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       # taz.de -- Streik bei Tiktok: Die Geldkuh kann ruhig was abgeben
       
       > Die von Entlassung bedrohten Content-Moderator:innen streiken für höhere
       > Abfindungen. Derweil entließ das Unternehmen eine solidarische Kollegin.
       
   IMG Bild: Streitlustig: Tiktok-Beschäftigte streiken vor dem Berliner Arbeitsgericht Ende Juli
       
       Berlin taz | Eine gute Arbeitsatmosphäre, Aufstiegschancen, vielseitige
       Tätigkeiten – all das wurde ihr versprochen, als sie 2022 bei Tiktok
       anfing, berichtet eine Mitarbeiter*in am Mittwoch auf der
       Streikkundgebung vor der Berliner Niederlassung der chinesischen
       Social-Media-Plattform in Friedrichshain. Nun, nach drei Jahren ermüdender
       Content-Moderation, droht ihr und 150 weiteren Kolleg:innen die
       Entlassung. Mit einem mittlerweile dritten Warnstreik fordern die
       Beschäftigten Tik-Tok auf, über höhere Abfindungen und längere
       Kündigungsfristen zu verhandeln.
       
       Bislang verweigert das Unternehmen jegliche Gespräche mit Verdi über einen
       Tarifvertrag. Die Dienstleistungsgewerkschaft fordert eine Verlängerung der
       Kündigungsfrist auf 12 Monate und eine Abfindung in Höhe von drei
       Jahresgehältern tariflich festzulegen.
       
       „Tiktok ist eine Geldkuh, es kann ruhig etwas abgeben“, sagt
       Verdi-Verhandlungsführerin Kathlen Eggerling. Die Entlassungen erfolgten
       nicht aus wirtschaftlicher Not, sondern aus reiner Profitmaximierung.
       
       [1][Anfang März teilte Tiktok der Belegschaft mit], die gesamte für die
       Moderation verantwortliche „Trust and Safety“-Abteilung auflösen zu wollen.
       Das Unternehmen begründet den Schritt mit Umstrukturierungen im Unternehmen
       und Auslagerungen an Drittanbieter. Die Beschäftigten befürchten
       allerdings, [2][dass in Zukunft verstärkt KI-Algorithmen die Moderation der
       Inhalte übernehmen sollen.]
       
       ## Durch Algorithmus ersetzt
       
       „KI soll unseren Job machen, sie macht ihn aber schlecht“, sagt Sara Tegge,
       die ebenfalls von der Kündigung betroffen ist. Ihre Abteilung würde bereits
       [3][vermehrt Beschwerden von Nutzer:innen erhalten, die fragten, warum
       pornografische, rechtsextreme und verschwörungsideologische Inhalte viral
       gehen.] 
       
       Die außergewöhnlich hohe Abfindung begründet Verdi auch damit, dass die
       Beschäftigten den Algorithmus, der sie ersetzen soll, selbst trainiert
       haben. „Wir trainieren die Maschinen, zahl uns, was wir verdienen“, lautet
       daher ein Slogan der Streikenden.
       
       Verhandlungen über einen Tarifvertrag will das Unternehmen allerdings
       vermeiden. Stattdessen setzt es auf Gespräche mit dem Betriebsrat, um einen
       Sozialplan für die Entlassenen zu erstellen. Da das Beschäftigtengremium
       bislang alle Angebote ablehnte, versuchte Tiktok die Kündigungen durch das
       Einsetzen einer Einigungsstelle vor Gericht zu beschleunigen. Das
       Arbeitsgericht entschied Ende Juli zugunsten des Unternehmens.
       
       Entscheidend für die Erfolgsaussichten des Streiks ist die Beteiligung der
       Kolleg:innen aus anderen, bislang noch nicht aufgelösten Abteilungen.
       Laut dem Verdi-Aktivisten Daniel Gutiérrez, der bei der Organisierung der
       Beschäftigten mitwirkt, ist das Interesse groß. Viele hielten sich
       allerdings noch zurück. „Die Angst vor weiteren Kündigungen ist eine große
       Sache“, sagt Gutiérrez. Gerade gingen viele Gerüchte durch die Belegschaft,
       dass eine Beteiligung am Streik eine Entlassung nach sich ziehen könnte.
       
       Erst vor Kurzem kündigte das Unternehmen laut Verdi einer Mitarbeiterin aus
       einer anderen Abteilung, die sich besonders mit den Kolleg:innen aus der
       aufgelösten Abteilung solidarisiert hat. „Es ist schon sehr auffällig“,
       kommentiert Verhandlungsführerin Kathlen Eggerling. Die Beschäftigte
       fechtet die Kündigung vor dem Arbeitsgericht an. Tiktok selbst äußerte sich
       nicht zu den Vorwürfen und ließ eine taz-Anfrage bis Redaktionsschluss
       unbeantwortet.
       
       4 Sep 2025
       
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