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       # taz.de -- Repressionen in der Türkei: Erneute Festnahmen von Oppositionellen
       
       > In Istanbul wurde der Bezirksbürgermeister İnan Güney verhaftet. Ihm und
       > weiteren CHP-Politikern wird Korruption vorgeworfen. Doch Beweise liegen
       > nicht vor.
       
   IMG Bild: Sind beide in Haft: Ekrem Imamoglu (l) and İnan Güney (r). Die Wahlplakate hingen in Istanbul am 16.3.2025
       
       Istanbul taz | Am Freitag sind erneut 44 Oppositionelle in der Türkei
       festgenommen worden. Der prominenteste von ihnen ist der Istanbuler
       Bürgermeister des Bezirkes Beyoğlu, der CHP-Politiker İnan Güney. Insgesamt
       wurden nach dem Start der Verhaftungen im März, als zunächst der
       Oberbürgermeister von Istanbul Ekrem İmamoğlu festgenommen wurde, mit Güney
       nun weitere 15 Bürgermeister verhaftet. Sie alle gehören der
       Oppositionspartei CHP an.
       
       Bis auf den Bürgermeister von Adıyaman, der kürzlich freigelassen wurde,
       sitzen die anderen in Haft. Vorgeworfen wird allen unisono Korruption im
       weitesten Sinne, ohne dass die Staatsanwaltschaft in nur einem Fall
       stichhaltige Beweise dafür vorlegte.
       
       Ausgangspunkt der Verhaftungen sind die landesweiten Kommunalwahlen im März
       letzten Jahres, bei denen die Opposition erstmals nach mehr als 20 Jahren
       die regierende AKP deutlich schlagen konnte. Die CHP gewann in allen
       Metropolen des Landes, einschließlich Istanbul, Ankara, Izmir und weiteren
       10 Großstädten. Besonders alarmiert sind die AKP und Präsident Recep Tayyip
       Erdoğan, weil die CHP auch in vielen Städten und Gemeinden gewann, die
       jahrzehntelang Hochburgen der AKP waren.
       
       Nachdem die AKP ein Jahr lang gewartet hatte, ob die Opposition sich selbst
       zerlegt, [1][versucht sie nun mithilfe der Justiz die Wahlniederlage von
       2024 zu korrigieren]. Insgesamt wurden rund 500 Leute in dieser bislang für
       die Türkei beispiellosen Repressionswelle gegen die größte
       Oppositionspartei des Landes verhaftet. Neben CHP-Mitgliedern zählen dazu
       auch Künstler, [2][Aktivisten] und Journalisten, die sich gegen die
       Verfolgung der Opposition ausgesprochen haben.
       
       ## Staatsanwaltschaft versucht Beweise zu fabrizieren
       
       Da es der politisch gelenkten Staatsanwaltschaft schwerfällt, auch nur den
       Schein einer Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten, versucht sie offenbar
       nun mit allen Mitteln, irgendwie Beweise zu fabrizieren, die ihre
       Ermittlungen untermauern sollen.
       
       Der CHP-Vorsitzende Özgür Özel berichtete schon vor Wochen, dass einem
       verhafteten engen Mitarbeiter von Ekrem İmamoğlu gedroht worden sei. Wenn
       er İmamoğlu nicht belaste, würde auch sein Sohn festgenommen. Am Dienstag
       präsentierte Özel dann ein Papier, in dem ein hoher AKP-Politiker einem
       verhafteten Geschäftsmann anbietet, er würde freigelassen, wenn er zwei
       Millionen Dollar zahlen und eine Falschaussage gegen İmamoğlu
       unterschreiben würde.
       
       Vor wenigen Tagen trat die CHP-Bürgermeisterin der Großstadt Aydın in die
       AKP über, angeblich wegen Differenzen mit der Führung der CHP. Tatsächlich,
       sagte Özgür Özel, weil ihr mit Verhaftung gedroht worden sei, wenn sie
       nicht die Partei wechsele. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft nun auch
       ein Ermittlungsverfahren gegen den CHP-Vorsitzenden eingeleitet, wegen
       angeblicher Falschaussage. [3][Außerdem versucht die AKP den CHP-Vorsitz
       Özels gerichtlich anzufechten.] Er sei durch Stimmenkauf gewählt worden.
       
       15 Aug 2025
       
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