# taz.de -- Massenproteste in Israel: Hunderttausende demonstrieren fürs Kriegsende
> Viele Israelis protestieren gegen den Gaza-Krieg und für die Freilassung
> der Geiseln. Netanjahu wirft ihnen vor, die Hamas zu stärken.
IMG Bild: Tel Aviv, 17. August: Demonstration für die Beendigung des Krieges gegen den Gazastreifen und die Freilassung der Geiseln
Jerusalem taz | Eine Million Menschen haben laut Schätzungen des Forums der
Geiselfamilien am Sonntag in Israel an Protesten und einem Streik gegen die
geplante Ausweitung des Gaza-Kriegs teilgenommen. Auch wenn keine
offiziellen Zählungen veröffentlicht wurden: Luftaufnahmen der Versammlung
um den sogenannten Platz der Geiseln in Tel Aviv zeigen eine der größten
Kundgebungen seit Kriegsbeginn vor zwei Jahren. Doch ändern könnte der
massive öffentliche Druck – Israel hat immerhin nur zehn Millionen
Einwohner – am Ende nichts.
Regierungschef [1][Benjamin Netanjahu bekräftigte seinen Plan], die Kämpfe
in Gaza auszuweiten und warf den Demonstranten vor, die Hamas zu stärken.
„Diejenigen, die heute ein Ende des Krieges fordern, ohne die Hamas zu
bezwingen, verhärten nicht nur deren Position und verzögern die Freilassung
unserer Geiseln“, sagte Netanjahu. Sie würden zudem dafür sorgen, dass sich
der 7. Oktober wiederholen werde und Israels Soldaten „in einem endlosen
Krieg immer wieder kämpfen müssen“.
Mit diesem Argument dreht der Premier ausgerechnet den Hauptvorwurf seiner
Kritiker um, die ihm seit Monaten vorwerfen, den Krieg aus politischen
Gründen fortzusetzen. Netanjahu ist politisch abhängig von seinen
rechts-religiösen Koalitionspartnern, die für eine Besetzung und
Wiederbesiedlung Gazas stehen. In der israelischen Gesellschaft, in der
rund zwei Drittel für ein Kriegsende und die Rückkehr der Geiseln sind, ist
er zunehmend isoliert.
Auch aufseiten der Demonstranten wird verbal aufgerüstet: „Wir leben unter
einer Terrororganisation, die sich aus politischen Gründen weigert, unsere
Kinder zurückzubringen“, sagte Jehuda Cohen, der Vater des in Gaza
gefangenen Nimrod Cohen, in Richtung Regierung. Ofir Braslavski, der Vater
der Anfang August in einem Hamas-Video ausgemergelt vorgeführten Geisel
[2][Rom Braslavski], warf Netanjahu vor, mit der geplanten Offensive das
Leben der Geiseln aufzugeben. „Das ganze Land hat es gesehen, alle
Politiker haben es gesehen, aber das Kabinett hat sich dafür entschieden,
den Krieg auszuweiten und sie im Stich zu lassen.“
## Netanjahu auch international zunehmend isoliert
Indes verließen Berichten zufolge erste Palästinenser aus Furcht vor einem
bevorstehenden israelischen Vormarsch die östlichen Teile von Gaza-Stadt.
Derzeit halten sich im Norden des Küstenstreifens rund eine Millionen
Menschen auf. Die Armee soll laut dem israelischen Plan zunächst
Gaza-Stadt, später auch bewohnte Gebiete im Zentrum Gazas einnehmen. Die
Bewohner, viele bereits mehrfach vertrieben, sollen in den Süden fliehen.
Die [3][humanitäre Katastrophe] vor Ort dürfte sich dadurch weiter
verschärfen. Israel hat mit US-Unterstützung bereits das etablierte
UN-System für humanitäre Hilfe stark eingeschränkt. Die Verteilung von
Hilfsgütern durch die stattdessen eingesetzte Gaza Humanitarian Foundation
aber ist von Chaos und tödlichen Fußmärschen für Palästinenser geprägt.
Immer wieder werden Hilfesuchende von israelischen Soldaten erschossen.
Netanjahu bekommt mit seinem Gaza-Plan nicht nur in Israel Widerstand, auch
international rücken Verbündete zunehmend ab. Mehrere Länder haben die
[4][Anerkennung eines palästinensischen Staates] angekündigt. Sogar die
[5][deutsche Bundesregierung schränkte künftige Waffenlieferungen nach
Israel ein]. Am Montag erließ Australien ein Einreiseverbot für Simcha
Rothman, einen Politiker der national-religiösen Regierungspartei
„Religiöser Zionismus“. Israels Außenminister reagierte umgehend und entzog
australischen Diplomaten bei der Palästinensischen Autonomiebehörde ihre
Visa.
18 Aug 2025
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## AUTOREN
DIR Felix Wellisch
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selbst.