URI: 
       # taz.de -- Rohstoffexporte aus der DR Kongo: Dieser Zug endet hier
       
       > Die USA und Europa suchen einen besseren Zugang zu Kongos Kupfer- und
       > Kobaltvorkommen, mit einem ambitionierten Bahnprojekt. Was fehlt: die
       > Bahn.
       
   IMG Bild: Die Schienen des Lobito-Korridors hängen an manchen Stellen durch, sind an anderen gebrochen
       
       Kolwezi taz | Die Schienen sind nur noch ein paar Meter entfernt, doch die
       Frau im bunten Gewand guckt nur geradeaus. Kein Blick nach links, kein
       Blick nach rechts. Sie hebt müde ihren Fuß, tritt in das Gleisbett – und
       läuft weiter. So als gäbe es diese Schienen gar nicht. So als könne sie
       sicher sein, dass hier niemals ein Zug vorbei donnert. Mit ein paar
       Schritten Abstand folgen ihre Kinder. Zwei Mädchen und ein Junge. Auch sie
       schauen nicht, ob da was kommt. Dabei queren sie die vielleicht wichtigsten
       Bahngleise der Demokratischen Republik Kongo. In der Theorie zumindest.
       
       Die Schienen winden sich durch Kolwezi, eine Millionenstadt im Süden des
       zentralafrikanischen Landes. Einstöckige, schlecht verputzte Gemäuer mit
       Wellblechdächern erstrecken sich bis zum Horizont. Dazwischen sind
       rotbraune Hügelketten zu sehen, mit Kratern, die mitunter Hunderte Meter in
       die Tiefe reichen. Kolwezi ist das Zentrum des [1][kongolesischen Bergbaus]
       und damit einer der wichtigsten Orte im globalen Ringen um die Rohstoffe
       der Zukunft. Die USA und Europa wollen die Eisenbahn aus Kolwezi nutzen, um
       Kupfer und Kobalt gen Westen zu exportieren. Sie haben milliardenschwere
       Investitionen angekündigt.
       
       Am Bahnhof von Kolwezi scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Das
       Gelände, im Schatten eines Baumwalles, liegt mitten in der Stadt, aber der
       Vorplatz aus braunem Schotter ist menschenleer. Eine Dampflok steht herum,
       ein Deko-Objekt, das bald 100 Jahre alt sein dürfte. Am Hauptgebäude im
       Kolonialstil zeigt die Uhr 18.21, dabei ist es mitten am Tag. Im Vorzimmer
       des Direktors der [2][Nationalen Eisenbahngesellschaft (SNCC)] liegt ein
       Kalender mit einem Titelbild von Barack Obama, US-Präsident von 2009 bis
       2017.
       
       Louis Kakudji, raspelkurze Haare, markanter Bart an Oberlippe und Kinn,
       pocht darauf, dass von stehengebliebener Zeit überhaupt keine Rede sein
       kann. Der lokale Direktor der SNCC sitzt inmitten einer klobigen
       Sofalandschaft, die ungefähr die Hälfte seines ausladenden Büros füllt.
       „Wir arbeiten bereits an mehreren Stellen an der Strecke“, versichert er.
       Im Laufe der Woche könnte es sogar möglich sein, beim Verladen von Kupfer
       auf die Züge dabei zu sein, die schon gen Westen rollen. Es fehlten nur
       noch ein paar Genehmigungen, damit er dem Journalisten aus Deutschland den
       Fortschritt des Projekts zeigen könne. Genehmigungen von „höheren“ Stellen,
       hebt Kakudji hervor.
       
       Die Bahnstrecke, um die es geht, ist viel größer als der Abschnitt, der
       sich durch Kolwezi windet. Die Gleise sollen eines Tages eine effiziente
       Verbindung vom sogenannten Kupfergürtel Zentralafrikas in den mehr als
       1.000 Kilometer weiter westlich gelegenen Hafen Lobito in Angola bilden.
       Deshalb heißt das Projekt „[3][Lobito-Korridor]“. Statt in mehreren Wochen
       mit Lkws soll es mit dem Zug künftig in ein paar Tagen möglich sein,
       Rohstoffe aus Kolwezi an den Atlantik zu bringen. Eine zweite Trasse ist
       vom benachbarten Sambia aus geplant, wo es ebenfalls große
       Mineralienvorkommen gibt.
       
       Inmitten der Sofagarnitur in Kakudjis Büro liegt auf einem Beistelltisch
       ein Stapel Bücher. Auf den Umschlägen prangen Zeichnungen von alten
       Dampflokomotiven, die sich entlang der Küste und durch den Dschungel
       schleppen. „Die Schienen in Belgisch-Kongo“, heißt die Sammlung. In Band I
       geht es um die Zeit von 1890 bis 1920. In Band II um die Epoche bis 1945.
       Der Lobito-Korridor ist ein Projekt mit historischen Dimensionen. Es geht
       nicht darum, eine neue Bahnstrecke zu schaffen, sondern eine alte wieder
       aufblühen zu lassen.
       
       Die ersten Schienen in der Region wurden 1902 in Angola gelegt, zu der Zeit
       eine portugiesische Kolonie. Das Ziel war schon damals: Zugang zu den
       Bodenschätzen des damaligen Belgisch-Kongo. Portugal und Belgien waren zwei
       besonders brutale Kolonialmächte, die Extraktion von Rohstoffen ohne
       Rücksicht auf die Bevölkerung hatte Priorität.
       
       Im Jahr 1929 erreichten die Gleise die Grenze zu Kongo. Gegen Ende der
       Kolonialherrschaft in Angola, im Jahr 1973, wurden über die damals
       [4][Benguela-Bahn] genannte Trasse mehr als 3,3 Millionen Tonnen Ladung
       transportiert. 60 Prozent des Kupferexports aus Kongo und 45 Prozent aus
       Sambia – beides mittlerweile unabhängige Staaten.
       
       Nach Angolas Unabhängigkeit 1975 verfiel das Land in einen Bürgerkrieg, der
       fast drei Jahrzehnte dauern sollte. Die Bahnlinie verwahrloste. Am Ende
       waren nur noch drei Prozent nutzbar. Auf kongolesischer Seite verfiel die
       Infrastruktur unter Diktator Mobutu Sese Seko komplett, ab 1996 rutschte
       auch dieses Land in einen langen Krieg. Erst nach der Jahrtausendwende
       fanden beide Länder wieder einigermaßen zu Stabilität.
       
       Wer im Angesicht der globalen Klimakrise die Zukunft gestalten will,
       braucht Kupfer und Kobalt. Kupfer gilt wegen seiner hohen Leitfähigkeit als
       Schlüsselmetall der Energiewende – moderne Solarpaneele und Stromnetze sind
       ohne kaum denkbar. Kobalt wiederum ist ein unverzichtbarer Bestandteil
       wiederaufladbarer Batterien, rund acht Kilogramm stecken in einem
       [5][Elektroauto]. Außerdem ist es kritisch für Superlegierungen, die etwa
       im Flugzeug- und Waffenbau gebraucht werden.
       
       Von beiden Metallen verfügt die [6][DR Kongo über einige der größten
       Vorräte] der Welt. Beim Kupfer ist Kongo nach Chile das zweitgrößte
       Förderland der Welt, bei [7][Kobalt liefert Kongo vier Fünftel der globalen
       Fördermenge]. Und die Reserven in Kongos Südregion Katanga sind immens.
       
       ## „Das Gelb-Grünliche da, das ist Kupfer“
       
       In Kolwezi liegen diese milliardenschweren Schätze direkt unter der Erde.
       Auf einer dicht bewachsenen Anhöhe am Rande der Stadt steht Christian Ngoy
       vor einem schwarzen Loch. Dort will er hinein. Er schlüpft in eine
       neongelbe Weste. Sollte er verschüttet werden, wäre er darin leichter zu
       finden. Auch eine Wollmütze stülpt er sich über. Sie bietet Schutz vor
       Stößen und Kratzern. Darüber schnallt er eine pink-grüne Plastikstirnlampe.
       
       Ngoy steigt hinab. Die Wände sind feucht, und die Stufen, die er mit seinen
       Kameraden alle paar Meter in die Erde geschlagen hat, bieten gerade genug
       Platz für die Spitzen seiner Turnschuhe. Ngoy steigt etwa fünf Meter
       senkrecht in die Tiefe. So erreicht er einen ersten Quergang, die erste
       „Galerie“. Gebückt kriecht er hindurch, dann geht es tiefer hinab. Ungefähr
       zehn Meter runter in einem Schacht, der kaum einen Meter breit ist.
       
       Das Licht von Ngoys Stirnlampe schneidet grelle Keile in die Dunkelheit. An
       einigen Stellen glitzert das Gestein auf. „Das Gelb-Grünliche da, das ist
       Kupfer“, sagt er. „Und das Schwarze, das ist eine Mischung aus Kupfer und
       Kobalt.“ Ngoys Stimme klingt dumpf, die feuchte Erde schluckt den Schall.
       
       Ngoy ist ein Mineur Artisanal, ein freiberuflicher Kleinbergmann,
       „creuseur“ nennt man sie im Kongo, „Gräber“. In 45 Metern Tiefe erreicht er
       seinen Arbeitsplatz. Zusammen mit seinem Kameraden Sylvano Kayombo Josué
       macht er sich ans Werk. Mit einem Pickel schlägt Josué Gesteinsbrocken aus
       der Wand. Ngoy hält ihm einen offenen Plastiksack hin. Nach ein paar
       Minuten wechseln sie die Rollen. Ngoy atmet schwer, Schweiß rinnt ihm über
       die Stirn.
       
       An einem gewöhnlichen Tag verbringt er acht Stunden hier unten. In
       Lebensgefahr, da jederzeit ein Einsturz passieren kann. Doch das ist ihm
       lieber, als für die industriellen chinesischen Minenbetreiber zu arbeiten.
       „Die Arbeit in den chinesischen Minen grenzt an Sklaverei“, sagt Ngoy. Die
       Löhne seien so mies, dass es besser sei, sich auf eigene Faust mit
       Spitzhacke und Schaufel auf die Suche nach Erzen zu machen – egal, ob auf
       freiem Feld oder auf dem Territorium einer großen Mine. „Der
       Lobito-Korridor ist eine gewaltige Chance für uns“, sagt er. „Wir brauchen
       dringend mehr Wettbewerb im Bergbau-Sektor.“
       
       ## Freiberuflich, aber von China abhängig
       
       [8][Chinas Einfluss in Afrika wächst] seit Jahren. Nicht zuletzt wegen der
       [9][Belt and Road Initiative], einer globalen Infrastrukturinitiative, die
       auch als Neue Seidenstraße bekannt wurde. Seit den 2010er-Jahren dominiert
       China Kongos industriellen Bergbau. Rund um Kolwezi gibt es 16 industrielle
       Minen. Nur 2 sind in westlicher Hand, sie gehören dem Schweizer
       Rohstoffriesen [10][Glencore]. Der kongolesische Staat ist jeweils nur mit
       Minderheitenanteilen beteiligt. Chinesische Unternehmer kontrollieren auch
       die Ankaufstellen, zu denen Creuseure wie Ngoy ihre Ausbeute bringen
       müssen, wenn sie etwas verdienen wollen. Und diese Unternehmer sind
       praktisch die einzigen, die das Gerät haben, um den Wert von Erzen
       einzustufen. Das heißt: Chinesische Unternehmer diktieren letztlich auch
       die Preise für Freiberufler.
       
       Ngoy gräbt sich weiter durch die Erde. „Wir suchen vor allem Gestein mit
       hohem Kupferanteil“, sagt er und erklärt eine kuriose Begebenheit des
       chinesischen Monopols: Die Unternehmer in den chinesischen Ankaufstellen
       behaupteten, allein am Kupfer interessiert zu sein. „Weil Kupfer und Kobalt
       in der Natur aber meist zusammen vorkommen, bekommen sie das Kobalt umsonst
       dazu.“ Dabei ist das silbergraue Metall viel wertvoller. Eine Tonne Kupfer
       ist auf dem Weltmarkt rund 10.000 US-Dollar wert – eine Tonne Kobalt mehr
       als das Dreifache. Der Markt in Kongo ist verzerrt. Noch. „Der
       Lobito-Korridor könnte das chinesische Monopol brechen“, hofft Ngoy.
       
       Das Bahnprojekt ist ein bedeutsamer Teil des Konters des Westens gegen den
       weltweit wachsenden Einfluss Chinas. 2022 beschlossen die wichtigsten
       westlichen Industrienationen G7 die [11][Partnership for Global
       Infrastructure and Investment]. Sie versprachen bis 2027 bis zu 600
       Milliarden US-Dollar in Straßen, Schienen, Daten- und Stromnetze in
       sogenannten Entwicklungsländern zu investieren. Auch Bildung, Forschung und
       Landwirtschaft wollen sie vermehrt stärken. Führend dabei sind die USA. Die
       Europäische Union beteiligt sich im Rahmen der Initiative Global Gateway.
       
       Der Lobito-Korridor ist als ein Leuchtturmprojekt ausgewiesen. US-Präsident
       [12][Joe Biden reiste im Dezember 2024] kurz vor Ende seiner Amtszeit
       eigens nach Angola, um sich dort mit seinen angolanischen und
       kongolesischen Amtskollegen hinter das ambitionierte Bahnprojekt zu stellen
       und neue US-Gelder zuzusagen. Erhoffte Fertigstellung: am Ende dieses
       Jahrzehnts. Doch viel mehr als Hoffnung gibt es bisher nicht.
       
       ## „Der Direktor ist nicht da“
       
       Am Bahnhof von Kolwezi hallt das Prellen eines Basketballes durch die Luft.
       Ein Moment der Stille, dann das Scheppern des Ringes. Das Feld, auf dem ein
       paar Jugendliche spielen, liegt am Rande des Bahnhofsgeländes. Die
       Geräusche der jungen Menschen sind an diesem Nachmittag die einzigen, die
       zu hören sind. Wieder fährt kein Zug.
       
       Louis Kakudji, der SNCC-Direktor, hat erneut zum Gespräch geladen. In
       seinem Vorzimmer sitzt ein alter Mann mit einer schwarzen Ray Ban. „Tut mir
       leid“, sagt er. „Der Direktor ist nicht da.“ Wieder einmal. Seit Tagen
       schlägt Kakudji Termine vor, spricht von möglichen Ausflügen zu Baustellen
       oder zur Verladung von Kupfer auf die Züge. Doch dann ist er nicht da,
       reagiert nicht mehr auf Anrufe und Nachrichten. Ghosting. Mittlerweile ist
       offensichtlich: Kakudji drückt sich davor, dem Journalisten aus Deutschland
       den Zustand der Schienen im Kongo zu zeigen. Aus gutem Grund. Die vielen
       großen Worte über den Lobito-Korridor wirken extrem weit weg von der
       Realität.
       
       Im Bahnhof Kolwezi verlaufen gut ein Dutzend Gleise. Ihr Zustand:
       erträglich. Doch auf dem Weg nach Westen, Richtung Angola, werden verbogene
       Schienen und gebrochene Schwellen zur Regel. Schon nach ein paar hundert
       Metern ist nur noch ein einziges Gleis übrig. Es gab darauf bisher nur
       vereinzelte Transporte von Kupfer aus Kolwezi nach Westen, Testfahrten mit
       ein paar Tausend Tonnen. In Richtung Osten, wo die Minen liegen, sieht es
       kaum besser aus. Geschweige denn in den Minen selbst. In einer haben
       Creuseure den Boden unter den Gleisen herausgegraben – in der Hoffnung,
       auch dort auf Kupfer zu stoßen. Wie bei einer Achterbahn hängen die
       Schienen samt Schwellen in der Luft.
       
       Auf der Schotterpiste daneben donnern unterdessen Lastwagen vorbei, wirbeln
       im Minutentakt Staubwolken in die Luft. Auf den Kühlergrills der Fahrzeuge
       prangen die Logos von CNHTC, dem größten chinesischen Lkw-Hersteller. Von
       einem gebrochenen Monopol kann noch lange keine Rede sein. Zumal China
       längst dabei ist, selbst eine effizientere Verbindung ans Meer aufzubauen –
       nicht zum Atlantik, sondern in die andere Richtung, zum Indischen Ozean.
       Die Regierung treibt die Erneuerung der historischen Tazara-Bahn voran, die
       von Sambia nach Tansania ans Meer führt, und will auch Kongo daran
       anschließen. Die Zeit drängt.
       
       2023 erteilte Angola der Lobito Atlantic Railway Company eine 30 Jahre lang
       gültige Konzession für die Linie. Hinter dem Joint Venture stehen drei
       europäische Unternehmen: das portugiesische Bauunternehmen Mota-Engil, der
       niederländische Schienennetzbetreiber Vecturis und der niederländische
       Rohstoffhändler Trafigura. Sie sicherten für die Konzession zu, 455
       Millionen US-Dollar in Angola und weitere 100 Millionen im Kongo zu
       investieren. Mit diesem privatwirtschaftlichen Engagement gingen die
       Ankündigungen der USA und der EU einher, das Vorhaben finanziell weiter zu
       unterstützen.
       
       In Angola ist die Erneuerung der Strecke weitgehend abgeschlossen. Im Kongo
       dagegen pocht die Regierung darauf, dass der staatliche Eisenbahnbetrieb
       SNCC den Ausbau der Strecke voranbringt, nicht irgendein europäisches
       Unternehmen. Das Problem beim kongolesischen Alleingang ist nur: Die SNCC
       ist nicht dafür bekannt, die Aufgaben, die ihr übertragen werden, zu
       erledigen – und das gilt für viele staatliche Stellen in der DR Kongo.
       
       Theoretisch gibt es für Kongos Haltung gute Gründe. Die NGOs Eurodad,
       Counter Balance und Oxfam haben sich Projekte des Global-Gateway-Programms
       der EU angeschaut. In ihrer Studie ist von „Neokolonialismus“ die Rede. „Es
       ist offensichtlich, dass die strategischen Partnerschaften von Global
       Gateway die geopolitischen und kommerziellen Interessen der EU-Investoren
       in den Vordergrund stellen“, heißt es da. Und in vielen Projekten stammen
       die Investoren ausgerechnet aus den früheren Kolonialmächten – siehe
       Angola.
       
       Die EU ist bei ihrem Lobito-Vorstoß bemüht, den Eindruck von Ausbeutung zu
       zerstreuen. [13][Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen] beschrieb den
       Korridor im Juni gar als Paradebeispiel dafür, wie Europas
       Infrastrukturinitiativen nicht nur dem Westen, sondern vor allem Afrika
       nützen würden. „Der Korridor ist so viel mehr als nur eine
       Eisenbahnverbindung zu Bergbauregionen“, sagte sie und versprach „positive
       Spillover-Effekte“ in den lokalen Wirtschaften.
       
       ## Korruption und mangelnde Meinungsfreiheit
       
       Aber die kommen nicht von allein. In einem winzigen Büro in Kolwezi, in das
       kaum drei Stühle passen, sitzt Sylvain Kantolomba hinter seinem
       Schreibtisch eingekeilt in der Ecke. „Wir haben hier eine lokale
       Wirtschaft, die komplett von der Bahnstrecke abhängig ist“, sagt der
       Universitätsprofessor mit dem Schwerpunkt Öffentliche Verwaltung. Rund um
       Kolwezi gibt es schließlich nicht nur Minen, sondern auch weitläufige
       landwirtschaftliche Flächen. Die SNCC habe in den vergangenen Jahren aber
       so gut wie nichts gemacht, um das Eisenbahnnetz zu pflegen. „Auf dem
       verfügbaren Gleis kann derzeit mit höchstens 20 Kilometern pro Stunde
       gefahren werden“, sagt Kantolomba. „Absolute Vernachlässigung.“
       
       Sylvain Kantolomba hält sich mit allzu scharfer Kritik zurück. Um die
       Meinungsfreiheit im Kongo ist es nicht gut bestellt. Er sagt: „Alles hängt
       von der Haltung der Institutionen in der Demokratischen Republik Kongo ab.“
       Darauf warten Menschen wie Christian Ngoy nicht. Sein Vertrauen in die
       staatlichen Institutionen ist gering, denn um die Bedürfnisse einfacher
       Menschen geht es im Kongo selten. Es seien ja nicht nur die Chinesen, die
       Arbeiter im Bergbau ausbeuten, sagt er. Ngoy kämpft seit Jahren mit der
       Gewerkschaft Atram für die Rechte seiner Kameraden. „Unsere Institutionen
       stecken mit drin,“ erläutert er: Kongo zählt zu den korruptesten Staaten
       der Welt. Und dort, wo es viel Geld zu holen gibt, ist die Korruption meist
       besonders schlimm.
       
       In den Minen der Kleinbergleute gibt es sogenannte Managementkomitees,
       Scharniere zwischen den Creuseuren und staatlichen Stellen. „Die kassieren
       jedes Mal mit, wenn wir Erze verkaufen“, sagt Ngoy. „Das ist eine Mafia.“
       Die Leute, fügt er hinzu, ließen sich das nicht mehr gefallen. Ein paar
       Tage später kommt es in der Mine zu einem Aufstand. Steine fliegen. Die
       Kleinbergleute setzen kurzerhand ihr Managementkomitee ab und jagen es vom
       Gelände. Gerät die SNCC als nächstes unter Druck?
       
       Endlich meldet sich dann doch Louis Kakudji, der SNCC-Direktor, nach zehn
       Tagen voller geplatzter Termine und unbeantworteter Anrufe. Auf Umwegen.
       Über einen Mittelsmann lässt er ausrichten, dass er Angst habe. „Sobald ich
       etwas sage, werde ich für alles verantwortlich gemacht.“ Ein tiefer
       Einblick in die kafkaesken Strukturen in Kongos Staat. Obwohl längst eine
       Genehmigung aus der Hauptstadt Kinshasa und dem SNCC-Büro aus der Metropole
       Lubumbashi vorliegt, wagt Kakudji es nicht, einem Journalisten den wahren
       Zustand der Bahn rund um Kolwezi zu zeigen. Denn, so die [14][Erfahrung in
       der DR Kongo]: Nicht diejenigen werden zur Rechenschaft gezogen, die
       tatsächlich Verantwortung tragen, sondern die, die Probleme öffentlich
       machen. Beim Lobito-Korridor ist Kongos Staat sein eigener ärgster Feind.
       
       22 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.gtai.de/de/trade/kongo-demokratische-republik/specials/rohstoffe-1075390
   DIR [2] https://www.snccsa.com/
   DIR [3] /US-Praesident-in-Angola/!6054836
   DIR [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Benguelabahn
   DIR [5] /Guenstiger-und-umweltfreundlicher/!6089514
   DIR [6] /Kobaltabbau-in-der-DR-Kongo/!6016790
   DIR [7] /Vier-Monate-Ausfuhrverbot/!6068618
   DIR [8] /Investitionen-in-afrikanische-Staaten/!6035278
   DIR [9] https://en.wikipedia.org/wiki/Belt_and_Road_Initiative
   DIR [10] https://www.glencore.com/
   DIR [11] https://en.wikipedia.org/wiki/Partnership_for_Global_Infrastructure_and_Investment
   DIR [12] /US-Praesident-in-Angola/!6054836
   DIR [13] /FAQ-zum-Deal-zwischen-Trump-und-der-EU/!6101597
   DIR [14] /Schwerpunkt-Demokratische-Republik-Kongo/!t5007877
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Issio Ehrich
       
       ## TAGS
       
   DIR Kupfermine
   DIR Kobalt
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
   DIR Bergbau
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR GNS
   DIR Social-Auswahl
   DIR Recherchefonds Ausland
   DIR Investitionen
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
   DIR Umwelt
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
   DIR Angola
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Entwicklungsprogramm der EU: Europas Seidenstraße
       
       Brüssel feiert Investitionsbereitschaft beim Global Gateway Forum. Wie viel
       Geld geflossen ist, bleibt unklar. NGOs kritisieren fehlende Transparenz.
       
   DIR Landkonflikt im Westen der DR Kongo: Kongos anderer Krieg
       
       Ein Konflikt vor den Toren der Hauptstadt Kinshasa verwüstet Kongos
       potenzielle Kornkammer. Der Staat vernachlässigt Frieden mit den
       Mobondo-Milizen.
       
   DIR Dammbruch in Sambia: Doch mehr Arsen und Zyanid im Flusswasser
       
       Bei einem Minenunfall im Februar gelangen Millionen Tonnen giftigen
       Schlamms in die Umwelt. Hat die chinesische Bergbaufirma das Ausmaß
       vertuscht?
       
   DIR Bergbaugeschäfte in der DR Kongo: Das Lithium-Phantom
       
       Viele verdienen am Lithium von Manono, ohne dass gefördert wird – jetzt
       wollen die USA einsteigen. Eine Recherche über Profiteure in der DR Kongo.
       
   DIR Bergbau in der DR Kongo: Plündern im Namen des Präsidenten
       
       Angehörige der Präsidentenfamilie sollen sich systematisch an Kongos
       Kupfer- und Kobaltbergbau bereichern. Eine Klage in Belgien ist in
       Vorbereitung.
       
   DIR US-Präsident in Angola: Wettlauf um Afrikas Rohstoffe
       
       Zum Höhepunkt seiner Afrikareise besucht Joe Biden Angola. Mit dem
       Infrastrukturprojekt „Lobito Corridor“ will der Westen China Konkurrenz
       machen.