# taz.de -- Die Geschichte des Computerspielemuseums: Alle Exponate dürfen gespielt werden
> Das Berliner Computerspielemuseum ist international das erste Museum zum
> Thema Gaming. In einem Buch erzählen die Gründer von den Anfängen.
IMG Bild: In der Sammlung des Berliner Computerspielemuseums finden sich viele Raritäten
Für einen eigenen Computer war Klaus Spieler sogar bereit, die Gesetze der
DDR zu brechen. Vierzehn Jahre hatte er auf einen Trabant gewartet. Doch
als er 1988 endlich ein Auto zugeteilt bekam, verkaufte er es umgehend für
D-Mark. Mit dem kleinen Vermögen, das er so erzielte, holte er sich im
Computer-Intershop am Schiffbauerdamm einen Joyce-PC mit Nadeldrucker von
dem westdeutschen Unternehmen Amstrad/Schneider.
Die Möglichkeiten, die ein eigener PC bot, hatte er an der
Humboldt-Universität kennengelernt, wo er als wissenschaftlicher Assistent
in der Sektion Ästhetik und Kunstwissenschaft im Schichtbetrieb Zugang zu
einem Robotron-Rechner hatte.
Mit dem Robotron-Computer konnte man Aufsätze schreiben und korrigieren.
Aber auf dem neu erworbenen PC aus dem Westen war das Spiel „Batman“
installiert, der Apparat „war nicht nur ein Schreib-, sondern auch ein
wunderbares Spielgerät. Er hatte einen sehr großen grünen Monitor und
verfügte über einen gewaltigen Arbeitsspeicher von 560 KB. „Mit diesem
Gerät konnte Batman alles; springen, Rätsel lösen und Gespenster
überlisten“, schreibt Spieler in einem neuen Buch über die Entstehung der
[1][Berliner Computerspielemuseums].
Erfolgreiches Privatmuseum
Denn die Begeisterung für den grünen Batman führte letztlich dazu, dass
Spieler einer der beiden Gründer des Berliner Computerspielemuseums wurde –
das weltweit erste Museum zu [2][Games] überhaupt, heute ein gut besuchtes
Haus an der Karl-Marx-Allee und eins der erfolgreichsten Privatmuseen
Deutschlands. Wie es dazu kam, ist eine sehr Berliner Geschichte, die so
wohl nur in den Wirren der Nachwendejahre stattfinden konnte.
Nach dem Ende der DDR war Spieler schnell klar, dass es mit der
akademischen Karriere vorbei war. Als Geschäftsführer des Förderverein für
Jugend und Sozialarbeit (fjs) schuf er Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM),
in deren Rahmen Pädagogen mit den damals neuen PC-Spielen vertraut gemacht
wurden, eine Initiative, aus der in den folgenden Jahren ein ganzes
Games-Imperium werden sollte: Als Gegenstück zur Freiwilligen
Selbstkontrolle (FSK) für Kinofilme wurde die Unterhaltungssoftware
Selbstkontrolle (USK) gegründet, die bis heute für die Prüfung von
Computerspielen in Deutschland zuständig ist.
In einem ehemaligen Gemüseladen in einem finsteren Hinterhof in einer
Seitenstraße in Mitte mussten die Prüfer alle in Deutschland neu
veröffentlichten Games komplett durchspielen, um eine Alterseinstufung
vorzunehmen.
Die Spiele kamen paketweise, und die USK prüfte sie nicht nur, sondern
bewahrte sie auch langfristig auf – so entstand ein Archiv von inzwischen
mehr als 60.000 Computer- und Videospielen inklusive der zugehörigen
Datenträger, Verpackungen, Handbüchern, Materialien und Hardware, das
zuletzt mit Unterstützung der Kulturstaatsministerin in einer Datenbank
verzeichnet wurden.
Gründung dank Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
Um die neue Kulturform auch jenseits der Gamerszene zu vermitteln eröffnete
der fjs im ehemaligen Gemüseladen 1997 das weltweit erste
Computerspielemuseum – auch diese Gründung war nur dank einer ABM möglich,
für Museumsleiter Andreas Lange „eine der erfolgreichsten und
nachhaltigsten der Geschichte“.
Die ersten Exponate seines Museums musste der Religionswissenschaftler auf
Flohmärkten und in Kellern und auf Dachböden zusammensuchen. Heute sind
viele von ihnen gesuchte Raritäten, und um sie zu spielen, muss man in das
Museum im ehemaligen Café Warschau in der früheren Stalinallee gehen –
denn dort, das ist der Ethos des Museums, kann man die ausgestellten
Spiele auch benutzen.
14 Aug 2025
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## AUTOREN
DIR Tilman Baumgärtel
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