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       # taz.de -- Volksentscheid übers Grundeinkommen: Stinkt Geld aus Amerika besonders?
       
       > In Hamburg macht ein Newsletter Stimmung gegen das Volksbegehren für
       > einen Grundeinkommens-Versuch – weil auch eine US-Stiftung dahintersteht.
       
   IMG Bild: Nur mit auswärtiger Unterstützung möglich? Kampagne fürs Grundeinkommen in Hamburg
       
       Noch drei Wochen, dann können die Hamburger:innen darüber entscheiden,
       ob ihre Stadt [1][einen dreijährigen Modellversuch mit einem
       bedingungslosen Grundeinkommen startet] – und finanziert, mit immerhin fast
       50 Millionen Euro aus dem Steuersäckel.
       
       Nun hat eine Debatte darüber begonnen, wer die Kampagne finanziert hat, die
       zu diesem Volksentscheid geführt hat – losgetreten vom „Hamburger
       Tagesjournal“, eigentlich ein per E-Mail vertriebener News-Aggregator, der
       im Wesentlichen Links zu anderen Medien mit bisweilen spitzen Bemerkungen
       garniert; und dankbar aufgegriffen von der Welt.
       
       Das Geld kommt nämlich zum großen Teil von drei Stiftungen, die – Skandal!
       – gar nicht in der Stiftungshauptstadt Hamburg ansässig sind. Die
       bekannteste unter ihnen ist die des verstorbenen
       [2][DM-Drogeriekettengründers Götz Werner], der schon vor Jahrzehnten für
       ein Grundeinkommen gestritten hat.
       
       Ein besonderer Dorn im Auge ist dem Tagesjournal jedoch die [3][Eutopia
       Foundation] des deutschstämmigen Investors Albert Wenger mit Sitz in
       Wilmington, North Carolina. Auch der beschäftigt sich seit langer Zeit mit
       der Frage, wie die Verteilung von Einkommen nach der Arbeitsgesellschaft
       organisiert werden kann, ist also thematisch stark motiviert. Für das
       Zustandekommen des Grundeinkommens-Entscheids hat er 200.000 Euro in die
       Hand genommen, nicht ganz ein Drittel des Gesamtbudgets.
       
       ## Ist ausländisches Geld schlimm, oder schon auswärtiges?
       
       Aber darf „ausländisches Geld“ Einfluss auf Gesetzgebung in Hamburg nehmen,
       fragt das Tagesjournal, das immer seltener ohne einen antiamerikanischen
       Seitenhieb auskommt. Oder, so der Subtext in der [4][Welt], ist nicht schon
       Geld aus Berlin, Bochum oder Karlsruhe irgendwie zu auswärtig für unser
       schönes Hamburg?
       
       Man muss nicht derartig borniert sein, um Fragen nach der Finanzierung von
       Volksentscheiden relevant zu finden. „Das ist ein heikles Thema“, sagt
       Michael Heering, aktiv im Verein Mehr Demokratie, der die Volksgesetzgebung
       in Hamburg in der heutigen Form erst durchgeboxt hat – per Volksentscheid.
       „Wir finden es fragwürdig, dass eine Institution aus den USA das
       Volksbegehren für den Grundeinkommens-Versuch unterstützt. Denn man weiß
       nicht, aus welchen Motiven das geschieht.“
       
       Die Finanzierung von Volksentscheiden ist in Hamburg, anders als die
       Parteienfinanzierung, praktisch gar nicht geregelt. Im Gesetz steht nur,
       dass keine Staatsknete reinfließen darf und dass Zuwendungen oberhalb von
       2.500 Euro im Rechenschaftsbericht transparent gemacht werden müssen.
       
       Ohne Großspender:innen sei ein Volksentscheid praktisch nicht zu
       stemmen, heißt es von der Initiative [5][„Hamburg testet Grundeinkommen“],
       vor allem wegen der hohen Quorums-Hürden und engen, starren Fristen. „Unter
       dem Strich überwiegen immer noch die Hemmungen der direkten gegenüber der
       parlamentarischen Demokratie“, sagt Aktivistin Joy Ponader.
       
       ## Theoretisch könnte man sich einen Volksentscheid kaufen
       
       Auch wenn es beim Grundeinkommen ganz anders ist: Theoretisch könnte sich
       ein Milliardär von irgendwo einen Volksentscheid in Hamburg „kaufen“, ein
       paar Hundert Millionen für ein populistisches Thema in die Hand nehmen,
       eine Armee gut bezahlter Stimmensammler in Marsch schicken, die gezielt in
       anhand soziodemografischer Daten ausgewählten Quartieren Kampagne machen.
       
       Wenn er zufällig auch noch einen weltweit verbreiteten
       Kurznachrichtendienst besäße, würde das die Sache sicher erleichtern. Es
       wäre dann an den Hamburger:innen, dagegen zu mobilisieren und an der Urne
       zu entscheiden, dass der Gesetzentwurf nicht durchkommt.
       
       Der Stadtstaat Hamburg ist ein gutes Pflaster für so was: Er ist klein und
       kompakt genug, um die Ausgaben in Grenzen zu halten, verspricht aber durch
       seinen Status als Bundesland große Aufmerksamkeit. Und er hat eine
       vergleichsweise weit reichende Volksgesetzgebung.Das wiederum haben auch
       die Grundeinkommens-Fans verstanden.
       
       16 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Modellversuch-zum-Grundeinkommen/!6102165
   DIR [2] /Modellversuch-zum-Grundeinkommen/!6102165
   DIR [3] https://eutopiafoundation.org/
   DIR [4] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article68c7ef3dd353e9512dc914e1/geld-einfluss-unabhaengigkeit-diese-stiftungen-finanzieren-die-volksinitiative-hamburg-testet-grundeinkommen.html?icid=search.product.onsitesearch
   DIR [5] https://hamburg-testet-grundeinkommen.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Kahlcke
       
       ## TAGS
       
   DIR Reden wir darüber
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