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       # taz.de -- Nabu-Ranking: Kreuzfahrt mit reinem Klima-Gewissen bleibt Traum
       
       > Die Branche wirbt mit „klimaneutralen“ Zukunftstechnologien – und boomt.
       > Die Bilanz des Nabu-Kreuzfahrtrankings ist jedoch ernüchternd.
       
   IMG Bild: Ganz weit hinten im Ranking: Viking Ocean Cruises
       
       Berlin taz | Die Kreuzfahrtbranche bemüht sich, von ihrem Image als
       Klimasünder loszukommen. Wirklich mutige Investitionen, die das Steuer in
       Richtung Klimaneutralität herumreißen würden, bleiben laut
       [1][Nabu-Kreuzfahrtranking] aber eine Ausnahme. Die Zahl der
       Kreuzfahrtgäst*innen steigt derweil auch in diesem Jahr weiter an.
       
       Wer sich auf den Websites der deutschen Anbieter nach Nachhaltigkeit sucht,
       könnte von einer Kreuzfahrt mit reinem Klimagewissen zumindest träumen.
       [2][Der Anbieter „Aida“ verkündet dort] beispielsweise, er wolle „ständig
       mit neuen technischen Innovationen zum Schutz und Erhalt unserer Ökosysteme
       beitragen.
       
       Der Ausbau der Kreislaufwirtschaft ist dabei genauso wichtig, wie unsere
       soziale und gesellschaftliche Verantwortung“. Das [3][Kreuzfahrtranking des
       Naturschutzbundes Deutschland (Nabu)] (Nabu) 2025 vom Donnerstag bremst mit
       seinem Urteil über die Klimaschutzbestrebungen von 14 Reedereien diese
       Euphorie gewaltig.
       
       Zwar lobt der Nabu die norwegischen [4][Reedereien Havila und Hurtigruten],
       doch auch sie erhielten nur die Hälfte der zu vergebenden Punktzahlen. Im
       Mittelfeld landeten Aida und Tui, abgeschlagen hinten Norwegian Cruise Line
       sowie Royal Caribbean. Zaghaft hätten einige Reedereien Schritte zur
       Emissionsreduktion getan – etwa durch energieeffizientere Neubauten oder
       die Umrüstung zur Landstromnutzung.
       
       ## Der Einsatz von fossilen Brennstoffen überwiegt
       
       Dabei wird der hohe Stromverbrauch der schwimmenden Hotelriesen im Hafen
       nicht mehr mit fossilem Treibstoff, sondern über ein Kabel von Land
       gedeckt, am besten mit grünem Strom. Das sorge vor allem für [5][sauberere
       Luft in den deutschen Häfen], so der Nabu.
       
       „Doch der entscheidende Hebel für eine klimafreundlichere Schifffahrt ist
       [6][der Umstieg auf grüne eFuels],“ sagt Sönke Diesener,
       Schifffahrtsexperte beim Nabu. Da blieben die Reedereien zögerlich und
       setzten auf Scheinlösungen. Die Kreuzfahrtanbieter investieren in
       „Dual-Fuel-Motoren“, die neben Marinediesel auch vermeintlich
       klimafreundlicheres Biogas und LNG (verflüssigtes Erdgas) tanken können.
       
       Was auf den Websites der Unternehmen nach einer vielversprechenden Lösung
       aussieht, ist in der Realität jedoch viel komplexer. Denn auch wenn die
       Reedereien ihre Flotten zunehmend umrüsten, überwiegt der Einsatz von
       fossilen Brennstoffen. Das Kreuzfahrtranking stellt hierzu fest: Über die
       Hälfte der Schiffe fährt immer noch mit dem klima- und
       [7][umweltschädlichsten Treibstoff Schweröl].
       
       Auch in Bezug auf die alternativen Kraftstoffe gibt es Kritik. [8][Biogas]
       klingt zwar ökologisch, klimaneutral ist der Treibstoff aber nicht. Zwar
       wird bei der Verbrennung nur die Menge an CO₂ freigesetzt, die bei der
       Produktion in der Biomasse gespeichert wurde. Allerdings entstehen durch
       Anbau und Transport der Energiepflanzen, den Bau und Betrieb der Anlagen
       viele CO₂-Emissionen.
       
       ## Eingestürzte Brückentechnologie
       
       Auch entweichen durch undichte Stellen und von oft nicht abgedeckten
       Gärresten die Klimagase Methan und Lachgas – mit einer deutlich größeren
       Klimawirkung als CO₂. Dies wirkt sich negativ auf die Klimabilanz von
       Biogas aus.
       
       Das Flüssigerdgas LNG ist einer [9][Studie des International Council for
       Clean Transportation (ICCT)] zufolge gar keine Lösung. Die Klimabilanz des
       Treibstoffs fällt sogar schlechter aus als bei Marinediesel, da die
       genutzten Schiffsmotoren besonders viele Methanemissionen verursachen.
       Hinzu kommt, dass es sich vor allem um meist extrem umweltschädliches
       Fracking-Gas aus den USA handelt. Als „Brückentechnologie“ taugt LNG also
       nicht. Neue Zahlen des weltweit größten Branchenverbands CLIA zufolge wird
       etwa jedes zweite neu gebaute Kreuzfahrtschiff vorrangig mit LNG fahren.
       
       Der Nabu warnt vor fossilen Lock-ins und fordert, die Attraktivität und
       damit Verfügbarkeit für klimafreundlichere Treibstoffe zu steigern. Als
       vielversprechendste Alternative für die Kreuzfahrt hebt eine
       [10][Nabu-Studie E-Methanol] hervor. „Für die Reedereien ist der Umstieg
       auf sauberere fossile Alternativen sowohl technisch machbar als auch
       wirtschaftlich zumutbar“, fordert Raija Koch, Nabu-Expertin für
       Schifffahrt. In der Branche beklagt man jedoch die geringe Verfügbarkeit
       und hohen Kosten – und schiebt die Verantwortung dafür der Politik zu.
       
       ## Branche schiebt Verantwortung auf Politik
       
       „Erst mit ihren Entscheidungen entsteht der Markt für strombasierte
       Kraftstoffe“, sagte Aida-Chef Felix Eichhorn erneut am Dienstag. Damit
       bezieht er sich auf Verhandlungen der internationalen
       Seeschifffahrtsorganisation IMO im Oktober, bei denen globale
       Klimaschutzmaßnahmen für die Branche beschlossen werden sollen. Die
       [11][Einhaltung des Klimaneutralitätsziels der Branche] bis 2050 macht er
       von EU-Investitionen in nachhaltige Treibstoffe abhängig.
       
       Nabu-Experte Diesener sieht das kritisch. „Die Kreuzfahrtbranche bewegt
       sich seit Jahren weniger als die Warenschifffahrt“, sagt er. Dabei habe sie
       es sogar eigentlich leichter, weil es zu der Umrüstung auf Methanol weniger
       Alternativen gebe. Die „Mein Schiff 7“ von Tui ist derzeit das einzige
       deutsche Kreuzfahrtschiff, das mit Methanol betankt werden kann. Es soll
       2026 das erste Mal „klimaneutral“ in See stechen.
       
       Für die [12][Kreuzfahrtgäste scheint die Umweltdebatte] wenig relevant: Die
       Branche boomt weiter. Weltweit nahmen im vergangenen Jahr 34,6 Millionen
       Menschen an einer Kreuzfahrt teil, 9,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Für
       2025 prognostiziert die Branche sogar einen weiteren Zuwachs auf 37,7
       Millionen Passagiere.
       
       11 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/verkehr/schifffahrt/kreuzschifffahrt/kreuzfahrtranking.html
   DIR [2] https://aida.de/unternehmen/nachhaltigkeit
   DIR [3] https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/verkehr/schifffahrt/kreuzschifffahrt/kreuzfahrtranking.html
   DIR [4] /Hybrid-Kreuzfahrtschiff-aus-Norwegen/!5605847
   DIR [5] /Schiffe-belasten-Luft-an-Bord-und-in-den-Haefen/!5441901
   DIR [6] /Studie-zu-synthetischen-Kraftstoffen/!6067758
   DIR [7] /Schiffskollision-in-der-Nordsee/!6071686
   DIR [8] /Das-Potenzial-der-Biogasanlagen/!6002615
   DIR [9] https://theicct.org/publication/the-climate-implications-of-using-lng-as-a-marine-fuel/
   DIR [10] https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/verkehr/230315-nabu-methanol-studie.pdf
   DIR [11] /Umweltfreundliche-Kreuzfahrt/!5294144
   DIR [12] /Unternehmen-geben-Klimaziele-auf/!6006157
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Charlotte Kranenberg
       
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