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       # taz.de -- Krise im deutschen Eiskunstlauf: Dabei sein ist nicht mehr alles
       
       > Bei den Olympischen Winterspielen 2026 werden erstmals keine deutschen
       > Einzel-Eiskunstläuferinnen starten. Dies soll eine Ausnahme bleiben.
       
   IMG Bild: Kristina Isaev, die letzte deutsche Eiskunstläuferin mit internationalen Startplatzchancen, hat ihre Karriere gerade beendet
       
       Erstmals finden die Olympischen Winterspiele, die kommenden Februar in
       Mailand und Cortina d’Ampezzo ausgetragen werden, ohne eine deutsche
       Einzel-Eiskunstläuferin statt. Das teilte die Deutsche Eislauf-Union am
       Dienstag mit. Der Grund: Es gibt keine deutsche Frau, die international im
       Einzellaufen konkurrenzfähig ist. Dabei war gerade der Frauen-Eiskunstlauf
       lange eine deutsche Domäne.
       
       Doch das liegt weit zurück. 1980 wurde Anett Pötzsch für die DDR
       Olympiasiegerin, [1][1984 und 1988 Katarina Witt.] In den 1970er und 1980er
       Jahren gab es zudem für beide deutsche Staaten olympische Silber- und
       Bronzemedaillen. 1994 gelang [2][Tanja Szewczenko i]mmerhin noch einmal ein
       6. Platz. Doch die Machtverhältnisse im Damen-Eiskunstlauf hatten sich da
       längst international verschoben, zunächst in die USA, inzwischen nach
       Russland, Japan und Südkorea.
       
       Der Großteil der Startplätze für den Eiskunstwettbewerb im kommenden Jahr
       wurde im März bei der Eiskunstlauf-WM in Boston (USA) vergeben. Dort konnte
       die Deutsche Eislauf-Union zwei Olympia-Plätze im Paarlaufen und einen im
       Eistanzen erringen. Restplätze werden Ende September zum
       Olympia-Qualifikationswettbewerb in Peking vergeben. Bei den Frauen sind
       das noch fünf Plätze. Darum bewerben sich die russische Vierfachspringerin
       Adeliia Petrosian, die trotz des Boykotts des Weltverbandes ISU gegen
       Russland und Belarus nach dem Willen des IOC antreten darf.
       
       Mit der Belgierin Loena Hendrickx und der Georgierin Anastasia Gubanova
       sind zwei Ex-Europameisterinnen am Start. Doch auch starke Frauen aus
       China, Belarus, Estland und Schweden werfen ihren Hut in den Ring. Und mit
       Nargiz Süleymanova versucht es eine ehemalige deutsche Juniorenmeisterin,
       allerdings nicht für Deutschland, sondern für das Herkunftsland ihrer
       Eltern Aserbaidschan.
       
       ## In Deutschland zu wenig gefördert
       
       Die 20-Jährige war 2020, als sie noch für Deutschland lief, 19. der
       Junioren-WM. Sollte die Deutsch-Aserbaidschanerin überraschenderweise ein
       Olympiaticket bekommen, wäre sie nicht die einzige Deutsche bei Olympia,
       die die Nation gewechselt hat. Julia Sauter, die in Deutschland wenig
       gefördert wurde, tritt seit Jahren für das Herkunftsland ihres langjährigen
       Trainers Rumänien an und hat ein Olympiaticket in der Tasche.
       
       Eine Läuferin der DEU wurde für die Olympia-Qualifikation nicht gemeldet,
       teilte der Verband mit. Das Testlaufen Mitte August in Oberstdorf hätte
       nach dem Karriereende der 24-jährigen [3][Kristina Isaev] keine Kandidatin
       mit realistischer Aussicht auf das Erlaufen eines Startplatzes
       hervorgebracht, heißt es. Überraschend ist das nicht. Schon Isaev hatte in
       der letzten Saison zu den Europameisterschaften nicht das Kürfinale der
       besten 24 Läuferinnen erreicht. Zur Weltmeisterschaft durfte sie nicht
       antreten. Danach beendete sie aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen
       ihre Karriere.
       
       Nach Isaev gab es in der letzten Saison keine deutsche Frau, die man zu
       internationalen Meisterschaften schicken wollte. In dieser Saison sind zwar
       mit Julia Grabowski und Olesya Ray junge Einzelläuferinnen von den Junioren
       in die Meisterklasse aufgestiegen. Doch ihre Leistungen im Juniorenbereich
       waren eher durchwachsen. Die Deutsche Eislauf-Union schreibt: „Für die
       nächste, junge Generation geht es darum, sich in den kommenden Jahren im
       internationalen Seniorenbereich zu etablieren und bei den Olympischen
       Winterspielen 2030 in Frankreich wieder im Frauen-Wettbewerb präsent zu
       sein.“
       
       Für den Männer-Wettbewerb schickt die DEU den 17-jährigen Juniorenmeister
       Genrikh Gartung zur Olympia-Qualifikation. Der Junior, der erst am
       Wochenende Bronze bei einem Junioren-Grand-Prix gewann, läuft technisch auf
       sehr hohem Niveau, seine Parade-Kombination Vierfach-Lutz-Dreifach-Toeloop
       beherrschen international nur wenige Konkurrenten.
       
       28 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
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