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       # taz.de -- Non-binäre Künstler:in bei Emmy-Awards: Kategorien spielen immer noch eine Rolle
       
       > Bei den diesjährigen Emmys ist „The Last of US“-Star Bella Ramsey als
       > „Beste Schauspielerin“ nominiert. Wo bleibt der Platz für nicht-binäre
       > Menschen?
       
   IMG Bild: Selbst die Statue war mal nonbinär: In den 1950ern hieß sie noch „Immy“, nach einer Kamera
       
       Wenn in der Nacht von Sonntag auf Montag die 77. Emmy Awards, der
       bedeutendste Fernsehpreis der USA, verliehen werden, kann sich vielleicht
       auch Bella Ramsey freuen. Ramsey ist für die Darstellung der Ellie [1][in
       der zweiten Staffel der Erfolgsserie „The Last Of Us“ nominiert,] und zwar
       in der Kategorie „Outstanding Lead Actress in a Drama Series“ – also „Beste
       Hauptdarstellerin in einer Dramaserie“.
       
       Und da wird es kompliziert. Denn viele Preise unterscheiden zwischen dem
       besten Schauspieler/Musiker und der besten Schauspielerin/Musikerin. In
       welche der Kategorien fallen nicht-binäre Personen wie Ramsey?
       
       Während es einerseits logisch erscheint, diese Binarität aufzulösen (warum
       nicht einfach die „Outstanding Performance in a Drama Series“
       auszeichnen?), bringt dies neue Probleme mit sich. Erfahrungsgemäß werden
       Sängerinnen und Schauspielerinnen weniger beachtet als ihre männlichen
       Gegenparts.
       
       Ein Extrembeispiel ist die Kategorie „Beste Regie“ bei den Oscars, die seit
       jeher nicht gegendert ist: [2][Von den bisher 486 Nominierten waren nur
       zehn Frauen, das entspricht gerade einmal 2 Prozent.] Bei anderen Preisen
       und Genres ist diese Diskrepanz zum Glück nicht so groß; trotzdem sieht man
       auch da in den Nominiertenlisten, dass Frauen statistisch das Nachsehen
       haben.
       
       ## Sam Smith gegen gegenderte Kategorien
       
       Neu ist die Frage um gegenderte Kategorien nicht. Mehrere nicht-binäre
       Artists [3][wie Musiker*in Sam Smith], Asia Kate Dillon („Billions“),
       Broadway-Star Justin David Sullivan und Liv Hewson („Yellowjackets“) haben
       sich im Laufe der Jahre dazu geäußert, Nominierungen verweigert und/oder
       dazu aufgerufen, die Geschlechtertrennung aufzuheben.
       
       Bella Ramsey als nicht-binäre Person hat sich dazu entschieden, als
       Darstellerin nominiert zu werden. Bereits bei deren ersten Nominierung vor
       zwei Jahren sagte Ramsey, dey würde sich „unbehaglich“ damit fühlen:
       [4][„Ich möchte nicht, dass die sprachlichen Einschränkungen in den
       Kategorien dazu führen, dass nicht-binäre Schauspieler*innen wie ich
       nicht gewürdigt werden können.“]
       
       Einige wichtige Preise haben die Trennung zwischen weiblichen und
       männlichen Künstler*innen aufgelöst, wie die Grammys bereits im Jahr
       2012 oder die Brit Awards 2022. Auch kleinere, wie die australischen Aria
       Awards oder der Filmpreis Gotham Awards folgten 2021 der Aufforderung.
       
       Was also ist der beste Weg in die Zukunft? Werden gegenderte Kategorien
       zusammengelegt, würden ja mitunter weniger Preise vergeben. Es bräuchte im
       Gegenzug auf jeden Fall neue Kategorien. So haben es die Brit Awards
       gelöst, die 2022 unter anderem „Dance-“, „Rock-“ und „Hip-Hop Act“ sowie
       „Songwriter of the Year“ erstmals oder wieder einführten.
       
       ## Künstlerische Wertschätzung
       
       Direkte Quoten für mehr Parität einzusetzen wäre teilweise zu umständlich,
       weil Nominierungskriterien komplex sind (für die Brit Awards beispielsweise
       benötigt man eine entsprechende Chartplatzierung). Eine Auflösung der
       binären Kategorien könnte zudem zähe Debatten über künstlerische
       Wertschätzung aufwerfen.
       
       Wichtiger ist also, dass Jurys die Vielfalt der Gesellschaft abbilden und
       nicht primär männlich besetzt sind. Außerdem braucht es bessere Strukturen,
       um für mehr Diversität hinter den Kulissen zu sorgen, da weibliche und
       nicht-binäre Artists gerade zu Beginn ihrer Karriere die größten Hürden
       haben. Ob sie für prestigeträchtige Awards nominiert werden oder nicht,
       steht eher am Ende der Arbeit.
       
       Zugegeben, es gibt keine optimale Lösung. Wichtig ist, dass die Meinungen
       und Gefühle von nicht-binären Artists wie Ramsey und Smith Gehör finden,
       damit Räume für Diskussionen entstehen, und dass man sich über die
       einschränkende Binarität einiger Kategorien und Preise bewusst ist. Gerade
       im aktuellen gesellschaftlichen Klima. Zugleich kann das aber nur der erste
       Schritt auf einem langen Weg sein, dessen Ende wir noch nicht kennen.
       
       10 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neue-Staffel-von-The-Last-of-Us/!6078938
   DIR [2] https://www.inclusionlist.org/oscars/director
   DIR [3] /Outing-als-nicht-binaere-Person/!5910766
   DIR [4] https://www.vanityfair.com/hollywood/2023/05/awards-insider-non-binary-gender-awards-debate-feature
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Isabella Caldart
       
       ## TAGS
       
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