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       # taz.de -- Ukrainepolitik in Deutschland: Im Notfall auch mit Soldaten
       
       > Das Übel bleibt und verlangt den Deutschen vielleicht sogar noch mehr ab,
       > wenn die Waffen erst mal schweigen. Wir müssen der Ukraine beistehen.
       
   IMG Bild: Was würde ein Frieden in der Ukraine den Deutschen abverlangen? Friedrich Merz hat eine Beteiligung der Bundeswehr in den Raum gestellt
       
       Die Debatte komme zu früh, heißt es aus Teilen der Koalition. Sie komme zu
       früh, heißt es aus Teilen der Opposition. Sie komme zu früh, stand auch auf
       der [1][Titelseite der taz].
       
       Die sogenannten Friedensbemühungen Donald Trumps haben die Frage
       europäischer Sicherheitsgarantien für die Ukraine auf die Tagesordnung
       gesetzt, Friedrich Merz hat eine Beteiligung der Bundeswehr in den Raum
       gestellt. Die Diskussion läuft – und mit ihr der Versuch, die Diskussion
       gleich wieder zu stoppen. Leider.
       
       Klar: Es ist zu früh für eine Debatte im Klein-Klein, heruntergerechnet bis
       auf den letzten Panzergrenadier. Zu viele Fragen sind offen. Führt das, was
       der US-Präsident gerade veranstaltet, wirklich zu einem Friedensabkommen?
       Rückt Russland irgendwann von seinen Maximalforderungen ab, wird Putin
       echte Sicherheitsgarantien für die Ukraine jemals akzeptieren? Wann würde
       der Krieg überhaupt eingefroren, welchen Frontverlauf gilt es dann
       abzusichern?
       
       Aber grundsätzlich aufzufächern, was ein [2][Frieden in der Ukraine] den
       Deutschen abverlangen würde – dafür ist es nicht zu früh. Im Gegenteil,
       diese Debatte kommt viel zu spät.
       
       ## Zukunft der unabhängigen Ukraine
       
       Dabei war schon absehbar, wovon der Frieden eines Tages abhängt, als der
       Krieg noch nicht einmal begonnen hatte. Zentral sind nicht die hoch und
       runter diskutierten territorialen Fragen. Gebietsabtrennungen zugunsten
       Russlands wären zwar bitter – wegen der Menschenrechtslage in den besetzten
       Gebieten, des völkerrechtlichen Signals, der innenpolitischen Folgen für
       die Ukraine.
       
       Grundsätzlicher ist aber die andere Frage: Wird die Ukraine dauerhaft als
       unabhängiger und souveräner Staat bestehen? Auf die Krim kann Kyjiw im
       schlimmsten Fall verzichten. Nicht aber auf die Sicherheit, dass Russland
       kein neuer und finaler Schlag gelingen wird, sei es Wochen oder Jahre nach
       einer [3][Friedensvereinbarung].
       
       ## Drei Szenarien sind möglich
       
       Nur in drei Fällen könnte die Ukraine also ein Abkommen unterzeichnen: wenn
       Russland nachhaltig seine Angriffsfähigkeit oder seinen Angriffswillen
       verliert (wird kaum passieren), wenn der Westen ihr noch mehr Unterstützung
       entzieht und sie vor dem Kollaps steht (darf nicht passieren) oder wenn sie
       eben Sicherheitsgarantien erhält, die über die leeren Versprechen
       vergangener Abkommen hinausgehen und hart hinterlegt sind.
       
       Solche Garantien sind in verschiedenen Formen denkbar. Keine ist perfekt,
       keine ist trivial, und in allen wäre Deutschland enorm gefordert. Wenn man
       es brutal herunterbricht, Schattierungen und Mischformen auslässt, geht es
       um zwei Varianten:
       
       In der einen, auf die Merz anspielte, werden ausländische [4][Truppen in
       der Ukraine] stationiert. Im Ernstfall würden sie der ukrainischen Armee
       helfen, eine erneute Invasion zurückzuschlagen.
       
       Glaubt man Fachleuten, ist eine sechsstellige Zahl von Soldat*innen
       nötig. Die USA scheiden auf eigenen Wunsch als Truppensteller weitgehend
       aus. Auf Soldat*innen aus Staaten wie Brasilien, Indien oder gar China
       wird sich die Ukraine nicht verlassen wollen. Ohne massive Beteiligung
       europäischer Armeen und damit auch der Bundeswehr geht es also nicht.
       
       Heißt für Deutschland: hohe Kosten und [5][ein Eskalationsrisiko], das noch
       greifbarer ist als heute. Der Krieg ist zwar eingefroren, aber wenn er doch
       wieder auftaut, wären deutsche Soldat*innen schnell mittendrin. Sie
       schössen auf Russen und Russen auf sie.
       
       ## Selbstverteidigung der Ukraine
       
       Die andere Variante: Die Ukraine verteidigt sich weiterhin mit dem eigenen
       Militär. In diesem Modell muss ihre Armee stark genug werden, um Russland
       abschrecken oder im Ernstfall zurückschlagen zu können.
       
       Die Garantie besteht in einer erweiterten Hilfe bei der Aufrüstung – durch
       Geld, Waffen und Know-how. [6][Auf die USA kann man auch hierbei nicht mehr
       zählen], gefordert ist also [7][wieder Europa].
       
       Was nicht mehr geht: der Ukraine bestimmte [8][Waffen vorzuenthalten] oder
       deren Reichweiten zu beschränken, damit sie sich bloß nicht zu gut
       verteidigen kann. Heißt unterm Strich also aus deutscher Sicht: Billig
       kommen wir auch in dieser Variante nicht weg, und das Risiko einer
       Eskalation ist fortan zwar etwas anders gelagert, verschwindet aber
       ebenfalls nicht.
       
       Diese Konsequenzen für die Öffentlichkeit einmal konkret
       durchzudiskutieren, könnte mit einer verbreiteten Illusion Schluss machen:
       dass das Übel auf der Welt endlich wieder an den Deutschen vorbeiginge,
       wenn die da in der Ukraine einfach mit [9][diesem Krieg] aufhörten.
       
       Das Gegenteil ist wahr. Das Übel bleibt und verlangt den Deutschen
       vielleicht sogar noch mehr ab, wenn die Waffen erst einmal schweigen. Wer
       sie mit dieser Erkenntnis erst überrascht, wenn die Frage der
       Sicherheitsgarantien ganz akut wird, sollte mit ihrer [10][Akzeptanz eines
       deutschen Beitrags] nicht rechnen.
       
       22 Aug 2025
       
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