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       # taz.de -- Nach ukrainischen Drohnenangriffen: Benzinpreise in Russland auf Rekordniveau gestiegen
       
       > Russland wird durch ukrainische Angriffe stark getroffen. Die
       > Ölexporteure leiden auch unter den Strafzöllen, die Trump gegen Indien
       > verhängt hat.
       
   IMG Bild: Langsam wird der Treibstoff knapp: Mitarbeiterin einer russischen Raffinerie bei der Qualitätskontrolle
       
       Berlin taz | Erst ein riesiger Feuerball, dann stundenlang eine dunkelgraue
       Rauchsäule, die in den Himmel steigt: Bilder auf Telegram-Kanälen zeigen
       einen verheerenden Drohnenangriff bei dem Dorf Boschatkowo bei der gut 200
       Kilometer südöstlich von Moskau gelegenen Stadt Rjasan. Die von dort in die
       russische Hauptstadt führende Benzinpipeline wurde am Wochenende getroffen,
       heißt es in lokalen Medien.
       
       Es ist nicht der erste verheerende Treffer, den die Ukraine bei russischen
       Energieanlagen gelandet hat. Inzwischen sind nach Berechnungen des
       angesehenen Institute for the [1][Study of War (ISW)] 17 Prozent der
       russischen Raffineriekapazitäten temporär lahmgelegt. In der Nacht zum
       Donnerstag hat das ukrainische Militär nach eigenen Angaben erneut zwei
       Ölraffinerien [2][in Russland] angegriffen
       
       Viele russische Regionen leiden unter einem erheblichen Mangel an
       Superbenzin und Diesel. Die Benzinpreise sind auf Rekordniveau gestiegen.
       Die Regierung in Moskau hat ein Ausfuhrverbot für Diesel und Benzin
       verhängt, um die Nachfrage der russischen Armee, des Transportgewerbes, der
       Energiewirtschaft und der heimischen Autofahrer:innen decken zu
       können. Allein die zuletzt getroffene Raffinerie in Rjasan stand mit einer
       Kapazität von 13,1 Millionen Tonnen Treibstoff für etwa 5 Prozent der
       gesamten russischen Produktion.
       
       Der Versuch, die durch den Ausfuhrstopp entstehenden Exporterlöse durch
       eine um 200.000 Barrel erhöhte Ausfuhr von Rohöl zu kompensieren, droht zu
       scheitern: Am Mittwoch sind die von US-Präsident Donald Trump verhängten
       Strafzölle gegen Indien in Kraft getreten. Die bereits auf 25 Prozent
       angehobenen Zölle wurden um weitere 25 Prozent auf 50 Prozent erhöht.
       Neu-Delhi gerät unter Druck und drosselt die Importe. Trump hatte der
       Regierung von Indiens Premierminister Narendra Modi vorgeworfen, immer mehr
       billiges Rohöl aus Russland zu kaufen, das mit der schrottreifen
       Schattenflotte aus veralteten und nicht versicherten Tankern zumeist von
       den Ostseehäfen Ust-Luga und Primorsk sowie vom Schwarzmeerhafen
       Noworossijsk um die halbe Welt verschifft wird. Das daraus raffinierte
       Benzin und der Diesel werden an zumeist europäische Abnehmer verkauft.
       
       ## Moderne Technik gezielt zerstört
       
       Binnen eines Monats hat die Ukraine die Raffinerien in Wolgograd, Rjasan,
       Rostow, Samara, Saratow und Krasnodar getroffen. Ein Feuer in der
       Raffinerie Nowoschachtinsk brannte nach dem ukrainischen Drohnenangriff
       noch tagelang, das Wasser wurde in der Region wegen der Löscharbeiten
       knapp. Die „Druschba“-Pipeline, die sibirische Ölfelder mit Kund:innen in
       Ungarn, der Slowakei und im brandenburgischen Schwedt verbindet, sowie das
       Exportterminal und der Raffineriekomplex im Ostseehafen Ust-Luga wurden
       ebenfalls von Drohnen angegriffen.
       
       Die Wahl der Raffinerien als Ziel ist dabei keineswegs Zufall oder allein
       der Reichweite der meisten ukrainischen Drohnen mit 1.500 Kilometer
       geschuldet. Vielmehr betonen die auf dem russischen Telegram-Kanal
       veröffentlichenden Experten: Früher seien einzelne Anlagen getroffen
       worden, die innerhalb weniger Wochen wiederhergestellt werden konnten.
       „Jetzt werden die Angriffe in Serie durchgeführt und auf dieselben Anlagen
       wiederholt“, schreiben die Fachleute.
       
       Und sie ergänzen, dass „moderne russische Raffinerien mit Anlagen von Shell
       und anderen westlichen Ölanlagenbau-Firmen ausgerüstet“ worden seien.
       Dadurch seien sie deutlich moderner als die russische Technik. Nur hier
       könnten durch moderne Methoden Treibstoffe des Qualitätsstandards Euro-5
       produziert werden. Aufgrund der seit 2022 [3][verhängten Sanktionen] hat
       Moskau keinen Zugang mehr zu westlicher Ausrüstung, Software oder
       Katalysatoren. Es gibt zwar chinesische Ersatzprodukte, die jedoch weniger
       effizient seien. Aufgrund der technologischen Lücke müssten jetzt ganze
       Prozesslinien umgestaltet werden, um sie einsetzen zu können.
       
       Für die Ukraine spielen Pipelines und Raffinerien aus zwei Gründen eine
       wichtige Rolle beim russischen Angriff auf den größten Flächenstaat
       Europas: Mittels der Drohnenangriffe wird die Treibstoffversorgung der
       Armee des Aggressors erschwert. Zugleich verursachen sie enormen
       wirtschaftlichen Schaden für Russland.
       
       Starke Einnahmeverluste 
       
       Der sinkende Ölexport, gefallene Preise für die russische Ölsorte des
       Urals und die Einstellung des Gastransits durch die Ukraine seit 1. Januar
       ließen die russischen Exporte von Mineralprodukten in der ersten
       Jahreshälfte auf 110,1 Milliarden Dollar sinken. Das zeigen Daten des
       russischen Zolls, die öffentlich diese Mineralprodukte nicht weiter
       aufschlüsseln in Rohöl, Erdgas, Kohle, Erze und andere. Sie belegen aber
       einen deutlichen Rückgang der Exporterlöse um 20,3 Milliarden Dollar
       gegenüber Januar bis Juni 2024.
       
       Dennoch übersteigen die Einnahmen der russischen Ausfuhren an Öl und Gas
       weiterhin deutlich die Summe der westlichen Hilfen für die Ukraine: Seit
       Beginn der Invasion im Februar 2022 hat Russland bis Mai 2025 über 883
       Milliarden Euro an Öl-, Gas- und Kohleexporten verdient. Das hat das Centre
       for Research on Energy and Clean Air (Crea) errechnet –  dreimal mehr als
       die Ukraine an alliierter Hilfe bekomme. Mehr als 228 Milliarden Euro davon
       kamen aus Ländern, die Sanktionen verhängten, aus der EU allein 209
       Milliarden Euro.
       
       28 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.understandingwar.org/
   DIR [2] /Russland/!t5007547
   DIR [3] /Einigung-in-Bruessel/!6101364
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mathias Brüggmann
       
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