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       # taz.de -- Shanghaier Organisation für Kooperation: Autoritäre Internationale trifft sich in China
       
       > Xi Jinping und Wladimir Putin versprechen beim SCO-Gipfel eine neue
       > Weltordnung und demonstrieren Einigkeit gegenüber dem politischen Westen.
       
   IMG Bild: Gipfeltreffen: Der chinesische Präsident Xi Jinping (r) weist dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Weg, am 1.9.2025
       
       Seoul taz | Die Befürchtungen des Westens sind im fernen Osten bittere
       Realität geworden: Während der russische Präsident Wladimir Putin
       unvermindert die Ukraine bombardieren lässt, rollt ihm sein
       [1][chinesischer Amtskollege Xi Jinping den roten Teppich aus].
       Gleichzeitig inspiziert Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un eine neue
       Raketenfabrik, ehe er in seinen gepanzerten Zug steigt und ebenfalls nach
       Peking reist. Dort wird dann am Mittwoch die „autoritäre Internationale“ am
       Platz des Himmlischen Friedens einer pompösen Militärparade applaudieren,
       also ausgerechnet an jenem Ort, an dem die Volksbefreiungsarmee 1989 die
       Demokratiebewegung blutig niederschoss.
       
       Beim Abschluss des Gipfels der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit
       (SCO) am Montag in Tianjin lässt sich bereits beobachten, wie selbstbewusst
       sich Chinas Führung als antiwestliche Weltmacht inszeniert. [2][Narendra
       Modi (Indien),] Wladimir Putin (Russland), Massud Peseschkian (Iran) und
       Shehbaz Sharif (Pakistan) sind allesamt gekommen, um der aufstrebenden
       Weltmacht des Ostens zu huldigen. Dem Westen hingegen bleibt nichts anderes
       übrig, als von der Ferne aus zuzuschauen.
       
       Das euroatlantische Modell habe sich überlebt, sagte Putin denn auch
       passenderweise am Abschlusstag des Gipfels. Die Zukunft hingegen gehöre
       einem System, so Putin, „das die Interessen eines maximal großen Kreises an
       Ländern berücksichtigt und wahrhaftig ausbalanciert ist“. Damit doppelt er
       jene Botschaft, die Xi Jinping in die Welt posaunen will: China
       repräsentiere laut dem chinesischen Machthaber eine „multipolare
       Weltordnung“, die explizit auch die Interessen des Globalen Südens
       inkludiert. In seiner Abschlussrede spricht sich Xi wiederholt gegen
       Hegemonialdenken und eine Mentalität des Kalten Kriegs aus. Und überhaupt:
       Das SCO-Treffen sei laut dem 72-Jährigen „eine Quelle des Friedens“.
       
       Was auf dem Papier geradezu idealistisch klingt, kann kaum die
       geopolitische Realität übertünchen: dass nämlich die Volksrepublik
       mindestens ebenso machiavellistisch tickt wie es die USA auf dem Zenit
       ihrer Macht waren. Doch Washington wirkt unter Präsident Donald Trump
       derzeit tatsächlich auf einem absteigenden Ast. Denn die erratischen
       Handelskriege, die der 79-jährige Republikaner vom Zaun gerissen hat, haben
       den russlandfreundlichen Block rund um China überhaupt erst möglich
       gemacht. Dass etwa Indiens Premier Narendra Modi sich dieser Tage derart an
       die Fersen Xis heftet, wäre noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen.
       
       ## Westen überrascht Pekings klare Haltung
       
       Ebenso undenkbar war es für die meisten europäischen Staatschefs auch, dass
       sich Peking derart deutlich gegen den Westen positioniert. Dass Xi zum
       größten Importeur von russischen Erdöl avanciert und gleichzeitig im großen
       Stil die Dual-Use-Güter liefert, die Putin für seine Kriegsmaschinerie
       braucht. Henry Huiyao Wang, Gründer der KP-nahen Denkfabrik Center for
       China and Globalization, sagte kürzlich unverhohlen in einem Interview,
       Putin müsse China „eigentlich zutiefst dankbar sein“.
       
       Denn, so Wang: „In gewisser Weise ist es die Aufrechterhaltung normaler
       Handelsbeziehungen zwischen SCO-Ländern wie China und Indien mit Russland,
       die verhindert hat, dass die russische Wirtschaft unter den westlichen
       Sanktionen schnell zusammengebrochen ist“. Diese Aussage war jedoch nicht
       als Selbstkritik intendiert, sondern sollte die Macht der chinesischen
       Volkswirtschaft unterstreichen.
       
       Nun werden die meisten Staatschefs des SCO-Gipfels noch bis Mittwoch in der
       chinesischen Hauptstadt bleiben, wo Xi das Ende des Zweiten Weltkriegs, das
       im Reich der Mitte durch Japans Kapitulation besiegelt wurde, mit einer
       Militärparade begehen wird. Das Publikum kann sich schon jetzt sicher sein,
       dass der Aufmarsch der Soldaten keinesfalls so unbeholfen sein wird wie
       während der Parade, die Donald Trump im Juni in Washington angeordnet hat.
       Im Gegenteil: Der Gleichschritt der Soldaten, ein sorgfältig orchestrierter
       Jubel der Volksmassen und die Totalüberwachung in der Hauptstadt dürften
       eher an das benachbarte Nordkorea erinnern.
       
       Laut Beobachtern dürfte Xi die Militärparade wohl auch dafür nutzen, um die
       Geschichtsschreibung der kommunistischen Parteiführung um ein weiteres
       Kapitel zu erweitern: So möchte der 72-Jährige vor allem die Rolle der KP
       im Kampf gegen das faschistische Japan betonen. Tatsächlich waren es jedoch
       vor allem die nationalistischen Truppen unter Militärherrscher Chiang
       Kai-shek, welche die Japaner zurückgedrängt haben – jener Herrscher also,
       der mit der kommunistischen Revolution 1949 ins Exil nach Taiwan floh.
       
       ## Südkorea bleibt loyal gegenüber Washington
       
       Für Trump gibt es aber ein Trostpflaster: [3][Einer seiner engsten
       Alliierten aus dem Indo-Pazifik reist nicht nach China]. Hartnäckig hat
       Peking darum geworben, dass jetzt auch Südkoreas linker Präsident Lee Jae
       Myung die Volksrepublik besuchen solle. Doch Lee, der sich um eine
       Äquidistanz zwischen den USA und China bemüht, hat sich trotz der
       Trump’schen Strafzölle dann doch für die Loyalität gegenüber Washington
       entschieden.
       
       1 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gegenentwurf-zur-Nato-trifft-sich/!6107563
   DIR [2] /Beziehungen-zwischen-China-und-Indien/!6107624
   DIR [3] /Suedkoreas-Praesident-Lee-Jae-Myung/!6109558
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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