URI: 
       # taz.de -- Energiekrise auf Kuba: Solarparks allein helfen nicht
       
       > Kuba ächzt unter Stromausfällen. Havanna plant die Energiewende, das
       > System hängt aber ausgerechnet am Erdöl.
       
   IMG Bild: Solarparks auf den Antillen, – was komisch klingt ist Kubas Energiestrategie
       
       Hamburg taz | „Hoyo Colorado II“ heißt einer der zuletzt eingeweihten
       Solarparks. Er liegt nahe der [1][Hafenstadt Matanzas] und ist Teil der
       nationalen kubanischen Strategie, die den Bau von 55 solcher Anlagen bis
       zum Ende des Jahres und mehr als 90 Solarparks bis 2030 vorsieht. Damit
       will die Regierung in Havanna das Land endlich aus der Dauerenergiekrise
       holen. Bislang [2][leidet die Bevölkerung unter endlosen Stromausfällen].
       In Matanzas etwa – und im benachbarten Cárdenas – wird der Strom täglich
       mal 20, mal 21 oder 22 Stunden lang abgeschaltet. Dass der neue Park seit
       Juni in Betrieb ist, hat daran noch nichts ändern können.
       
       Peu à peu plant die Regierung, den Anteil regenerativer Energieträger zu
       steigern und weniger abhängig von Fossilen zu werden. Allerdings sind die
       meisten Experten davon überzeugt, dass das in Kuba geförderte Schweröl auch
       weiterhin verwendet werden soll. „Um das nationale Stromsystem
       hochzufahren, brauchen wir Erdölkraftwerke“, sagt der kubanische Ökonom
       Omar Everleny Pérez Villanueva, Direktor des Studienzentrums der
       Kubanischen Wirtschaft (CEEC) in Havanna. „Daher hat Präsident Miguel
       Díaz-Canel bei seiner Russland-Visite im Sommer Kredite zum Bau eines neuen
       Kraftwerks verhandelt.“
       
       Ein bis zwei moderne 300 Megawatt-Ölkraftwerke sollen zukünftig die
       Anschubfunktion für das kubanische Stromsystem übernehmen, der Rest des auf
       3.500 bis 4.000 Megawatt ausgelegten Stromsystems soll bis 2030 vor allem
       aus regenerativen Energieträgern generiert werden. Das würde bedeuten, das
       alle neun zwischen 30 und 40 Jahre alten und maroden Ölkraftwerke zwischen
       Santiago de Cuba und Pinar del Río vom Netz gehen sollen. Wie die dafür
       nötigen Investitionen aufgebracht werden sollen, ist unklar.
       
       Klar ist immerhin der Plan, dass bis 2028 mit chinesischer Hilfe 92
       Solarparks mit einer Kapazität von rund 2.012 Megawatt errichtet werden
       sollen, wie das Regierungsportal Cubadebate erstmals im Oktober 2024
       berichtete. Neben Anlagen zur Nutzung von Sonnenenergie, die künftig
       mindestens die Hälfte zur Energieversorgung der Insel beisteuern sollen,
       sind auch Windparks geplant. „Die sind allerdings im Bau deutlich teurer
       als die Solarparks“, so Pérez Villanueva.
       
       ## Es fehlen die Stromspeicher
       
       Zudem kursieren Befürchtungen, dass die Windräder den Hurrikanen, die immer
       wieder über die Insel ziehen, nicht standhalten könnten. „Das ist bei den
       Solarparks anders“, sagt Lothar Reininger von InterRed. Der Verein aus
       Frankfurt hat seit 2020 drei Solaranlagen auf Dächern von kubanischen
       Institutionen in Havanna installiert. Die Erfahrungen sind positiv. „Wir
       haben mehrere Hurrikane erlebt und danach ein Panel austauschen müssen,
       aber das war es dann auch“, erklärte Reininger im Gespräch mit der taz.
       Folgerichtig hält er die Befürchtungen der kubanischen Zivilgesellschaft
       für unbegründet.
       
       Allerdings haben die Solarparks ein Defizit: Sie verfügen meist nicht über
       Batterien, um den generierten Strom für die Abendstunden, wo in Kuba
       besonders viel Energie benötigt wird, zu speichern. Sie waren nicht zu
       finanzieren“, meint Pérez Villanueva.
       
       Das ist ein Grund, weshalb die Installation der ersten 20 Solarparks auf
       Kuba bisher keine spürbaren Effekte und die Anzahl und Dauer der
       Stromabschaltungen Ende Juli sogar noch zugenommen hat. Das bestätigen
       Mitarbeiter des christlichen Zentrums für Reflexion und Dialog (CCRD) in
       Cárdenas, rund 150 Kilometer entfernt von Havanna. In Cardénas sorgt eine
       Photovoltaikanlage auf dem Dach des Zentrums unabhängig für Energie. „So
       können wir die laufenden Projekte realisieren, obwohl der Strom zwischen 18
       und 22 Stunden am Tag abgeschaltet ist“, sagt CCRD-Projektkoordination
       Lorena Conde López.
       
       Landesweit lassen die Stromabschaltungen die Produktivität sinken. Das
       marode Kraftwerksnetz generiert oft kaum die Hälfte des Stroms, auf die es
       ausgelegt ist. Der latente Mangel an Ersatzteilen, nicht erfolgte
       Investitionen in Unterhalt und Reparatur sind dafür genauso verantwortlich
       wie die [3][Abwanderung vieler Techniker], meint Lorena Conde López.
       
       Für das zweite Halbjahr hatte Präsident Díaz-Canel Besserung angekündigt.
       Aber auch im Juli konnten die Kraftwerke weniger Energie bereitstellen als
       erwartet. Experten wie CEEC-Ökonom Pérez Villanueva rechnen erst zum
       Jahresende mit einer Entspannung.
       
       14 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Meinungsfreiheit-in-Kuba/!6087206
   DIR [2] /Blackouts-in-der-Karibik/!6045530
   DIR [3] /Kuba-in-der-Krise/!6091128
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Knut Henkel
       
       ## TAGS
       
   DIR Energie
   DIR Kuba
   DIR Erneuerbare Energien
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Künste
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Kuba
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Hurrikan Melissa überrollt Kuba: Es trifft die ärmsten Provinzen
       
       Auch Teile Kubas wurden von Hurrikan Melissa verwüstet. Doch deutlich
       besser als wenn es die ganze Insel getroffen hätte, so kubanische
       Analysten.
       
   DIR Hurrikan in der Karibik: „Melissa“ bereitet Kubaner*innen eine schlaflose Nacht
       
       Der Supersturm zieht über die sozialistische Insel, die schon unter einer
       schweren Wirtschaftskrise leidet. Hunderttausende Menschen suchten Schutz.
       
   DIR Kubanischer Künstler Michel Mirabal: Waffen der Kunst
       
       Michel Mirabal ist einer der international erfolgreichsten Künstler Kubas,
       doch in seiner Heimat weitgehend unbekannt. Das soll sich ändern.
       
   DIR Kubanische Medien nach USAid-Aus: Warten auf gute Nachrichten
       
       Die unabhängige kubanische Nachrichtenagentur Palenque Visión steckt in
       einer Existenzkrise. Verantwortlich sei US-Präsident Trump, so Direktor
       Rolando Lobaina.
       
   DIR Unruhen auf Kuba: Studentenproteste gegen neue Mobilfunktarife
       
       Öffentliche Proteste in Kuba sind selten. Doch jetzt wüten Student:innen
       wegen der massiven Telefonpreiserhöhungen des staatliche Monopolisten.