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       # taz.de -- Landkonflikt in Sambia: Wenn der Radfahrer stört
       
       > Der Angriff auf einen Radrennfahrer in Sambia entfacht einen uralten
       > ethnischen Landkonflikt neu. Ein Kulturfestival wird zur Zielscheibe von
       > Gewalt.
       
   IMG Bild: Traditionelle Luvale-Maskentänzer auf dem Festival Likumbi Kya Mize, eines der bekanntesten Kulturereignisse Sambias
       
       Lusaka taz | In Sambia hat ein alter ethnischer Konflikt erneut sein
       hässliches Gesicht gezeigt. Zivilisten wurden von Querschlägern getroffen,
       Häuser gingen in Flammen auf, ebenso Autos, darunter auch Polizeifahrzeuge.
       Der Schauplatz: Sambias dünnbesiedelte Nordwestprovinz an der Grenze zu
       Angola.
       
       Die Gewaltausbrüche erfolgten am Sonntag, als Angehörige der Volksgruppe
       der [1][Luvale] sich versammelt hatten, um den berühmten Radrennfahrer
       James Falanga, genannt „[2][One Yeye]“, in Zambezi willkommen zu heißen. Er
       nahm dort am traditionellen [3][Luvale-Kulturfestival „Likumbi Lya Mize“]
       teil, das am Sonntag begann und noch die ganze Woche läuft.
       
       Männer der größeren Volksgruppe der [4][Lunda] überfielen die
       Willkommenszeremonie und zündeten ein Motorrad des Konvois von James
       Falanga an.
       
       Likumbi Lya Mize ist seit langem ein Streitpunkt zwischen den beiden
       Volksgruppen, da Lunda sagen, es fände widerrechtlich auf ihrem Land statt.
       
       ## Mit Pfeil und Bogen gegen Polizeischüsse
       
       Die Polizei von Zambezi versuchte am Sonntag, der Gewalt ein Ende zu
       setzen, traf aber auf Widerstand seitens der Lunda. Eine regelrechte
       Straßenschlacht entwickelte sich: Lunda-Jugendliche gingen mit Steinen,
       Macheten sowie Pfeil und Bogen gegen die Polizei mit ihren Feuerwaffen vor.
       Außerdem wurden fünf Häuser im Besitz von Luvale angezündet.
       
       Der 20-jährige Sohn eines lokalen Lunda-Gemeinschaftsführers wurde
       daraufhin von einer Kugel in den Bauch getroffen, angeblich ein
       Querschläger. Er wurde mit starken Blutungen ins Distriktkrankenhaus
       gebracht und danach ins Missionskrankenhaus Chitokoloki. Die Polizei
       beschlagnahmte über 30 Speere und Bogen.
       
       Am Montag ging es weiter. Lunda griffen am Abend die traditionelle
       Luvale-Initiationsprozession „Mukanda“ an, die Jungs bei Erreichen der
       Pubertät als vollwertig in die Gemeinschaft aufnimmt. Die Polizei musste
       paramilitärische Verstärkung anfordern, um die Ruhe wiederherzustellen. 89
       Männer, 20 Frauen, vier Mädchen und zwei Jungen wurden festgenommen. Ein
       29-Jähriger wurde mit einem Gummigeschoss an der Wange verletzt.
       
       Sambias Polizeisprecher Rae Hamoonga macht die Lunda für die Gewalt
       verantwortlich. Es bestehe der verdacht, dass gewisse Lunda seit Langem
       geplant hätten, das Festival „Likumbi Lya Mize“ zu stören, sagte er. „Die
       Polizei zusammen mit anderen Sicherheitsorganen bleibt in Zambezi präsent,
       um Recht, Ordnung und die Sicherheit aller Bürger zu gewährleisten“, sagte
       er.
       
       ## Konflikt mit jahrhundertealten Wurzeln
       
       Die Volksgruppe der Lunda ist historisch eine der größten Zentralafrikas,
       mit einem mächtigen vorkolonialen Königreich auf dem Gebiet von Katanga in
       der heutigen Demokratischen Republik Kongo. Lunda sowie das kleinere Volk
       der Luvale sind außerdem auch in Angola beheimatet.
       
       Der Konflikt zwischen den Volksgruppen geht unter anderem auf den
       Sklavenhandel zurück, bei dem im 19. Jahrhundert Lunda, die sich auf
       Luvale-Land niedergelassen hatten, gekidnappt und an angolanische
       Mittelsmänner verkauft worden sein sollen, zum Weiterverkauf an die
       Portugiesen in Angola.
       
       In der nachfolgenden britischen Kolonialherrschaft im heutigen Sambia, das
       damals Nord-Rhodesien hieß, entwickelten sich aus dieser alten Feindschaft
       Landstreitereien.
       
       Schon damals wurde über die Region der Ausnahmezustand verhängt. Die
       umstrittene koloniale Entscheidung, wonach der Zambezi-Fluss in dieser
       Region die Grenze zwischen den Hoheitsgebieten der beiden Volksgruppen
       bildet, wurde erst 2010 von Sambias Justiz [5][erneut bestätigt].
       
       Seit Sambias Unabhängigkeit 1964 ist es keiner Regierung gelungen, den
       Konflikt zu lösen – auch nicht der amtierenden Regierung von Präsident
       Hakainde Hichilema.
       
       19 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://en.wikipedia.org/wiki/Luvale_people
   DIR [2] https://www.youtube.com/channel/UCB2D_QUNutJ9U3HazC-L85g/about
   DIR [3] https://www.kingsfari.com/blog-posts/discover-the-likumbi-lya-mize-ceremony-a-cultural-celebration-in-zambia
   DIR [4] https://en.wikipedia.org/wiki/Lunda_people
   DIR [5] https://www.facebook.com/Mutena.Hikulembalemba/posts/civic-education-cornertimeline-of-the-lundaluvale-boundary-judgments%EF%B8%8F-timeline-o/791038460104531/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Arnold Mulenga
       
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