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       # taz.de -- Durchschnittliche Lebenserwartung: Männer leben in Baden-Württemberg vier Jahre länger als in Sachsen-Anhalt
       
       > Im Ländle können Männer statistisch auf fast 80 Jahre hoffen, in
       > Sachsen-Anhalt kommen sie dagegen im Durchschnitt nur auf 75. Und so
       > schnell wird sich an dieser Kluft auch wohl nichts ändern.
       
   IMG Bild: Lebensverkürzend, offensichtlich insbesondere für männliche Personen zwischen Halle und Magdeburg: ausgedehnte Aufenthalte in der Schulhof-Raucherecke
       
       Berlin dpa | Kaum anderswo in Deutschland ist der Unterschied bei der
       Lebenserwartung Neugeborener so groß wie zwischen Baden-Württemberg und
       Sachsen-Anhalt. Statistisch gesehen können Männer im Südwesten auf vier
       Lebensjahre mehr hoffen als in dem östlichen Bundesland. An dieser Kluft
       wird sich nach Einschätzung von Experten so schnell nichts ändern.
       
       Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage
       der Linken im Bundestag beträgt die Lebenserwartung bei Geburt von Männern
       in Sachsen-Anhalt 75,49 Jahre – das ist der bundesweit niedrigste Wert. In
       Baden-Württemberg seien es dagegen 79,64 Jahre. Bei Frauen in den beiden
       Bundesländern war der Unterschied mit zwei Jahren nicht so groß.
       
       Wichtig zu wissen: Die „Lebenserwartung bei Geburt“ fasst die Sterblichkeit
       über alle Altersjahre hinweg in einem Wert zusammen. Dieser Wert ist von
       der Altersstruktur und von der Größe der Bevölkerung unabhängig. Es handelt
       sich – trotz des Namens – nicht um eine Prognose für heute Neugeborene.
       
       Die Werte aus den beiden Bundesländern beziehen sich auf die
       durchschnittliche Lebenserwartung, die in den Jahren von 2021 bis 2023 in
       offiziellen Statistiken ermittelt wurde. Auch neuere Statistiken belegen
       diese Kluft zwischen Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Bundesweit
       betrug die Lebenserwartung bei Geburt laut Statistischem Bundesamt 2024 für
       Männer im Durchschnitt 78,9 Jahre und für Frauen 83,5 Jahre.
       
       Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) gab es in den beiden
       Bundesländern nach der deutschen Wiedervereinigung eine Phase starker
       Annäherung bei der Lebenserwartung von Frauen, die Anfang der 2000er Jahre
       endete. „Bei den Männern scheinen die Trends zwischen diesen beiden
       Bundesländern auseinanderzugehen. Es spricht also nichts dafür, dass sich
       diese beiden Regionen in naher Zukunft einander annähern werden“, sagte
       Pavel Grigoriev, Leiter der Forschungsgruppe Mortalität beim BiB.
       
       Um zu Baden-Württemberg aufzuschließen, reiche es nicht aus, dass die
       Lebenserwartung in Sachsen-Anhalt steige, sagte Grigoriev der Deutschen
       Presse-Agentur. „Der Fortschritt in der Lebenserwartung in Sachsen-Anhalt
       müsste wesentlich schneller sein als in Baden-Württemberg.“
       
       ## BaWü hat niedrigste Raucher:innen-Sterblichkeit in Deutschland
       
       Die Gründe dafür, wie alt Menschen in bestimmten Regionen können, sind
       unterschiedlich. Das Bundesinstitut verweist zum Beispiel auf die
       Zusammensetzung der Bevölkerung mit Blick auf Bildung, kulturelle Prägung,
       Altersstruktur. Aber auch Faktoren wie ökonomischer Entwicklungsstand, das
       Gesundheitswesens und ökologische Bedingungen spielten eine Rolle.
       
       Der Vergleich des Bruttoinlandsprodukts, der Gesamtwert aller produzierten
       Waren und Dienstleistungen, zeigt zum Beispiel: In Baden-Württemberg wurden
       im vergangenen Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 650,2
       Milliarden Euro erstellt, in Sachsen-Anhalt waren es 79,4 Milliarden.
       
       Aber auch das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung [1][wie der Umgang mit
       Rauchen], Alkohol, Ernährung und Bewegung spielten eine wichtige Rolle,
       sagte Grigoriev. „Tatsächlich war Baden-Württemberg die Region mit einer
       der niedrigsten durch Rauchen verursachten Sterblichkeit in Deutschland.“
       
       Die aus Sachsen-Anhalt stammende Linke-Bundestagsabgeordnete Janina Böttger
       kritisierte: „Während wohlhabende Menschen in Baden-Württemberg oder Bayern
       oft viele Jahre länger leben, haben Menschen in ärmeren Regionen
       schlechtere Karten – gesundheitlich, sozial und wirtschaftlich.“ [2][Diese
       Ungleichheit sei messbar] – und politisch nicht hinnehmbar.
       
       Böttger sagte, es sei Aufgabe des Staates, insbesondere in benachteiligten
       Regionen für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. „Der Wohnort darf nicht
       über Lebenserwartung und Lebenschancen entscheiden.“
       
       Dem Experten Grigoriev zufolge bestehen regionale Unterschiede in der
       Sterblichkeit im Allgemeinen in allen Ländern. „Im internationalen
       Vergleich sind die regionalen Unterschiede in Deutschland eher gering.“
       Dennoch seien sie beträchtlich – besonders, wenn man die neuen und alten
       Bundesländer wie Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg vergleiche.
       
       17 Aug 2025
       
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