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       # taz.de -- Geflüchtete aus Afghanistan: Aufnahme versprochen, doch Berlin zögert
       
       > Trotz deutscher Zusage sitzen rund 2.300 Afghaninnen und Afghanen in
       > Pakistan fest. Nun könnten wenige von ihnen bald ausreisen.
       
   IMG Bild: Geflüchteter Afghane in Islamabad: zwischen der Angst vor Abschiebung und der Hoffnung auf Ausreise nach Deutschland
       
       Berlin taz | Nachdem die schwarz-rote Bundesregierung die
       Sicherheitsüberprüfungen stoppte, [1][haben die pakistanischen Behörden im
       August Hunderte Afghaninnen und Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage in
       Pakistan verhaftet] und mehr als 200 von ihnen [2][nach Afghanistan
       abgeschoben.]
       
       Dabei drohen ihnen unter der Regierung der Taliban Folter und Hinrichtung.
       Bei den [3][Mädchen] und Frauen auch Vergewaltigung und Zwangsehe. Nach
       Intervention der Bundesregierung haben die pakistanischen Behörden nun
       jedoch die Abschiebungen vorerst gestoppt. Allerdings zunächst nur bis
       September.
       
       In Pakistan warten derzeit noch immer rund 2.300 Afghaninnen und Afghanen
       auf ihre Ausreise in die Bundesrepublik. Darunter sind nach Angaben der
       Initiative Kabul Luftbrücke rund 1.700 Frauen und Kinder. Laut
       Bundesinnenministerium ist das entsprechende Personal vor Ort, um die
       Aufnahmeverfahren nun doch noch fortzuführen. „Die verschiedenen
       Prüfverfahren laufen wieder an“, teilte das Ministerium mit.
       
       Nach Einschätzung der Kabul Luftbrücke könnten bereits in der kommenden
       Woche die ersten Ausreisen in Richtung Deutschland starten. Allerdings nur,
       so betont die Initiative, weil Gerichte und Anwältinnen und Anwälte
       massiven Druck ausgeübt haben. Die Berliner Rechtsanwältin Maria Kalin, die
       mehrere Betroffene in Pakistan betreut, berichtet, dass das Auswärtige Amt
       sie darüber informiert habe, dass ein Paar aus ihrem Mandantenkreis bei der
       ersten Evakuierung dabei sein werde. Auch andere Anwältinnen und Anwälte
       seien über die Evakuierung ihre Mandantinnen und Mandanten informiert
       worden. „[4][Die Geflüchteten haben eine verbindliche Zusage]. Würde
       Deutschland sie nicht aufnehmen, wäre das nicht rechtsstaatlich“, sagt
       Kalin.
       
       ## Organisationen fordern sofortige Ausreisen
       
       Die Aufnahme basiert auf vier Programmen, die nach der Machtübernahme der
       Taliban 2021 geschaffen wurden. Das größte ist das Bundesaufnahmeprogramm
       (BAP), mit dem besonders gefährdete Personen wie Frauen und
       Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger nach Deutschland gebracht
       werden sollten. Doch seit dem Regierungswechsel im Mai stockt das
       Verfahren. Die deutsche Botschaft in Islamabad [5][führte keine
       Sicherheitsüberprüfungen mehr durch.]
       
       Immer wieder müssen Betroffene Einzelklagen einreichen, um ihren Anspruch
       geltend zu machen. Mindestens 20 Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin
       stellten klar, dass die Aufnahmezusagen bindend sind. Auch das
       Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte diese Linie. „Sollen
       wir jetzt bei allen Fällen klagen?“, fragt Eva Beyer von der Kabul
       Luftbrücke. Die Bundesregierung würde Fristen bis zum letzten Moment
       ausreizen und so die Aufnahmen weiter hinauszögern: „Das ist ein klares
       Spiel auf Zeit“, sagt Beyer.
       
       Dutzende Organisationen, darunter Amnesty International, Reporter ohne
       Grenzen und Medico International, fordern in einem offenen Brief an
       Außenminister Johann Wadephul (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt
       (CSU) sofortige Ausreisen, anstatt durch Verzögerungstaktik weiter
       Menschenleben zu gefährden. „Handeln Sie jetzt, bevor es für viele
       Betroffene zu spät ist“, heißt es in dem Schreiben. Initiator des Briefs
       ist der Deutsche Anwaltsverein. Auch die Kabul Luftbrücke übergab am
       Sonntag beim Tag der offenen Tür im Auswärtigen Amt eine Petition mit mehr
       als 100.000 Unterschriften. Sie fordert die Bundesregierung zur umgehenden
       Umsetzung der bereits erfolgten Aufnahmezusagen auf.
       
       Ob konkrete Flüge geplant sind, lässt die Bundesregierung bislang jedoch
       noch offen. Wadephul erklärte am Wochenende lediglich, Deutschland werde
       sich an die rechtsverbindlichen Zusagen halten. Er habe mit seinem
       pakistanischen Amtskollegen telefoniert, zudem sei eine Task Force nach
       Islamabad entsandt worden. Die Prüfverfahren würden fortgeführt.
       
       25 Aug 2025
       
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