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       # taz.de -- Politische Lage in Frankreich: Innere Instabilität beeinträchtigt internationales Standing
       
       > Die Bevölkerung in Frankreich protestiert, doch den Präsidenten lässt das
       > kalt. Die EU sollte sich auf ein politisches Ende Macrons vorbereiten.
       
   IMG Bild: Die Krise lässt ihn nach außen hin kalt: Emmanuel Macron wartet auf den Bundeskanzler beim deutsch-französischen Regierungstreffen
       
       In seinem früheren Leben war Emmanuel Macron erst Banker, dann
       Wirtschaftsminister. Doch inzwischen scheint den französischen Staatschef
       die Finanzwelt nicht mehr zu interessieren. Dass seine Regierungschefs
       nacheinander daran scheitern, einen Haushalt zustande zu bringen, lässt
       den 47-Jährigen nach außen hin kalt. Das Land stecke in einer
       parlamentarischen Krise, nicht in einer politischen, wiederholt er immer
       wieder. Zum Zeichen dafür, dass alles normal sei, werkelt Macron eifrig auf
       der internationalen Bühne.
       
       Erst vergangene Woche empfing der Präsident die „Koalition der Willigen“
       zur Absicherung der Ukraine im Fall eines Waffenstillstands. Der Präsident
       klopfte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf die Schulter,
       diskutierte mit seinen Kolleginnen und Kollegen am runden Tisch und
       telefonierte mit US-Präsident Donald Trump. Die Tatsache, dass ihm wenige
       Tage später die Regierung um die Ohren fliegen würde, verdrängte er dabei.
       
       Seit der [1][misslungenen Auflösung der Nationalversammlung] im
       vergangenen Sommer lebt Macron in einer diplomatischen Parallelwelt.
       Außen- und Verteidigungspolitik gehören traditionell zu den Kompetenzen
       des französischen Staatschefs, egal welche Partei regiert. Und so jagt
       Macron von einem internationalen Treffen zum nächsten: Besuch zum
       Unabhängigkeitstag in Moldau, deutsch-französischer Ministerrat in Toulon,
       Auftritt zur Anerkennung eines Palästinenerstaats vor der UNO in New York.
       Und dazwischen? Die Ernennung des dritten Premierministers in anderthalb
       Jahren.
       
       Auch wenn Macron es nicht wahrhaben will: Die [2][Instabilität zu Hause]
       beeinträchtigt ihn auch auf der internationalen Bühne. Zwar ist er noch
       immer Oberbefehlshaber der größten Armee Westeuropas und Kommandeur über
       die französischen Atomwaffen. Doch seine europäischen Kolleginnen und
       Kollegen wissen, dass ihm für seine großspurigen Ankündigungen das Geld
       fehlt. Der Kaiser ist nackt. Nur traut sich keiner, es laut auszusprechen.
       
       Umgekehrt schadet die Schwäche Macrons auch der EU. Denn der überzeugte
       Europäer trieb in den vergangenen acht Jahren Dinge voran. Schon in seiner
       europapolitischen Rede an der Sorbonne 2017 forderte er, die EU von den USA
       unabhängiger zu machen. Das fand damals kaum Widerhall. Auch die Entsendung
       von Bodentruppen in die Ukraine brachte Macron zu einem Zeitpunkt ins
       Spiel, als westliche Soldaten dort noch als Tabu galten.
       
       Die Leistungen Macrons für Europa sind unbestritten. Doch die
       innenpolitischen Probleme lassen ihn immer unglaubwürdiger werden. Die
       „tägliche Unfähigkeit“ beeinträchtige die Rolle Frankreichs in der Welt,
       warnte [3][Ex-Premierminister François Bayrou]. Bei wem es zu Hause
       brennt, der kann nicht woanders den Feuerwehrmann spielen.
       
       Die EU muss sich deshalb darauf vorbereiten, künftig ohne Macron
       auszukommen. Es ist für sie an der Zeit, auf eigenen Füßen zu stehen. Die
       Unterstützung der Ukraine hängt nicht vom Engagement eines Einzelnen ab.
       Alle müssen dafür Verantwortung übernehmen.
       
       13 Sep 2025
       
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