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       # taz.de -- Regierungskrise in den Niederlanden: Interims-Minister:innen dringend gesucht
       
       > In den Niederlanden spitzt sich die anhaltende Regierungskrise zu. Nach
       > dem Rückzug des Nieuw Sociaal Contract hat die Regierung nun ein
       > Personalproblem.
       
   IMG Bild: Caspar Veldkamp, der scheidende Außenminister, spricht nach einer Kabinettssitzung mit Medienvertretern
       
       Amsterdam taz | „Ich gehe jetzt nach Hause und schreibe einen
       Rücktrittsbrief.“ Mit diesen Worten stürzte Caspar Veldkamp, bis dato
       niederländischer Außenminister, [1][seine Regierung] am Freitagabend in
       eine noch tiefere Krise. Eigentlich war diese bereits mit [2][dem Rückzug
       der rechtspopulistischen Seniorpartnerin PVV im Juni] gefallen. Nun kommt
       ihr nicht nur Veldkamp abhanden, der wegen eines Konflikts um den
       Standpunkt zum Gazakrieg zurücktrat, sondern auch die übrigen
       Vertreter:innen von dessen konservativem Nieuw Sociaal Contract (NSC).
       
       Eddy van Hijum, Vizepremier sowie Minister für Arbeit und Soziales,
       Innenministerin Judith Uitermark, Bildungsminister Eppo Bruins und
       Gesundheitsministerin Daniëlle Jansen folgten Veldkamp wenig später, ebenso
       vier Staatssekretär:innen. König Willem-Alexander bestätigte die
       Entlassungen am Samstag. [3][Dick Schoof, der parteilose Premierminister,]
       nannte den Schritt am Wochenende „unverantwortlich, und das ist noch
       vorsichtig ausgedrückt“.
       
       Veldkamp, ehemals Botschafter in Tel Aviv und Athen, stand wegen der
       Position der Regierung zum Gazakrieg schon länger unter Druck. Denn das
       Parlament fordert Sanktionen gegen die israelische Regierung, zuletzt bei
       einer Debatte am Donnerstag. Veldkamp sagte Sanktionen zu, fand im Kabinett
       aber nicht den nötigen Rückhalt. Er werde in seinem Spielraum beschränkt,
       sodass er nicht den Kurs einschlagen könne, den er für nötig halte,
       erklärte er nach seinem Rückzug frustriert.
       
       ## Für insgesamt neun Positionen wird eine Nachfolge gesucht
       
       Zwei Monate vor den Neuwahlen des Parlaments hat sich die anhaltende
       Regierungskrise in Den Haag nun also noch einmal verschärft. Die
       linksliberale Tageszeitung Volkskrant zitierte eine anonyme Quelle aus dem
       Umfeld der Regierung, die von „Chaos“ spricht, der rechte Telegraaf eine
       andere, die die Situation „absurd“ nennt. Im volatilen politischen Betrieb
       der Niederlande kommt es regelmäßig vor, [4][dass eine Koalition vorzeitig
       scheitert]. Dass die übriggebliebene Rumpf-Regierung quasi ein zweites Mal
       fällt, ist dagegen ein Novum. Dies zeugt neben der tiefen Spaltung wegen
       des Gazakriegs auch von einer anhaltenden Legitimationskrise.
       
       Die in der Koalition verbliebenen liberal-rechte Volkspartij voor Vrijheid
       en Democratie (VVD) und BoerBurgerBeweging (BBB) kamen bei der letzten
       Parlamentswahl im Herbst 2023 zusammen gerade einmal auf 20 Prozent der
       Stimmen. In Umfragen schwankt dieser Wert derzeit zwischen 15 und 18
       Prozent. Angesichts des seit Jahren niedrigen Vertrauens weiter Teile der
       Bevölkerung in die Politik ist dies eine schwere Hypothek, auch im Hinblick
       auf voraussichtlich schwierige Koalitionsverhandlungen, die sich weit ins
       nächste Jahr ziehen dürften.
       
       Am nächsten Mittwoch wird das Parlament über die Situation debattieren.
       Zuvor wollen sich die verbliebenen Regierungsparteien darüber einigen, wie
       sie ihre zurückgetretenen Kolleg:innen ersetzen können. Für insgesamt
       neun Positionen wird eine Nachfolge gesucht, interimsmäßig und zugleich mit
       offenem Ende. Der TV-Sender NOS zitiert Vizepremierministerin Mona Keijzer:
       „Die Ehrlichkeit gebietet es zu sagen: Wer springt so kurz vor den Wahlen
       ein?“
       
       24 Aug 2025
       
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