# taz.de -- SPD Sachsen-Anhalt wählt Kandidaten: Mit dem Professor über 7 Prozent
> Der SPD Sachsen-Anhalt steht ein harter Landtagswahlkampf bevor. Ihr
> Spitzenkandidat Armin Willingmann soll ein Gegenentwurf zur Spaltung
> sein.
IMG Bild: Armin Willingmann (r) auf dem Landesparteitag der SPD Sachsen-Anhalt mit SPD-Chef Lars Klingbeil
Quedlinburg taz | Bevor die Wahlkommission die Stimmzettel verteilt, stellt
Bernhard Sterz noch eine wichtige Frage – und kann sich dabei einen kurzen
Lacher nicht verkneifen. Der Sozialdemokrat leitet an diesem
Samstagvormittag in Quedlinburg den Parteitag der SPD Sachsen-Anhalt. In
genau einem Jahr ist Landtagswahl. Sterz fragt: „Wir wählen einen
Spitzenkandidaten: Gibt es weitere Kandidaturen?“
Auch im Saal: kurzes Gekicher. Dabei steckt der Landesverband in einer
heftigen Krise. Laut einer [1][aktuellen Umfrage liegt die SPD
Sachsen-Anhalt] bei 7 Prozent. Dabei war das Ergebnis der letzten
Landtagswahl 2021 schon desaströs: 8,4 Prozent. Der Wahlkampf wird hart.
Mehr als hundert Genoss:innen sind zum Landesparteitag gekommen. Auf der
Tagesordnung steht eigentlich nur ein einziger Punkt: die Wahl des
Spitzenkandidaten. Auf den Wahlzetteln steht nur ein einziger Name: Armin
Willingmann – Ja, Nein, Enthaltung.
Die Zettel sind bereits gedruckt, als Sitzungsleiter Sterz seine Frage
stellt: weitere Kandidaturen? „Das ist nicht der Fall“, stellt Sterz fest.
Was ihren Kandidaten angeht, ist sich die SPD in Sachsen-Anhalt einig.
## Verhaltener Applaus für Vize-Kanzler Klingbeil
Der 62-jährige Professor für Wirtschaftsrecht Armin Willigmann regiert
zurzeit als Minister für Wissenschaft und Umwelt in Sachsen-Anhalt im
Kabinett von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Um Willingmanns
Kandidatur zu unterstützen, kommt am Samstag [2][Lars Klingbeil,
Bundesvorsitzender der SPD und Vize-Bundeskanzler], ins kleine Quedlinburg.
Als er um Punkt 11 Uhr die Bühne betritt, gibt es nur kurzen Applaus.
Eine halbe Stunde später stellt sich dann Willingmann ans Pult und scherzt,
er fühle sich wie im Hörsaal. Seine „Vorlesung“, wie er sie nennt, geht
etwa 40 Minuten und zeigt, wie sich Willingmann von den Spitzenkandidaten
der CDU und der AfD unterscheidet.
Schon im Mai hat die extrem rechte AfD Ulrich Siegmund aufgestellt.
Besonders erfolgreich ist der 34-jährige Landtagsabgeordnete auf Tiktok,
erreicht mit Selfie-Videos auch mal mehrere hunderttausend Klicks. Er hofft
auf eine [3][Alleinregierung der AfD] in Sachsen-Anhalt. Dann möchte er
eine „Abschiebeoffensive“ beginnen.
CDU-Kandidat Sven Schulze ist wie Willingmann schon in der Landesregierung
– Schulze ist seit 2021 Wirtschaftsminister. Als im [4][August seine
Spitzenkandidatur bekannt gegeben] wurde, sagte Schulze, er wolle Haseloffs
Linie eins zu eins weiter führen.
## Ruhig, pragmatisch, kompromissbereit
Beim SPD-Parteitag erzählt Willingmann am Pult, er wolle Verantwortung für
Sachsen-Anhalt übernehmen. Er kritisiert CDU-Entscheidungen,
FDP-Positionen, Linken-Vorstöße und fordert vom Genossen Lars Klingbeil,
die Stromsteuer zu senken. Das sei schließlich ein Wahlversprechen gewesen.
„Dass die Senkung unterblieben ist, ist ein Ärgernis“, sagt Willingmann.
Seine Rede schmückt er hier und da mit Worten, die ansonsten bei Goethe zu
finden sind. Der Professor eben. Ruhig, pragmatisch, auf den Kompromiss
vorbereitet. Ist das in Zeiten von Social Media und Stammtischparolen eine
Stärke?
Wer bei den SPD-Genoss:innen auf dem Parteitag herumfragt, hört Zustimmung
für diesen Kurs. Vom Spalten hätten die Menschen genug, Willingmann biete
einen Gegenentwurf dazu, heißt es. Seine väterliche Art erinnere an den
beliebten Haseloff.
Vom möglichen Ministerpräsidenten Willingmann spricht niemand. Bei 7
Prozent in den Umfragen wäre das anmaßend, sagt ein SPD-Mitglied im
Gespräch mit der taz. Willingmann selbst sagt der taz nach seiner Rede:
„Wir werden im Wahlkampf sehr deutlich machen, wo wir Schwerpunkte setzen
und das in etwaigen Verhandlungen für eine Regierungsbildung einbringen.“
Von den 98 anwesenden Delegierten wählen am Ende des Parteitags 97 Armin
Willingmann. Dazu gibt es eine Enthaltung. Also einig ist die SPD in
Sachsen-Anhalt immerhin. Jetzt müssten nur auch die Umfragen wieder für
mehr Heiterkeit sorgen.
7 Sep 2025
## LINKS
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## AUTOREN
DIR David Muschenich
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