# taz.de -- EU-Gericht entscheidet gegen Österreich: AKWs bleiben „nachhaltig“
> Österreich scheitert beim EU-Gericht mit einer Klage gegen die Einstufung
> von Atomkraft als nachhaltig. Für Umweltschützer ist das Greenwashing.
IMG Bild: Das Kernkraftwerk Zwentendorf in Österreich ging nie in Betrieb – nachhaltig statt Greenwashing
Freiburg taz | Die EU-Kommission durfte AKWs und Erdgaskraftwerke als
„ökologisch nachhaltig“ einstufen. Das entschied an diesem Mittwoch das
Gericht der Europäischen Union (EuG) und lehnte eine Klage Österreichs ab.
Die EU will bis 2050 klimaneutral werden. Damit das erforderliche private
Kapital in die richtigen, das heißt ökologisch nachhaltigen Kanäle fließt,
gibt die EU vor, welche [1][Investitionen als „nachhaltig“ beworben] werden
dürfen.
Die zugrundeliegende [2][Taxonomie-Verordnung stammt von 2020] und enthielt
vor allem abstrakte Vorgaben. Ausdrücklich ausgenommen wurden nur
Investitionen in Energieerzeugung aus festen fossilen Brennstoffen wie
Kohle. Konkretere Vorgaben machte eine „delegierte Verordnung“ der
EU-Kommission vom März 2022.
Danach gelten auch Investitionen in Atom- und Gaskraftwerke als nachhaltig.
Denn hierbei handele es sich um wichtige Übergangstechnologien zu einer
Energieversorgung, die vor allem auf erneuerbaren Energien beruht.
## Zu „weiter Spielraum“
Österreich klagte beim EuG gegen die Einstufung von Atom- und
Gaskraftwerken als nachhaltig. Dafür hatte die damalige
[3][Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne)] gesorgt. Unterstützt
wurde Österreich dabei nur von Luxemburg. Dagegen wurde die EU-Kommission
von neun Staaten ausdrücklich unterstützt, unter anderem von Frankreich,
Finnland und Polen.
Eine mit 15 Richtern besetzte große Kammer lehnte die österreichische Klage
nun in einem 111-seitigen Urteil ab. Die delegierte Verordnung der
Kommission habe nicht gegen die zugrundeliegende [4][Taxonomie-Verordnung
oder anderes EU-Recht] verstoßen. In der Taxonomie-Verordnung seien Atom-
und Gaskraftwerke nicht ausdrücklich ausgenommen worden.
Das Gericht betonte immer wieder den „weiten Spielraum“ der EU-Kommission
bei der Umsetzung der Taxonomie-Verordnung. So machte Österreich zum
Beispiel geltend, dass die Finanzierung von AKW den Ausbau von erneuerbaren
Energien behindere, weil Finanzmittel dann dort fehlen. Dagegen ging die
EU-Kommission davon aus, dass [5][AKWs, die die Grundlastversorgung
sichern], den Ausbau von erneuerbaren Energien sogar erleichtern. Laut EuG
ist das jedenfalls „kein offensichtlicher Beurteilungsfehler“.
Außerdem entschied das EuG, dass Atomkraftrisiken aus dem Uranabbau oder
dem Brennelementetransport von der EU-Kommission zurecht nicht
berücksichtigt wurden. Die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle durfte als
beherrschbar angesehen werden.
## Schrittweise zur Klimaneutralität
Gaskraftwerke durften laut EuG als nachhaltige Übergangstechnologie
eingestuft werden, weil auch sie der Versorgungssicherheit dienen und ein
schrittweises Vorgehen hin zur Klimaneutralität ermöglichen.
Österreich könnte gegen das EuG-Urteil noch Rechtsmittel zum übergeordneten
Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen. Allerdings gehören die Grünen
seit November 2024 nicht mehr der Wiener Bundesregierung an, die derzeit
aus ÖVP, SPÖ und Neos besteht. Der aktuelle [6][Klimaschutzminister Norbert
Totschnig (ÖVP)] will das Urteil zunächst prüfen.
Beim EuG sind noch zwei ähnliche Klagen von Greenpeace und Client Earth
anhängig. Nach der eindeutigen Ablehnung der österreichischen Klage ist mit
einem Erfolg der Umweltverbände aber kaum zu rechnen. „Mit dieser
Entscheidung legitimiert das Europäische Gericht Greenwashing im
Finanzsektor und [7][untergräbt die europäischen Klimaziele]“, kritisierte
Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser das aktuelle Urteil. (Az.: T-625/22)
10 Sep 2025
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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