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       # taz.de -- Unterbringung von Geflüchteten: Grüne haben einen Plan
       
       > Der Senat agiert kopflos bei der Unterbringung von Geflüchteten,
       > kritisieren die Grünen. Sie fordern mehr Kooperation und Anreize für
       > Anwohner.
       
   IMG Bild: Die Notunterkunft am Ex-Flughafen Tegel soll geschlossen werden. Aber wohin mit den Flüchtlingen, die dort leben?
       
       Berlin taz | Die Berliner Grünen haben am Montag einen 5-Punkte-Plan zur
       dezentralen Unterbringung und Integration von Geflüchteten vorgelegt. Der
       schwarz-rote Senat „beschränkt sich weitgehend auf das Organisieren von
       Notunterkünften“, sagte die Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch. Dabei
       gäbe es gute Ansätze, wie dezentral in den Stadtteilen mehr
       Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden könnten, so der
       flüchtlingspolitische Sprecher der Fraktion, Jian Omar, auf taz-Nachfrage.
       „Aber dazu braucht es den Willen der Politik.“ Der sei vor allem bei der
       CDU offensichtlich nicht vorhanden.
       
       Konkret fordern die Grünen etwa die Einrichtung einer interdisziplinären
       Senatskommission, in der – analog zur Wohnungsbaukommission – alle
       relevanten Verwaltungen sowie die Bezirke vertreten sind. „Die Kooperation
       zwischen Senat und Bezirken oder auch zwischen den Senatsverwaltungen
       funktioniert oft schlecht“, so Omar. [1][Viele Projekte für neue
       Unterkünfte scheiterten daran oder zögen sich in die Länge]. Als Beispiel
       nannte er das seit Jahren leer stehende Parkhaus in der Triftstraße
       (Wedding), um dessen Nutzung als Standort für ein Flüchtlingsheim es schon
       länger Streit zwischen Wissenschafts- und Integrationsverwaltung sowie dem
       Bezirk Mitte gibt.
       
       Im 5-Punkte-Plan heißt es, die Senatskommission solle „gemeinsam mit den
       jeweiligen Bezirken standortspezifische Verbesserungen für die lokale
       Instrastruktur identifizieren und umsetzen“, wozu auch der Ausbau von Kita-
       und Schulkapazitäten gehöre. [2][Für das Gelingen von Integration sei es
       zentral, die soziale Infrastruktur vor Ort und die Menschen im Kiez zu
       unterstützen], erläuterte Omar der taz. Die Bezirke bräuchten dafür
       „ausreichende und verstetigte finanzielle Unterstützung“. Das wäre deutlich
       mehr als die einmalige Pro-Kopf-„Gemeinschaftspauschale“, die
       Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) kürzlich ins Spiel gebracht
       hatte als Anreiz für Bezirke, mehr Flüchtlinge aufzunehmen.
       
       Berlin könne sich hier ein Beispiel an Hamburg nehmen, sagte Omar. Dort
       schließe der Senat „Bürgerverträge“ mit Bezirken und lokalen Initiativen,
       die verbindlich festlegten, welche Infrastruktur rings um eine neue
       Flüchtlingsunterkunft nötig ist. Laut Omar entsteht dadurch „ein echter
       Mehrwert für die Menschen vor Ort“, sodass einzelne Bezirke schon von sich
       aus auf den Hamburger Senat zukämen und weitere Unterkünfte anbieten, um
       auf diese Weise gewünschte Infrastrukturprojekte finanzieren zu können.
       
       Als positives Beispiel nannte Omar das Projekt „ToM – Tolerantes
       Miteinander“ in Treptow-Köpenick. Dort hat der Internationale Bund zusammen
       mit der Degewo ein Wohnquartier mit 164 Wohnungen entwickelt, die zur
       Hälfte mit Geflüchteten belegt sind. Es gibt eine interkulturelle Kita,
       Gemeinschaftsräume und -flächen, Sozialberatung, einen Mieterbeirat, ein
       Anwohnercafé – und einen mehrsprachigen Hauswart als Ansprechpartner. „So
       ist ein tolles Miteinander entstanden, Vorurteile werden abgebaut“, sagt
       Omar. Die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen würden gerne mehr solcher
       Projekte in Angriff nehmen, „aber dafür fehlt das Geld, das gleichzeitig in
       Notunterkünften wie Tegel verschwendet wird“.
       
       Tatsächlich will Kiziltepe Deutschlands größte und teuerste Notunterkunft
       am ehemaligen Flughafen Tegel bis zum Jahresende „leerziehen“ und
       [3][anschließend zum zentralen Ankunftszentrum mit 2.500 Plätzen in
       Containern umbauen]. Zu Spitzenzeiten in den ersten beiden Jahren des
       Ukraine-Krieges lebten dort über 5.000 Menschen, aktuell sind es knapp
       2.000. Auch die SPD-Politikerin betont immer wieder, dass sie mehr
       kleinere, dezentrale Unterbringungen möchte – nur blockiert die CDU neue
       Projekte immer wieder, ebenso wie die Verlängerung von Verträgen, etwa mit
       Hotels oder Hostels.
       
       Daher sehen die Grünen die Gefahr, dass statt Tegel der Standort am
       früheren Flughafen Tempelhof zu einem „Tegel 2.0“ ausgebaut wird. Dort gibt
       es schon jetzt zwei Notunterkünfte mit rund 1.500 Plätzen in den Hangars
       1–3 sowie auf dem Parkplatz, dazu die Gemeinschaftsunterkunft, bestehend
       aus Containern auf dem Vorfeld mit rund 1.000 Plätzen. Ab dem kommenden
       Jahr soll dort ein weiteres Containerdorf mit 1.000 Plätzen entstehen.
       Dieses soll zwar keine Notunterkunft, sondern eine Gemeinschaftsunterkunft
       werden. Dennoch treibt Omar die Sorge um, „dass einfach alles verlagert
       wird von Tegel nach Tempelhof. Das wäre die schlechteste Lösung.“
       
       25 Aug 2025
       
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