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       # taz.de -- Politische Gewalt in den USA: Der Tod des Charlie Kirk
       
       > Er war für Trumps MAGA-Bewegung mehr als nur ein erfolgreicher
       > Influencer. Seine Ermordung ist eine Zäsur.
       
   IMG Bild: Vor seiner Rede an der Utah Valley University in Orem am 10.09.2025 verteilt Charlie Kirk rote MAGA-Caps an seine Anhänger
       
       Berlin taz | Die Ermordung des rechten Aktivisten Charlie Kirk am
       vergangenen Mittwoch während einer öffentlichen Veranstaltung in der Utah
       Valley University in Orem, Utah, ist eine Zäsur. Selbst in den
       polarisierten USA, denen weder politische noch jede andere Form von Gewalt
       fremd sind, ist die gezielte Tötung einer einflussreichen, im Internet
       omnipräsenten politischen Schlüsselfigur ein Einschnitt.
       
       Charlie Kirks politische Positionen waren nichts Besonderes. Er
       proklamierte sämtliche Talking-Points der Neuen Rechten, taktisch
       zugeschnitten auf die Prioritäten von Donald Trumps Präsidentschaft,
       vermischt mit einer aggressiv vorgetragenen reaktionären Auslegung
       christlichen Glaubens. Antifeminismus, traditionelles Familienbild,
       Islamfeindlichkeit, Antimigrationstiraden, die Theorie vom „großen
       Bevölkerungsaustausch“, gegen Waffenkontrollgesetze, gegen das Recht auf
       Abtreibung, gegen die Rechte von trans Personen, gegen
       gleichgeschlechtliche Ehen, gegen Förderprogramme für benachteiligte
       Bevölkerungsgruppen, gegen Hilfen für die Ukraine, für ungezügelten
       Kapitalismus, bis hin zur Lüge über den angeblich in Südafrika
       stattfindenden Genozid an Weißen –Charlie Kirk verbreitete das alles, wo
       auch immer sich ihm eine Plattform bot.
       
       Und das waren viele.
       
       Aber Charlie Kirk war für Trumps [1][MAGA-Bewegung] mehr als nur ein
       [2][erfolgreicher Influencer], der das Spiel mit der
       Aufmerksamkeitsökonomie beherrscht. Er war kein rechter Vordenker, aber ein
       Stratege. Mit 18 Jahren gründete er seine Organisation Turning Point USA.
       Als junger Rechter, der mit 17 seine ersten Reden auf Kundgebungen der
       rassistischen Tea Party gehalten hatte, identifizierte er schnell genau
       jene Zielgruppe, an die damals, in der Obama-Zeit, weder die
       Republikanische Partei noch die neuen rechten Organisationsformen wirklich
       herankamen: junge Leute, erst recht solche mit höherer Bildung, in Colleges
       und Universitäten. Von denen wählten 2024 so viele Donald Trump, dass
       dessen Wahlsieg eben auch Charlie Kirk zu verdanken ist.
       
       ## Rhetorisches Talent, große Schlagfertigkeit
       
       Ausgestattet mit rhetorischem Talent und großer Schlagfertigkeit, tourte er
       seit Jahren von Campus zu Campus. „Prove Me Wrong“ stand stets auf seinem
       Zelt, eine Einladung zu jenen Debattenschlachten, wie sie sowohl in den USA
       als auch in Großbritannien große Tradition haben. Mit echten Diskussionen –
       zu denen auch der Wille zum Zuhören gehört – hat das weniger zu tun als mit
       dem unbedingten Willen, als Sieger hervorzugehen. Solche Formate gibt es
       schon lang. Im Zeitalter der Internetvideoschnipsel sind sie der
       Ausgangspunkt für Hunderte „Charlie Kirk destroys woke student“-Clips.
       
       In dem Maße, wie Kirks Followerschaft wuchs, entwickelten sich damit seine
       eigenen Kanäle auch zu solchen, die seine politischen Gegner*innen
       nutzen wollten. Wann immer er einen Auftritt auf einem Campus ankündigte,
       gab es diejenigen, die dagegen protestierten, dass er seine kruden Thesen
       überhaupt verbreiten konnte. Aber es gab immer auch diejenigen, oft linke
       Influencer, die sich darum bemühten, öffentlich mit ihm diskutieren zu
       dürfen. „XY destroys Charlie Kirk“ garantierte hohe Klickzahlen.
       
       Es ist diese Gleichzeitigkeit, die auch nach [3][Kirks Ermordung] in vielen
       linksliberalen Foren für Diskussionen sorgt. Kann jemand, der wesentlich
       dazu beigetragen hat, den autoritär-faschistischen Staatsumbau überhaupt
       möglich zu machen, trotzdem als Verfechter von free speech respektiert
       werden?
       
       Sicher ist: Kirk erreichte Jungwähler, in diesem Fall ohne Genderstern.
       Turning Point USA, heute eine Organisation mit mehr als 1.000 Angestellten
       und mit eigenen Gruppen an Universitäten fast überall in den USA, schaffte
       es, das rechts wieder cool ist, besonders unter jungen Männern.
       
       Kirk begriff früh, dass diese Währung ihm von Sponsoren Geld und bei Trump
       Einfluss bescheren würde, auch auf Personalentscheidungen. Es ist kein
       Zufall, dass Trump nach Kirks Ermordung Trauerbeflaggung in den ganzen USA
       und an den Botschaften im Ausland anordnete – beispiellos für jemanden, der
       keinerlei gewähltes Amt innehatte. Unmittelbar nach seinem Tod machte Trump
       die politische Linke für das Attentat verantwortlich – was da noch kommt,
       mag man sich kaum ausmalen.
       
       12 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
       
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