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       # taz.de -- Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts: Protestcamp darf stattfinden
       
       > Das Verbot des Kölner Protestcamps des Bündnisses „Rheinmetall
       > entwaffnen“ war rechtswidrig. Die Polizei wollte einen Präzedenzfall
       > schaffen.
       
   IMG Bild: Zum Protestcamp des Bündnisses „Rheinmetall entwaffnen“ werden vom 26. bis zum 31. August rund 1.000 Teilnehmer:innen erwartet
       
       Mit Erleichterung haben Aktivist:innen der Initiative „Rheinmetall
       entwaffnen“ auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster
       reagiert, ein polizeiliches Verbot ihres Protestcamps in Köln zu kassieren.
       „Wir sind glücklich – und freuen uns, dass unser Camp am Dienstag wie
       geplant startet und wir aufbauen können“, sagte Camille Dietrich vom
       Presseteam des Bündnisses der taz.
       
       Das Camp am Fuß des Kölner Fernsehturms Colonius, dessen
       Eröffnungsveranstaltung am Dienstagabend unter dem Tucholsky-Zitat „Krieg
       dem Kriege“ steht, richtet sich nicht nur gegen Deutschlands größten
       Rüstungskonzern Rheinmetall. In der Kritik der linken Initiative steht auch
       [1][die von der Bundesregierung beschlossene Aufrüstung der Bundeswehr] –
       und generell eine „imperiale, militaristische Politik des westlichen
       Blocks“.
       
       Profiteur sei die Rüstungsindustrie, die mit Unternehmen wie Thyssenkrupp
       und Rheinmetall in Nordrhein-Westfalen stark vertreten sei, heißt es
       vonseiten des antikapitalistischen Bündnisses. [2][Nicht ohne Grund habe
       sich der Rheinmetall-Aktienkurs seit 2022, also seit dem russischen
       Überfall auf die Ukraine, verfünfzehnfacht.]
       
       ## Gescheiterter Präzedenzfall gegen links
       
       Kölns Polizei hatte dagegen im Vorfeld versucht, das Protesttreffen wegen
       befürchteter Gewalttaten präventiv zu verbieten – und so einen
       Präzedenzfall zum Verbot aller Camps zu schaffen, die sich mit
       „linksgerichteten Themen“ wie „Klimaaktivismus, Flüchtlings- und
       Friedenspolitik“ beschäftigen, wie es in der ursprünglichen
       Verbotsverfügung von Mitte August heißt.
       
       Doch das oberste Verwaltungsgericht Nordrhein-Westfalens hatte der
       pauschalen Argumentation der Kölner Polizei, Protestcamps wie das von
       „Rheinmetall entwaffnen“ in Köln dienten lediglich als Tarnung für
       Gewalttaten, am Samstag eine mehr als deutliche Absage erteilt. Das Verbot
       des Camps sei „rechtswidrig, weil es die Versammlungsfreiheit“ verletze.
       Von den geplanten „Diskussionen, Vorträgen, Workshops und künstlerischen
       Aktionen“ gehe „keine Gefahr aus“, urteilte der 15. OVG-Senat. Entgegen der
       Einschätzung des Kölner Polizeipräsidiums könne „nicht angenommen werden,
       dass die vom Veranstalter angegebene Zwecksetzung des Protestcamps
       lediglich vorgeschoben“ sei – und dass „die Auslösung gewaltsamer Aktionen
       oder anderer Störungen der öffentlichen Sicherheit das wahre Ziel der
       Versammlung“ darstelle, heißt es in dem unanfechtbaren Beschluss.
       
       Ein Sprecher der Kölner Polizei wollte das OVG-Urteil zunächst nicht
       kommentieren. Auch schriftlich eingereichte Fragen der taz, ob die Polizei
       in den erwarteten rund 1.000 Aktivist:innen weiter eine Gefahr für
       Sicherheit und öffentliche Ordnung sehe, wurden bis Redaktionsschluss nicht
       beantwortet.
       
       Die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen, die das Camp politisch und in
       kleinerem Rahmen auch finanziell unterstützt, begrüßte dagegen den
       Gerichtsbeschluss. „Als Linke unterstützen wir die Aktionen gegen
       Rüstungsexporte“, so die Co-Landeschefin Kathrin Vogler zur taz. „Dass das
       höchste Verwaltungsgericht in NRW das Verbot des Camps als rechtswidrigen
       Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit bewertet, macht Mut.“
       
       ## Verantwortung für tote Zivilisten
       
       Auch der Anwalt des Bündnisses, Nils Spörkel, zeigte sich zufrieden.
       „Deutlicher als nötig“ habe das OVG klargestellt, dass pauschale,
       präventive Camp-Verbote „unzulässig“ seien. Auch beim Verbot weiterer
       Aktionsformen sei das Gebot der „Verhältnismäßigkeit“ zu beachten, mahnt
       der Jurist. Das gelte etwa für die am Samstag geplante „Kölner Parade gegen
       den Krieg“ auf dem zentralen Heumarkt, aber auch für eine Demonstration vor
       dem Privathaus des Rheinmetall-Vorstandsvorsitzenden Armin Papperger in
       Meerbusch bei Düsseldorf.
       
       „Auf die Pelle rücken“ wollen die Aktivist:innen dem Konzernchef dort
       am 28. August – schließlich trage Papperger „persönliche Verantwortung für
       die unzähligen toten Zivilisten, die durch Rheinmetall-Bomben und -Munition
       umgekommen sind“.
       
       Ein Rheinmetall-Firmensprecher hatte dazu bereits Mitte August erklärt, mit
       seinen Rüstungsgütern leiste der Konzern einen „relevanten Beitrag“ zum
       Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Für Versuche,
       „Menschen in ihrem privaten Umfeld aufzusuchen, um sie beispielsweise zu
       nötigen oder zu bedrängen“, gebe es „keinerlei Verständnis“.
       Rheinmetall-Manager Papperger steht nach angeblichen russischen
       Anschlagsplänen seit vergangenem Jahr rund um die Uhr unter Polizeischutz.
       
       25 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Aufruestung/!6085519
   DIR [2] /Neue-Fabrik-fuer-Tarnkappenbomber/!6094609
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Wyputta
       
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