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       # taz.de -- Ukraine-Gipfel bei Trump: Die Kunst des strategischen Schmeichelns
       
       > Wolodymyr Selenskyj und seine Verbündeten haben gelernt, wie man Trump
       > umgarnt. Ob es zu einem Treffen mit Putin kommen wird, ist trotzdem
       > unsicher.
       
   IMG Bild: Washington, 18. August: der ukrainische Präsident Selenskyi zu Besuch im Weißen Haus
       
       Gespräche hier, Luftalarm dort. Fast pünktlich auf die Minute, als die
       europäischen Politiker zu ihrem Treffen mit US-Präsident Trump und dem
       ukrainischen Präsidenten Selenskyj am Weißen Haus eintrafen, ertönten in
       der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw die Sirenen. Allein am Montag wurden nach
       ukrainischen Angaben zehn Menschen bei erneuten russischen Luftangriffen
       getötet. Damit zeigt Russlands Machthaber Putin der Welt, was er von
       Friedensgesprächen hält.
       
       Dementsprechend mit Vorsicht ist auch Trumps Verlautbarung nach dem Treffen
       und seinem Telefonat mit Putin im Anschluss zu lesen. Der US-Präsident
       schrieb auf Truth Social, er bereite ein Treffen zwischen Putin und
       Selenskyj vor, bevor es zu einem Dreier-Gipfel mit ihm kommen solle. Doch
       bislang hat sich lediglich Selenskyj öffentlich zu einem Gespräch bereit
       erklärt. Putin kommuniziert lieber mit Raketen.
       
       Dabei unterstreichen [1][die russischen Angriffe] die beiden
       Hauptforderungen, mit der die europäischen Politiker und Selenskyj nach
       Washington gekommen waren. So ist es gut, dass Frankreichs Präsident
       Emmanuel Macron und Bundeskanzler Friedrich Merz Trump klarmachten, dass
       die Waffen schweigen müssen: „Wir alle möchten einen Waffenstillstand
       sehen, spätestens ab dem nächsten Treffen. Ich kann mir nicht vorstellen,
       dass das nächste Treffen ohne Waffenstillstand stattfindet“, sagte Merz zu
       Trump. Nach Trumps Kumpelei mit Putin in Alaska hatte der US-Präsident
       nichts mehr davon wissen wollen.
       
       Auch wiederholten die Europäer gegenüber Trump mehrmals ihre zweite
       Hauptforderung: Einen eventuellen Friedensschluss kann es nur mit
       Sicherheitsgarantien für die Ukraine geben, entweder durch eine Art
       Beistandsklausel oder durch Soldaten aus Drittländern in der Ukraine. Hier
       äußerte sich Trump offen. Der US-Präsident sagte zwar, dass die Europäer
       die Hauptlast tragen würden, aber er sicherte seine Hilfe zu.
       
       ## Vance nur in der zweiten Reihe
       
       Nun weiß man um die Trump’schen Kapriolen, und was er heute sagt, kann
       morgen überholt sein. Und weil es eigentlich keine substanziellen
       Ergebnisse gibt, fällt auch das Urteil schwer, ob das Treffen im Weißen
       Haus denn ein Erfolg war oder nicht. Vielleicht sollte man die
       Zusammenkunft eher als eine Notwendigkeit betrachten, eine doppelte
       Korrektur, die nach diesen Maßstäben durchaus geglückt ist.
       
       Einerseits stärkte der [2][vereinte Auftritt im Weißen Haus] die Position
       der Ukraine, was nötig war, nachdem Putin Trump in Alaska umsäuselt hatte.
       Andererseits rehabilitierte das Treffen den ukrainischen Präsidenten
       Selenskyj in Washington, wo dieser vor einem halben Jahr noch von Trump und
       seinem Vize J.D. Vance vor laufenden Kameras gedemütigt worden war. So saß
       Vance diesmal wortwörtlich nur in der zweiten Reihe, während die
       Erwachsenen sich am Tisch unterhielten.
       
       Und das funktionierte. Selenskyj und seine Verbündeten [3][formulierten
       ihre Forderungen klar] gegenüber Trump, verpackten sie aber in allerlei Lob
       und Dank. Selenskyj trug sogar einen Anzug, scherzte darüber mit jenem
       rechten Journalisten, der ihn im Februar noch für sein Outfit angegangen
       hatte, und überreichte Trump einen Brief seiner Frau an die amerikanische
       First Lady.
       
       Der ukrainische Präsident und seine europäischen Partner haben also die
       Kunst des strategischen Schmeichelns gelernt. Denn sie wissen: Von dem
       großen Ego im vergoldeten Oval Office kann am Ende die Zukunft der Ukraine
       abhängen.
       
       19 Aug 2025
       
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