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       # taz.de -- Deutsche Nationalspieler: Nehmt euch ein Beispiel an den Amateurkickern!
       
       > Im Profi-Fußball fehlte es angesichts von Rassismusvorfällen zuletzt an
       > Solidarität. Die Amateurkicker des SV Auerhammer zeigen, wie es besser
       > geht.
       
   IMG Bild: Warum nutzten Stars wie Joshua Kimmich oder Florian Wirtz nicht ihre Reichweite, um dem Rassismus entgegenzutreten?
       
       Ein starkes Gefühl scheint derzeit im deutschen Profifußball stark zu
       verkümmern: Empathie mit den Mitspielern. Zumindest auf allerhöchster Ebene
       ist davon verdammt wenig zu sehen.
       
       Aber von vorne: In den vergangenen Wochen hat sich der Rassismus verstärkt
       auf den Fußballplätzen bemerkbar gemacht. Gleich bei mehreren
       DFB-Pokal-Partien gab es diskriminierende Rufe von den Rängen – und im
       Nachgang entsprechende Posts in den sozialen Netzwerken. Als Reaktion folgt
       verlässlich diese institutionalisierte Schaufenstersolidarität, die meist
       recht allgemein in notdürftiger Fußballpoesie daherkommt: „Zeig dem
       Rassismus die Rote Karte!“
       
       Als die deutschen Auswahlkicker kürzlich ihr [1][erstes
       WM-Qualifikationsspiel] in der Fremde zu verlieren drohten, war wenig von
       Roter Karte für Rassismus zu spüren. Da wurden in den sozialen Netzwerken
       Schuldige und Unschuldige nach Hautfarbe sortiert. Schuldig waren die nicht
       weißen Spieler Antonio Rüdiger, Jonathan Tah und Nnamdi Collins. Der DFB
       wies, als die Niederlage in der Slowakei mit dem Schlusspfiff endgültig
       besiegelt war, höflich darauf hin, „dass Hass Situationen noch nie besser
       gemacht hat“ und bat in einem Schlussappell darum: „Lasst uns gemeinsam
       weitermachen.“
       
       Das wirft natürlich die Frage auf, wie sinnvoll es ist, die Solidarität von
       Rassisten mit dem Argument einzufordern, dass sich dieser nicht rechnet.
       Aber die wichtigere Frage, die sich nach den Vorgängen um dieses Spiel
       aufdrängt, ist die nach der Solidarität und dem Mitgefühl der Mitspieler
       von Rüdiger, Tah und Collins.
       
       Warum nutzten Joshua Kimmich, Florian Wirtz und Oliver Baumann nicht ihre
       Social-Media-Kanäle, um ihre Abscheu gegenüber diesem Rassismus kundzutun?
       Warum erklären sie nicht an prominenter Stelle, dass sich jeder dieser
       Kommentare gegen das gesamte Team richtet und sie bei Fortsetzung solcher
       Angriffe ihre Aktivitäten auf diesen Plattformen einstweilen einstellen
       werden? Warum schlägt nach solch einer Partie niemand öffentlich seinem
       Verband beispielsweise vor, die Einnahmen aus dem nächsten Länderspiel in
       Antirassismusprojekte zu stecken? Wo bleiben die persönlichen Initiativen?
       Wo bleibt hier ganz generell die Solidarität?
       
       Wie es gehen könnte, haben die deutschen Nationalspieler in Ostdeutschland
       im sächsischen Erzgebirgspokal vorgeführt bekommen. Genauer [2][bei der
       Partie] zwischen der SV Fortuna Niederwürschnitz und dem SV Auerhammer.
       Nachdem ein Mitspieler aus der Elfenbeinküste auf unerträglichste Weise
       rassistisch beschimpft und beleidigt wurde, verließ das Team der Auerhammer
       beim Elfmeterschießen den Platz. Dies geschah in einer Region, in der die
       Normalisierung von Rassismus schon weiter fortgeschritten ist als
       andernorts und die AfD zuletzt bei über 30 Prozent lag. Das Spielergebnis,
       sagte der Vereinsvorsitzende vom SV Auerhammer, sei zweitrangig, wichtiger
       sei das Zeichen gewesen. Es verbreitete sich mit medialer Hilfe über ganz
       Deutschland. Welch starke Zeichen könnten erst deutsche Nationalspieler
       setzen?
       
       Stattdessen geißelten sich Kimmich und Baumann öffentlich für die schlechte
       Teamleistung gegen die Slowakei und versprachen kleinmütig Besserung. Über
       die menschenfeindlichen Attacken auf ihre Teamkollegen verloren sie kein
       Wort. Als müssten sie erst einmal besser Fußball spielen und Deutschland
       zum Weltmeister machen, bevor sie sich zu solchen Themen äußern dürften.
       Diese Stille trägt auch zur Normalisierung von Rassismus bei.
       
       Ganz nebenbei: Zusammenhalt und Solidarität im Team hilft meistens auch auf
       dem Platz.
       
       13 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Umgang-des-DFB-mit-Rassismus/!6109020
   DIR [2] https://www.kicker.de/rassismus-im-amateurfussball-neue-vorfaelle-im-erzgebirge-und-ostwestfalen-1144984/artikel
       
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