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       # taz.de -- Proteste in Indonesien: Prabowo rudert zurück
       
       > Indonesiens Präsident verkündet die Rücknahme von Parlamentsbeschlüssen.
       > Diese waren als Bereicherung der Politiker wahrgenommen worden.
       
   IMG Bild: Ein Student attackiert ein Polizeiauto während einer Demonstration gegen die Privilegien der Gesetzgeber, nachdem ein Lieferwagenfahrer bei einer Kundgebung von einem gepanzerten Polizeifahrzeug überfahren worden war
       
       Berlin taz | Nach einer Woche von Protesten und Unruhen hat der
       indonesische Präsident Prabowo Subianto am Sonntag laut dem
       [1][Onlinedienst Jakarta Globe] die Rücknahme von Zuschüssen für
       Parlamentarier verkündet. Diese waren angesichts von Sparmaßnahmen für
       breite Teile der Bevölkerung als Selbstbedienung der Abgeordneten empfunden
       worden. Proteste formierten sich, in deren Verlauf starben fünf Personen.
       
       Der innenpolitisch stark unter Druck geratene Probowo verkündete die
       Rücknahme der Zuschüsse am Sonntag in einer Liveübertragung aus dem
       Präsidentenpalast in Jakarta. Dabei ließ es sich von zahlreichen
       Parteichefs flankieren. Die Regierungskoalition stellt 470 der 580
       Abgeordneten oder 81 Prozent des Unterhauses.
       
       Prabowo kündigte auch an, dass der Tod eines 21-jährigen
       Motorradtaxifahrers „schnell und transparent“ untersucht werden solle. Der
       21-Jährige war Donnerstagabend als Unbeteiligter von einem gepanzerten
       Fahrzeug der paramilitärischen Polizeitruppe Brimob überfahren worden, als
       dieses Jagd auf Demonstranten machte. Die meist in den grünen Jacken ihrer
       Vermittlungsdienste Grab und Gojek gekleideten Motorradtaxifahrer sind in
       Indonesien Sinnbild für die Unterschicht der „Working Poor“, die am Rande
       des Existenzminimums ums Überleben kämpft. Prabowo hatte noch am Freitag
       die Familie des Getöteten besucht, doch konnte er die Proteste damit nicht
       eindämmen. Am Samstag sagte er auch noch eine China-Reise ab.
       
       Der 73-jährige Präsident, [2][der seit Oktober amtiert] und der größten
       Regierungspartei Gerindra vorsteht, hatte diese angewiesen, die Zuschüsse
       für die Abgeordneten zurückzunehmen. Darauf verständigten sich dann auch
       die anderen Parteien. Die Abgeordneten hatten sich unter anderem einen
       monatlichen Wohnzuschuss von 50 Millionen Rupiah (2.520 Euro) genehmigt,
       der fast dem Zehnfachen des Mindestlohns entspricht. Die Empörung kam auch
       daher, dass gerade erst die Bildungs- und Gesundheitsetats
       zusammengestrichen wurden.
       
       ## Versprechen nicht eingelöst
       
       Prabowo hatte [3][im Wahlkampf 2024] versprochen, dass indonesische
       Schulkinder ein kostenloses Mittagessen erhalten. Der Ex-General und
       frühere Schwiegersohn des Diktators Suharto konnte nie erklären, wie das
       finanziert werden soll. Inzwischen wurde das Programm abgespeckt, zugleich
       wurden mit Verweis auf die Schulessen andere Ausgaben gestrichen, was die
       Proteste anheizte.
       
       Diese hatten am Montag in Jakarta begonnen. Das als brutal empfundene
       Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten und die Festnahme von bis zu
       700 Personen ließ die Proteste anschwellen. Der Tod des Motorradtaxifahrers
       führte dann dazu, dass sich die Proteste und Unruhen auf viele Städte
       ausbreiteten, darunter Surabaya, Bandung, Solo, Yogyakarta, Medan und sogar
       auf die Urlaubsinsel Bali. Am Freitag gingen in mehrere Provinzen
       Regierungs- und Polizeigebäude in Flammen auf.
       
       In Makassar starben am Samstag drei Menschen beim Versuch, aus einem in
       Brand steckten Regierungsgebäude zu entkommen. Ein Mann starb, nachdem er
       von Demonstranten verprügelt worden war, die ihn fälschlicherweise für
       einen Spitzel gehalten haben sollen. Am Sonntag würde in einem Vorort
       Jakartas das Haus von Finanzministerin Sri Muljani Indrawati geplündert,
       das Haus eines Abgeordneten brannte ab. Er hatte jene, die Neuwahlen
       forderten, als „dümmste Menschen“ bezeichnet. Prabowo versprach jetzt, die
       Meinungs- und Versammlungsfreiheit werde geachtet, rückte aber gewalttätige
       Demonstranten in die Nähe von Terroristen.
       
       31 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://jakartaglobe.id/news/prabowo-summons-party-chiefs-orders-police-probe-and-backs-cuts-to-lawmakers-perks#goog_rewarded
   DIR [2] /Neuer-Praesident-in-Indonesien/!6043730
   DIR [3] /Indonesiens-kuenftiger-Praesident-Prabowo/!5992455
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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