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       # taz.de -- Offensive auf Gaza-Stadt: Aufruf zur Flucht für Gazas orthodoxe Christen
       
       > Die griechisch-orthodoxe Kirche in Gaza Stadt muss evakuiert werden, die
       > Menschen sollen in den Süden. Die Geistlichen wollen dennoch bleiben.
       
   IMG Bild: Auch die Gebetshäuser der katholischen und griechisch-orthodoxen Palästiner*innen wurden durch die israelische Luftwaffe verwüstet. In diesem Bild ist die St. Porphyrius Kirche und ein Mitglied dieser in Zeitoun nach einem Bombardierung am 03.06.2025 zu sehen
       
       Jerusalem taz | Hunderte Menschen, die in der griechisch orthodoxen Kirche
       im Viertel Zeitoun von Gaza Stadt untergekommen sind, müssen diese nun
       verlassen. Wie ein Mitarbeiter des griechisch-orthdoxen Patriarchats von
       Jerusalem der taz bestätigt, hat das israelische Militär eine Aufforderung
       zur Flucht erteilt. Das gesamte Gebiet, in dem sich die Kirche befindet,
       muss verlassen werden. Eine Karte, die das Militär am Mittwoch online
       veröffentlichte, bestätigt das.
       
       Die Anordnung erfolgt im Kontext der vor einiger Zeit angekündigten
       Offensive auf Gaza Stadt. Immer mehr Viertel werden zu Sperrzonen erklärt,
       während sich das Militär schon jetzt in den äußeren Bezirken aufhält.
       
       Auf dem Gelände der griechisch-orthodoxen Kriche St. Porphyrius sind seit
       Beginn des Krieges nach dem 7. Oktober 2023 hunderte Menschen, vor allem
       Christinnen und Christen, untergekommen. [1][Sie werden von der Gemeinde
       weitgehend versorgt, mit Essen, Schlafplätzen, sogar – in begrenztem Maße –
       Schulunterricht]. Damit ging es ihnen im Vergleich zu weiten Teilen der
       Bevölkerung im Gazastreifen bislang – im Verhältnis des tobenden Krieges
       und der humanitären Notlage – besser. Dass sie die Kirche nun verlassen
       müssen, dürfte für Betroffene einer Katastrophe gleichkommen.
       
       Dabei war auch das Gelände der Kirche bereits vom Krieg betroffen: Bereits
       am 20. Oktober 2023 schlug eine Rakete dort ein, es gab mehrere Todesopfer.
       Am 29. Juli 2024 erfolgte ein weiterer Angriff, getroffen wurde der erste
       Stock des dortigen Klosters, vier Menschen wurden verletzt. Auch die
       katholische Kirche der heiligen Familie in Gaza wurde in diesem Juli
       angegriffen, mindestens 3 Menschen starben.
       
       ## Kaum Equipment, um Flüchtende unterzubringen
       
       Erst am Dienstag hatten der griechisch-orthodoxe Patriarch Theophilos III
       und Pierbattista Pizzaballa [2][ein gemeinsames Statement herausgegeben],
       in dem sie die geplante Offensive auf Gaza Stadt verurteilten. Darin
       erklärten sie außerdem: Seit Ausbruch des Krieges seien die beiden Kirchen
       Zufluchtsorte für Hunderte Zivilisten. „Gaza Stadt zu verlassen und zu
       versuchen in den Süden zu fliehen, käme einem Todesurteil gleich. Aus
       diesem Grund haben die Geistlichen und Nonnen beschlossen, zu bleiben und
       sich weiterhin um alle zu kümmern, die sich in den Anlagen aufhalten“. Und
       aus dem Buch Sprüche: „Wer Gottes Willen tut, ist auf dem Weg zum Leben,
       ihm kann der Tod nichts anhaben“.
       
       Die Menschen aus Gaza Stadt, und damit auch die aus der Kirche St.
       Porphyrius, sollen nach Anweisung des israelischen Militärs Richtung Süden
       flüchten. Sprecher Avichay Adraee veröffentlichte am Mittwoch auf seinem
       Telegram-Kanal ein Statement, in dem er „falsche Gerüchte“ über eine
       Überfüllung Südgazas ausräumen wolle. Er schrieb: Es gebe „weite leere
       Flächen“ in Südgaza, sie seien „frei von Zelten“. Er schrieb außerdem: „Die
       Evakuierung Gaza Stadts ist unausweichlich“. Und: Jede Familie, die in den
       Süden ziehe, werde „reichlich humanitäre Hilfe“ erhalten. Der Druck auf die
       Menschen in Gaza Stadt wächst so weiter.
       
       [3][Dass die Menge der Hilfsgüter im Süden „reichlich“ sei, ist außerdem
       höchst zweifelhalt.] Zwar lässt Israel immer mehr Hilfsgüter in den
       Gazastreifen passieren – laut Angaben der zuständigen Behörde COGAT im
       August bislang über 90.000 Tonnen – und auch die umstrittene Gaza
       Humanitarian Foundation verteilt weiter Nahrungsmittel. [4][Doch Daten der
       Vereinten Nationen (UN) zeigen]: Die meisten Hilfslieferungen, die von
       UN-Organisationen im Gazastreifen bewegt werden, werden unterwegs
       abgefangen. Von fast 5.400 Lastwagen, die an den Grenzübergängen zu Israel
       innerhalb des Gazastreifens abgeholt wurden, kamen nur 750 an ihrem Zielort
       an. Laut UN werden sie entweder von „hungrigen Menschen oder mit Gewalt
       durch bewaffnete Gruppen“ abgefangen. Teile der gestohlenen Güter landen
       dann zu erhöhten Preisen auf den Märkten.
       
       Auch die Unterbringung im Süden ist ein Problem. [5][Nach eigenen Angaben]
       hat Israel seit dem Ende seiner Blockade aller Hilfslieferungen nach Gaza
       Ende Mai insgesamt nur etwa 5.600 Tonnen „Shelter Equipment“ nach Gaza
       hineingelassen. Das umfasst alle Güter, die zur temporären Unterbringung
       benötigt werden, etwa Zeltplanen. Das ist extrem wenig – auch im Vergleich
       zum Zeitraum vor der Blockade. So kamen etwa alleine im Februar 2025 etwa
       45.000 Tonnen Shelter Equipment nach Gaza hinein.
       
       27 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Christinnen-in-Gaza-zum-Osterfest/!6079246
   DIR [2] https://www.facebook.com/100064811943540/posts/1211027374400983/?mibextid=wwXIfr&rdid=DIC1dp7mbsf9CGGJ&share_url=https%3A%2F%2Fwww.facebook.com%2Fshare%2F1MQmm3MD4Y%2F%3Fmibextid%3DwwXIfr
   DIR [3] /Hungersnot-in-Gaza/!6106238
   DIR [4] https://app.un2720.org/tracking
   DIR [5] https://govextra.gov.il/cogat/humanitarian-efforts/main/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Schneider
       
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