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       # taz.de -- Nationalgarde nach Washington, D.C.: „Beunruhigende und beispiellose“ Machtdemonstration
       
       > Bürgermeisterin Bowser übt Kritik an Trumps Entscheidung, den Notstand in
       > der US-Hauptstadt auszurufen. Denn die Kriminalitätsraten sinken.
       
   IMG Bild: Bürgermeisterin Bowser spricht auf einer Pressekonferenz nach Trumps Entscheidung, den Notstand auszurufen
       
       Washington taz | Glaubt man den Darstellungen der US-Regierung, dann ist
       die Entscheidung, [1][einen Notstand in der US-Hauptstadt auszurufen],
       durchaus nachvollziehbar. Da die Realität allerdings eine andere ist, ist
       es vielmehr eine „beunruhigende und beispiellose“ Machtdemonstration von
       Präsident Donald Trump, erklärte Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser.
       
       Bowser, die seit zehn Jahren in der US-Hauptstadt das Sagen hat, wisse,
       dass Verbrechen und Kriminalität in Washington ein echtes Problem seien,
       doch einen Notstand zu erklären, gehe zu weit.
       
       „Wir erleben keinen Anstieg der Kriminalität, sondern einen Rückgang der
       Kriminalität“, sagte die 53-Jährige am Montag nur wenige Stunden nachdem
       die Trump-Regierung die Kontrolle über die Polizeibehörde in Washington
       übernommen und erklärt hatte, die Nationalgarde in die Stadt zu entsenden.
       
       [2][Laut dem 79-jährigen Trump] ist die Kriminalität in der US-Hauptstadt
       völlig außer Kontrolle. Er behauptete während einer Pressekonferenz am
       Montag, dass die Bundesregierung die „Hauptstadt vor Kriminalität,
       Blutvergießen, Chaos, Elend und Schlimmerem“ retten werde. „Dies ist der
       Tag der Befreiung in DC und wir werden unsere Hauptstadt zurückerobern“, so
       der republikanische Präsident.
       
       ## Erhebungen widersprechen Regierungsaussagen
       
       Die Statistiken der Bundespolizei FBI, wie auch andere Erhebungen,
       widersprechen den Aussagen der Trump-Regierung, die Washington als eine
       Stadt beschreiben, die von Kriminellen buchstäblich überrannt werde. Die
       Zahl der Gewaltdelikte ist zwischen 2024 und 2025 um 26 Prozent gesunken
       und auch die Zahl der Tötungsdelikte ist um zwölf Prozent gefallen. „Bei
       den Gewaltdelikten haben wir ein 30-jähriges Tief erreicht“, sagte
       Bürgermeisterin Bowser.
       
       Zwar ist die Mordrate in Washington größer ist als in vielen anderen
       US-Städten, doch die meisten anderen Kriminalitätsstatistiken haben sich
       während der vergangenen zwei Jahre verbessert. Und auch die weiterhin hohe
       Mordrate ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den Rekordjahren zu
       Beginn der 1990er, als fast 500 Menschen pro Jahr in Washington ermordet
       wurden. Im vergangenen Jahr waren es 187 Mordfälle.
       
       ## Kritik an Trumps Vorgehen
       
       Kritik an der Verstaatlichung der städtischen Sicherheitskräfte folgte
       prompt. Die Menschenrechtsorganisation ACLU bezeichnete die Übernahme der
       Polizei als einen „Angriff auf die fundamentalen Rechte“ im Land.
       
       „Er benutzt das Wort ‚Notstand‘ als Blankoscheck für die Durchsetzung der
       Bundeskontrolle, wann immer es seinen Interessen dient. Er missbraucht
       Notstandsbefugnisse, militarisiert unsere Gemeinden und gefährdet genau die
       Menschen, die er eigentlich schützen soll“, sagte Mike Zamore, Direktor für
       Politik und Regierungsangelegenheiten bei der ACLU.
       
       Seine Kollegin Monica Hopkins, die für den ACLU-Ortsverband Washington
       zuständig ist, befürchtet, dass Washington nur der Anfang sei und die
       Regierung ähnliche Taktiken auch in anderen amerikanischen Großstädten
       anwenden könnte, in der Schwarze und Hispanics die Bevölkerungsmehrheit
       repräsentieren. Sie nannte Städte wie Chicago, Oakland oder Baltimore.
       
       Der Vorsitzende des nationalen demokratischen Komitees (DNC), Ken Martin,
       erklärte, dass die Sicherheit der Menschen in Washington für Trump keine
       Rolle spiele. Als seine Anhänger am 6. Januar 2021 das US-Kapitol gewaltsam
       stürmten und Polizeikräfte wiederholt die Nationalgarde angefordert hatten,
       „unternahm Trump nichts“, sagte Martin.
       
       Und um anschließend noch Salz in die Wunde zu streuen, begnadigte er knapp
       1.500 Menschen, die an den Ausschreitungen des 6. Januar beteiligt waren.
       Viele davon hatten „Polizisten angegriffen und lokale und bundesstaatliche
       Gesetze gebrochen“, fügte Martin hinzu.
       
       ## Ablenkungstaktik?
       
       Der Bürgerrechtler Al Sharpton behauptete, dass die Übernahme von
       Washingtons Polizei vor allem ein Ablenkungsmanöver sei. Er spielte dabei
       auf den sich immer weiter ausweitenden Skandal rund um den verurteilten
       Kinderschänder Jeffrey Epstein an.
       
       Es sei „ein weiterer Versuch, seine wütende, frustrierte Basis“ von den
       Epstein-Akten abzulenken, sagte Sharpton. Viele demokratische Politiker
       bezeichneten das Vorgehen der Regierung ebenfalls als ein politisch
       motiviertes Ablenkungsmanöver. Die demokratischen Mitglieder des
       Aufsichtsausschusses im US-Repräsentantenhaus bezeichneten das Vorgehen des
       Präsidenten als „Diktator-ähnlich“.
       
       „Donald Trumps Wirtschaft schwächelt, seine Vertuschung der Epstein-Akten
       lässt nicht nach und die öffentliche Unterstützung für seine Agenda ist
       stark gesunken. Daher ist es keine Überraschung, dass er versucht, die
       amerikanische Öffentlichkeit abzulenken“, sagte der Abgeordnete Robert
       Garcia.
       
       Im Gegensatz zu Demokraten unterstützen Republikaner die
       Notstandserklärung. Der republikanische Vorsitzende des
       Repräsentantenhauses, Mike Johnson, schrieb in einem Post, dass die Partei
       die „Säuberung“ Washingtons durch die Regierung begrüße.
       
       ## US-Regierung will Obdachlose vertreiben
       
       „Jahrelang hat die radikale, nachsichtige Agenda (der Stadtregierung)
       Kriminelle ermutigt und die öffentliche Sicherheit in unserer Hauptstadt
       gefährdet“, sagte der republikanische Abgeordnete James Comer in einer
       Erklärung.
       
       Neben der Bekämpfung der Kriminalität will die Bundesregierung auch die
       Stadt verschönern und unter anderem Obdachlose vertreiben. Die am Montag
       erklärte Übernahme der Polizeibehörde ist auf 30 Tage begrenzt, danach
       bräuchte es die Zustimmung des US-Kongresses, wo Republikaner die
       Mehrheiten stellen.
       
       Laut Trump sollen 800 Nationalgardisten in den kommenden Tagen nach
       Washington entsendet werden.
       
       12 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR Hansjürgen Mai
       
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