrontenkrieg war
       das Ergebnis.“ Das unzureichende Engagement der Demokratien habe die
       Terroristen ermutigt, die Waffen gegen Israel nicht niederzulegen und die
       am 7. Oktober 2023 entführten Geiseln bis heute nicht freizulassen. „Den
       Kampf gegen den Terror weitgehend Israel zu überlassen, ist für die
       demokratischen Länder beschämend“, schreibt Schramm weiter. (epd)
       
       ## Laut Hamas mindestens zehn Tote im Gazastreifen
       
       Im Gazastreifen sind nach Angaben des von der Hamas kontrollierten
       Zivilschutzes am Samstag mindestens zehn Menschen bei israelischen
       Angriffen getötet worden. Die Vorfälle hätten sich im Zentrum des
       Palästinensergebiets ereignet, sagte Zivilschutz-Sprecher Mahmud Bassal der
       Nachrichtenagentur AFP. Er warf der israelischen Armee vor, Zivilisten
       angegriffen zu haben, die sich nahe einer Verteilstelle für Hilfsgüter
       versammelt hätten. Allein dabei habe es mindestens sechs Tote und 30
       Verletzte gegeben.
       
       Aufgrund der massiven Einschränkungen für Medien in dem Palästinensergebiet
       lassen sich die Angaben nicht unabhängig überprüfen. Die israelische Armee
       äußerte sich am Samstag zunächst nicht dazu. (afp)
       
       ## Sondersitzung im Unionsstreit über Israel-Politik
       
       In der Union rumort es heftig wegen des Kurswechsels von Bundeskanzler
       Friedrich Merz in der Israel-Politik. Noch am Sonntag kommen die
       Außenpolitiker der CDU/CSU-Fraktion zu einer Videositzung zusammen. Die AG
       Außen werde die aktuelle außenpolitische Entwicklung besprechen, hieß es
       aus Fraktionskreisen. Zuvor hatte die Bild-Zeitung über die Sitzung
       berichtet. Demnach soll auch der außenpolitische Berater des Kanzlers,
       Günter Sautter, zugeschaltet werden.
       
       Hintergrund ist die von [1][Merz mitgeteilte Entscheidung, die schwarz-rote
       Bundesregierung werde keine Rüstungsgüter mehr exportieren, die im
       Gazastreifen eingesetzt werden könnten]. Der Kanzler hatte den Beschluss
       damit begründet, dass Israel seinen Militäreinsatz in der Region ausweiten
       und die Stadt Gaza einnehmen will. Vizekanzler Lars Klingbeil unterstützt
       ein Aussetzen der Rüstungsexporte. Aus der CSU dagegen kam Kritik: Man sei
       an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen und davon überrascht worden.
       Mehrere Unionsabgeordnete schrieben auf X von einem schweren Fehler.
       
       Offenkundig ist der Gesprächsbedarf in der Unionsfraktion nun groß.
       Abstimmungen der Außenpolitiker seien bei wichtigen Entwicklungen üblich,
       hieß es zwar aus Fraktionskreisen. Eine spontane Sitzung an einem Sonntag
       mitten in der Sommerpause aber zeigt die Brisanz des Themas. (dpa)
       
       ## Kritik an Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes in Gaza
       
       Deutschland hat gemeinsam mit vier weiteren Staaten die [2][Ausweitung des
       israelischen Militäreinsatzes im Gaza-Streifen] kritisiert. Dies werde die
       humanitäre Lage verschärfen, das Leben der Geiseln gefährden und die Gefahr
       einer massenhaften Vertreibung der Zivilbevölkerung weiter erhöhen, heißt
       es in einer in der Nacht auf Samstag veröffentlichten Erklärung der
       Außenminister Deutschlands, Australiens, Italiens, Neuseelands und
       Großbritanniens.
       
       Der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) und seine Amtskollegen
       nehmen mit der Erklärung Bezug auf die Entscheidung des israelischen
       Sicherheitskabinetts. Demnach soll die Armee Gaza-Stadt einnehmen, unter
       anderem mit dem Ziel, die Hamas zu entwaffnen und die Geiseln
       zurückzubringen. Als Reaktion auf die Pläne der israelischen Regierung
       hatte die Bundesregierung bereits am Freitag vorerst die Ausfuhr von
       Rüstungsgütern an Israel gestoppt, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen
       können.
       
       In der Erklärung rufen die Außenminister die Konfliktparteien und die
       internationale Gemeinschaft dazu auf, alles zu unternehmen, um einen
       dauerhaften Waffenstillstand zu erreichen. Zugleich müsse die Hamas alle
       Geiseln unverzüglich und ohne Vorbedingungen freilassen. Die [3][humanitäre
       Lage im Gazastreifen bezeichneten die Außenminister als „katastrophal“].
       Israel müsse sicherstellen, dass internationale Hilfsorganisationen ihre
       Arbeit im Einklang mit den humanitären Prinzipien wieder aufnehmen können.
       (epd)
       
       ## CSU kritisiert Waffenexportstopp der Bundesregierung scharf
       
       Die Ankündigung von Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz, künftig
       Waffenexporte nach Israel teilweise auszusetzen, ist in der Schwesterpartei
       CSU auf heftige Kritik gestoßen. „Ich war wie viele andere relativ
       überrascht von der Entscheidung“, sagte der Münchner Bundestagsabgeordnete
       Stephan Pilsinger der Augsburger Allgemeinen (Samstag). „Unklar ist für
       mich, was das heißen soll: Keine Waffen, die im Gazastreifen eingesetzt
       werden können“, sagte er. „De facto heißt das, wir können fast gar keine
       Waffen mehr liefern.“
       
       Sicherheitspolitische Zusammenarbeit sei auch im deutschen Interesse, sagte
       Pilsinger. Man müsse sich fragen, „was passiert, wenn die israelische
       Regierung den Spieß umdreht und wir auch keine Unterstützung mehr aus
       Israel bekommen – sei es bei der Luftabwehr oder bei Mossad-Informationen
       zur Terrorabwehr“. „Aktuell profitieren wir sicherheitspolitisch gefühlt
       mehr von Israel als Israel von uns.“
       
       Auch der außenpolitische Experte der CSU, Stephan Mayer, kritisierte den
       Waffenexportstopp scharf. „Ich bin überzeugt: Israels Sicherheit darf
       gerade jetzt nicht geschwächt werden. Ein genereller Exportstopp würde
       einem demokratischen Partner in einer akuten Bedrohungslage die Möglichkeit
       nehmen, seine Bevölkerung wirksam zu schützen“, sagte Mayer der Zeitung.
       
       Er forderte eine klare Differenzierung: „Für mich ist es entscheidend,
       zwischen offensiven Waffen und defensiven Systemen wie Luft- und
       Raketenabwehr klar zu unterscheiden“, betonte er. „Solche Schutzsysteme
       müssen weiterhin möglich sein – selbstverständlich nach strenger
       Einzelfallprüfung und in enger Abstimmung mit unseren Partnern.“ (afp)
       
       ## Internationale Kritik an den israelischen Gaza-Plänen
       
       Nach dem Beschluss des israelischen Sicherheitskabinetts zur Eroberung der
       Stadt Gaza wird weltweit Kritik an den Plänen laut. Sowohl bei den
       Verbündeten in Europa als auch bei wichtigen Vermittlern in der Region
       stößt eine Ausweitung des Militäreinsatzes in dem abgeriegelten
       Küstenstreifen auf Ablehnung. Am Sonntag will sich der UN-Sicherheitsrat in
       einer Dringlichkeitssitzung mit der Angelegenheit befassen.
       UN-Generalsekretär António Guterres warnte vor einer „gefährlichen
       Eskalation“.
       
       Deutschland, Großbritannien, Italien, Neuseeland und Australien wiesen die
       israelischen Pläne zur Eroberung der Stadt Gaza zurück. Die Offensive würde
       die humanitäre Lage verschärfen, das Leben der Geiseln in Gefahr bringen
       und könnte zur massiven Vertreibung von Zivilisten führen, hieß es in einer
       gemeinsamen Stellungnahme der Außenministerien der fünf Länder. Zudem
       könnte der Plan einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellen.
       
       Die Partner riefen die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich um eine
       dauerhafte Waffenruhe und Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung
       im Gazastreifen zu bemühen. Von der islamistischen Hamas forderten sie die
       sofortige Freilassung der Geiseln. (dpa)
       
       9 Aug 2025
       
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