# taz.de -- tazđŸthema: Aufbruch der KaffeebĂ€uerinnen
> Frauen sind in der Kaffeeproduktion und im Kaffeehandel durchaus prÀsent
> â allerdings meist in der zweiten Reihe. Bei CafĂ© Feminino, einer 2003 in
> Peru gegrĂŒndeten Kaffeemarke, ist das anders. Das Beispiel macht Schule
Von Knut Henkel
Sabina HernĂĄndez mustert den Kaffeestrauch, der in ihrem Hof steht und
dessen dicke Kaffeekirschen sich hier und da rot fĂ€rben. âDieser
Kaffeestrauch der Sorte TĂpica ist fĂŒr mich mein FrĂŒhwarn-Indikator. Er
zeigt mir an, wann es Zeit fĂŒr den ersten Erntedurchlauf wirdâ, sagt die
kleine drahtige Frau lachend. HernĂĄndez, Anfang sechzig, lange geflochtene
Zöpfe, optimistisch funkelnde Augen, ist KaffeebÀuerin von klein auf.
Schon ihre Eltern haben die dunkelroten Kaffeekirschen geerntet, ihr
gezeigt, wie sie verarbeitet und schlieĂlich auf einem Blech ĂŒber dem
offenen Feuer geröstet werden â zum CafĂ© casero. Hauskaffee bedeutet das
und den gibt es bei Sabina HernĂĄdez auch heute â nur wird er nicht mehr wie
frĂŒher mit etwas Zucker geröstet, sondern pur. âDas hat uns die
Genossenschaft beigebracht, und heute schmecken wir unverfÀlscht, wie gut
unser Kaffee istâ, sagt HernĂĄndez mit stolzer Stimme. Sie ist eines der
Gesichter von Cecanor. So heiĂt die Genossenschaft, deren Produkte ĂŒber die
Vermarktungsgesellschaft Proassa kommerzialisiert werden und der HernĂĄndez
seit rund dreiĂig Jahren angehört.
âWir sind hier in der Region La Florida derzeit 61 Frauen und 31 MĂ€nner,
die Cecanor angehören und auf rund 180 Hektar Kaffee anbauenâ, erklĂ€rt
HernĂĄndez. La Florida ist eine Kleinstadt, rund zwanzig Minuten von der
Farm von Sabina HernĂĄndez im Dorf Agua Azul entfernt. In La Florida
unterhÀlt Proassa ein Lagerhaus, wo der Kaffee zwischengelagert, sortiert
und klassifiziert wird, wo aber auch die Genossenschaftstreffen
stattfinden. Dort ist Sabina Hernåndez als Vorsitzende gewÀhlt, aber ihr
Kaffee auch schon ausgezeichnet worden.
Das sind Momente, die hÀngenbleiben. Die dazu beitragen, dass Hernåndez
Cecanor und Proassa treu bleibt und Projekte wie die Seminare zu den
Frauenrechten genauso wie jene zur qualitativen Steigerung ihres Kaffees
unterstĂŒtzt. âEnrique und ich haben seit 2015 in jedem Jahr ein paar
hundert Pflanzen ausgetauscht, neue Setzlinge gepflanzt, um die ErtrÀge zu
steigern und unsere KaffeebĂŒsche widerstandsfĂ€higer zu machenâ, erklĂ€rt
sie.
Enrique Queva Vego ist ihr Mann, und mit ihm hat sie rund 6.000
Kaffeepflanzen ausgetauscht und die kleine Kaffeeplantage von zwei Hektar
in den letzten sieben Jahren komplett erneuert. Daraufhin sind die ErtrÀge
spĂŒrbar gestiegen â trotz schwieriger klimatischer Bedingungen. Alles
andere als Zufall, denn junge Pflanzen sind widerstandsfÀhiger gegen die
beiden wichtigsten SchÀdlinge: La Roja und Ojo de Gallo.
Die beiden Pilze, Kaffeerost und die Cercospora-Blattflecken, senken die
ErtrÀge im Kaffeeanbau weltweit und treten nicht nur in Lateinamerika auf.
âDerzeit hier deutlich seltenerâ, berichtet Sabina HernĂĄndez und untersucht
die BlĂ€tter einer Pflanze, die auf dem recht steilen HĂŒgel oberhalb des
gerÀumigen Wohnhauses steht. Einige wenige Flecken sind darauf zu erkennen
und rund um die Wurzel hat Ehemann Enrique bereits etwas Biomasse und
BiodĂŒnger ausgebracht, um die Pflanze durch NĂ€hrstoffzufuhr zu stĂ€rken. Das
und regelmĂ€Ăige KontrollgĂ€nge sind essenziell, um SchĂ€dlinge
zurĂŒckzudrĂ€ngen, raten die Agrartechniker der Genossenschaft.
Die ist auf Initiative von Isabel Uriate und VĂctor Rojas entstanden. Sie
sind die Köpfe hinter Proassa, und die beiden Soziologen aus der
peruanischen KĂŒstenstadt Chiclayo haben auch CafĂ© Feminino initiiert. âWir
wollen KaffeebĂ€uer:innen in mehreren Regionen Perus unterstĂŒtzen, sind
derzeit in den Provinzen Lambayeque, Amazonas und Cajamarca aktivâ,
erlĂ€utert Uriate. So heiĂen drei von etwa acht Kaffee-Anbauregionen in
Peru, in denen derzeit 552 Frauen unter dem Logo von Café Feminino
produzieren.
Agua Azul, das Dorf von Sabina HernĂĄndez, ist dabei ein Standort und an dem
besuchen Uriate und Rojas heute mehrere der 18 BĂ€uerinnen und Bauern.
RegelmĂ€Ăig kommen sie, um zu informieren und zu helfen. Die Zentrale von
Proassa und CafĂ© Feminino steht jedoch in Chiclayo, wo fĂŒr den nationalen,
partiell auch fĂŒr den internationalen Markt geröstet wird und von wo die
aromatischen Bohnen exportiert werden.
Nach Kanada und in die USA geht das Gros der SĂ€cke, die in Peru produziert
werden, âAllerdings ist das Projekt auch in anderen LĂ€ndern aktiv, um
Frauen und ihre Rechte im Kaffeeanbau zu stÀrken und sie sichtbar zu
machenâ, so VĂctor Rojas. Bolivien, Brasilien und Kolumbien gehören zu den
direkten Nachbarn, Guatemala und Mexiko sind weiter entfernt, und Ruanda
und Sumatra sind nach entsprechenden Anfragen von Frauen-Genossenschaften
hinzugekommen, sagt Rojas. Wichtig dabei sind die Kontakte in den USA, wo
die gemeinnĂŒtzige Stiftung CafĂ© Feminino ansĂ€ssig ist und wo dank der
Kooperation mit zwei UniversitÀten viele Kontakte zu Röstereien entstanden.
Bescheiden ist die PrĂ€senz von CafĂ© Feminino jedoch in Deutschland. âDort
haben wir nur wenige Kontakte, das wollen wir in diesem Jahr Ă€ndernâ, hofft
Isabel Uriate und wirft Sabina HernĂĄndez einen aufmunternden Blick zu. Sie
hat in den letzten Tagen die Ernte begonnen, den ersten von vier bis fĂŒnf
ErntedurchlĂ€ufen hinter sich und ist zufrieden. âEs sieht nach einer guten
Ernte aus, aber mehr wissen wir erst Ende September, wenn alles getrocknet
und sortiert istâ, sagt die 62-JĂ€hrige und reibt sich eine graumelierte
Locke aus der Stirn.
Dann greift sie zum Kescher, um aus dem Forellenbecken das Abendessen zu
fischen. Forellen sind ein zweites Standbein fĂŒr das Ehepaar, das auch ein
paar Bienenvölker unterhÀlt, deren Honig unter dem Logo von Café Feminino
verkauft wird. Bisher nur auf dem nationalen Markt, aber auch das kann sich
Ă€ndern. Ziel ist es schlieĂlich, kontinuierlich zu wachsen und Frauen wie
Sabina HernĂĄndez auch landesweit als Vorbilder sichtbar zu machen. Auch ein
Grund, weshalb ihr Konterfei auf der Homepage zu sehen ist.
Auch auf einem der Kaffeebeutel könnte es bald auftauchen â wie jenes ihrer
Kollegin Paulina ChĂĄvez GĂłmez aus dem benachbarten Lambayeque. Sichtbar
machen: Das ist schlieĂlich eines der Kernziele von CafĂ© Feminino.
13 Sep 2025
## AUTOREN
DIR Knut Henkel
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