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       # taz.de -- 97 Rechtsextreme aus der Armee entlassen: Die autoritäre Wende trägt Uniform
       
       > Die Bundeswehr entließ 97 rechtsextreme Soldat:innen. Das sind keine
       > Einzelfälle, sondern Ausdruck eines Problems, das die ganze Gesellschaft
       > durchzieht.
       
   IMG Bild: Nicht im Fadenkreuz der Behörden: Rechte in der Bundeswehr
       
       Sie zeigen den Hitlergruß, singen antisemitische Lieder und verbreiten
       Nazipropaganda. Sie hetzen gegen Frauen und Muslime, sind
       Querdenker:innen und sympathisieren mit der Reichsbürgerszene. Und sie
       sind deutsche Soldat:innen in der Bundeswehr. Von insgesamt 280
       rechtsextremen Verdachtsfällen aus dem Jahr 2024 weiß die Bundesregierung –
       ein Anstieg von rund 30 Prozent zum Vorjahr. 97 Soldat:innen wurden 2024
       wegen Rechtsextremismus entlassen, im Jahr davor waren es nur 62.
       
       Alle paar Monate liefern derartige Statistiken Aufreger im Medienzyklus,
       die bald wieder verpuffen. Das liegt auch daran, dass sich die zuständigen
       Stellen alle Mühe geben, die Zahlen schon bei ihrer Veröffentlichung
       herunterzuspielen. Es handle sich „nur um ganz wenige Fälle“, beteuert etwa
       die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der
       Bundestagsabgeordneten Zada Salihović (Linke), der diese Zahlen zugrunde
       liegen. Diese Einzelfallrhetorik übersieht jedoch, dass der Anstieg ein
       Symptom eines viel größeren Problems ist: einer autoritären Wende, die auch
       etwas mit [1][dem Militärhype zu tun hat, dem derzeit selbst viele
       Progressive zum Opfer fallen].
       
       Eigentlich ist es schon ein Skandal, dass man überhaupt glaubt, das Problem
       unter Verweis auf die angeblich geringe Zahl der Rechtsextremen im Bund
       herunterspielen zu können. Es braucht schließlich keine Kompanie von
       Nazi-Soldat:innen, [2][um einen Franco A. zu schaffen]. Zur Erinnerung: Der
       wollte getarnt als syrischer Flüchtling Anschläge begehen, um die
       Bevölkerung gegen Migrant:innen aufzuhetzen. Oder um – [3][wie das
       „Nordkreuz-Netzwerk“] – Listen von Feinden anzulegen, derer sich an einem
       „Tag X“ entledigt werden soll, auch mit Waffen der Bundeswehr.
       
       207 Sprengmittel und 39 Waffen sind in den letzten 10 Jahren aus den
       Beständen der Armee verschwunden. Und 65 der im letzten Jahr beschuldigten
       Soldat:innen hatten weiterhin Zugang zu Waffen, 27 wurden gar weiter als
       Ausbilder:innen eingesetzt. Dass trotz der offensichtlichen Gefahr für
       die Allgemeinheit, die diese Leute darstellen, die Bundeswehr ihren Rechten
       immer noch nicht konsequent den Zugang zu Waffen versperrt, sagt sehr viel
       darüber aus, wie klein das Problembewusstsein in der Truppe offenbar immer
       noch ist.
       
       ## Fortschritte in der Truppe? Mitnichten!
       
       Und trotzdem werden sich jetzt die üblichen Stimmen zu Wort melden, die der
       Bundeswehr lobend auf die Schulter klopfen, weil sie sich ja so gebessert
       habe. Weil die steigende Statistik an rechtsextremen Soldat:innen
       eigentlich ja ein Ausdruck eines größeren Problembewusstseins sei, ein
       Beleg für den demokratischen Charakter der Truppe. Und wer weiß, vielleicht
       ist ja inzwischen auch tatsächlich durchgesickert, dass die Nazis in den
       eigenen Reihen ein Imageproblem darstellen, insbesondere, wenn sie
       anfangen, ihre Gesinnung gewaltsam auszuleben.
       
       Wem aber ist das zu verdanken? Der Bundeswehr wohl kaum. Die gesteigerte
       Sensibilisierung für das Naziproblem in deutschen Sicherheitsbehörden wurde
       schließlich von der antifaschistischen Zivilgesellschaft und von kritischen
       Journalist:innen hart erkämpft – die dabei immer wieder gegen den
       Korpsgeist und die Versuche von Armee, Polizei und Politik anzukämpfen
       hatten, die Skandale zu vertuschen. Und dass mehr Fälle aufgedeckt werden,
       steht ja auch nicht im Widerspruch zur zweiten These: dass Rechtsextreme
       ihr Gedankengut heute eben offensiver und selbstbewusster ausleben, weil
       die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz dafür gestiegen ist.
       
       Wer jetzt noch das Naziproblem in der Armee heranzieht, um zum Beispiel
       eine Wehrpflicht zu fordern, weil die Bundeswehr so diverser würde, stellt
       die Dinge deshalb auf den Kopf. Genau diese gesellschaftliche Trimmung auf
       Krieg und Gehorsam, die dieser Tage von den Grünen bis AfD gefordert wird,
       ist schließlich die autoritäre Wende, deren Symptom die rumhitlernden
       Soldat:innen sind. Soll die Demokratie in Deutschland gestärkt werden,
       muss die Bundeswehr deshalb noch viel stärker kontrolliert und ihre Macht
       eingehegt werden. Denn die Logik des Militärischen ist nicht die Lösung,
       sondern die Ursache des Problems.
       
       26 Aug 2025
       
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   DIR Timm Kühn
       
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