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       # taz.de -- Die Wahrheit: Uber jetzt Ünter
       
       > Im Folgenden lesen Sie eine Servicewarnung – oder wie wir in Dublin zum
       > ersten Mal den Lieferservice Uber versuchten zu nutzen.
       
       Der Tag war eigentlich schon beschissen genug. Am Vormittag hatten wir in
       Dublin einen Freund beerdigt. Als wir nach der Trauerfeier nachmittags zu
       Hause ankamen, war uns die Lust zu kochen vergangen, aber irgendetwas muss
       man ja essen. Im Süden Dublins gibt es eine hochgelobte Imbissbude, aber im
       Berufsverkehr wären wir Stunden unterwegs gewesen und hätten unseren Zug in
       den Westen Irlands verpasst.
       
       Also wandten wir zum ersten Mal an den Lieferservice Uber. Der Name leitet
       sich von „über“ ab und soll suggerieren, dass das Unternehmen super sei.
       Die Lieferung, so verkündete die Website, könne man um 18.32 Uhr erwarten,
       spätestens aber um 19.15 Uhr. Okay, das würde reichen. Man konnte den
       Fortschritt der Bestellung auf der Uber-Website verfolgen. Jetzt sollte
       sogar bereits um 18.25 Uhr geliefert werden. Nein, doch nicht, es würde
       wohl bis 18.37 Uhr dauern.
       
       Danach sprang die zu erwartende Lieferzeit stets eine Minute weiter. Ab
       19.15 Uhr wurde ich unruhig. Wo blieb der Lieferfahrer, der Adnan hieß, wie
       der Enkel Abrahams, Vorfahre des Propheten Mohammed? Dann kam eine ziemlich
       kryptische Nachricht: „Ich warte immer noch auf den Kerl.“ Das wäre
       eigentlich mein Text gewesen.
       
       Auf der Website gab es einen kleinen Stadtplan, auf dem unsere Adresse
       sowie ein kleines Fahrrad eingezeichnet waren. Adnan, der Radfahrer, war
       angeblich nur eine Minute von uns entfernt. Dabei blieb es jedoch für die
       nächste halbe Stunde. War er von einem Bus überfahren worden? Ich schrieb
       ihm eine Kurzmitteilung und wies ihn darauf hin, dass wir den letzten Zug
       nach Westen erwischen müssten.
       
       ## Wie ein schlechter Film mit John Wayne
       
       Das klang wie ein schlechter Film mit John Wayne, doch Adnan rief trotzdem
       an, aber er redete in einer mir fremden Sprache auf mich ein. War es seine
       Muttersprache? Ob er vielleicht auch Englisch spreche, fragte ich, und ich
       meinte schließlich „eine halbe Stunde“ verstanden zu haben.
       
       Das war ein Missverständnis. Die Uber-Gauner erklärten in einer Mail:
       „Hallo Ralf, deine Bestellung kann nicht erfüllt werden. Du kannst die
       Bestelldetails in der App überprüfen oder den Support kontaktieren.“ Uber
       hatte mich offenbar auf Diät gesetzt, was zwar sicherlich nötig wäre, aber
       das hätte ich lieber selbst entschieden.
       
       Um uns obendrein zu verhöhnen, kam Minuten später eine weitere Nachricht:
       „Melde dich für eine Uber-One-Mitgliedschaft an und beginne zu sparen!
       Genieße 0 € Liefergebühr für berechtigte Bestellungen.“ Keine Liefergebühr
       für keine Lieferungen, das klingt fair. Zum Teufel mit Uber.
       
       Wir schmierten ein paar Klappstullen für die Zugfahrt. Inzwischen war es zu
       spät, um mit dem Bus zum Bahnhof zu fahren. Wir riefen ein Taxi. Als es
       ankam, entdeckten wir einen großen Aufkleber auf der Fahrertür: „Uber“. Wir
       sind dann in Dublin geblieben.
       
       1 Sep 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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