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       # taz.de -- Untersuchung des Gaza-Kriegs: Spanien stellt die Genozid-Frage
       
       > Madrid ordnet eine Untersuchung von Israels Vorgehen im Gazastreifen an.
       > Das funktioniert, weil unter den Opfern auch spanische Staatsbürger sind.
       
   IMG Bild: Protest vor der israelischen Botschaft in Madrid
       
       Madrid taz | Der spanische Generalstaatsanwalt, Álvaro García Ortiz, ordnet
       die Untersuchung des Vorgehens Israels im Gazastreifen an. Er will
       ermitteln lassen, in wie weit die israelische Armee schwerer
       Menschenrechtsverletzungen bis hin zum Völkermord schuldig sei. García
       Ortiz ordnete zu diesem Zweck die Gründung einer hochrangigen Arbeitsgruppe
       an, um Verstöße „gegen internationale Menschenrechtsgesetze“ im
       Gazastreifen zu untersuchen.
       
       An diesem Ermittlerteam wird neben der Staatsanwältin für Menschenrechte
       und demokratisches Gedächtnis, Dolores Delgado, auch der Leiter der
       Staatsanwaltschaft an der Audiencia Nacional, das unter anderem für
       Verbrechen gegen die Menschlichkeit zuständig ist, teilnehmen. Die Gruppe
       soll „Beweise sammeln und diese den zuständigen Stellen zugänglich zu
       machen“.
       
       Spanien – das seit einer Strafrechtsreform in den 1990er Jahren
       Untersuchungen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zulässt, auch wenn
       sie außerhalb Spaniens geschehen – werde damit „den Verpflichtungen im
       Bereich der internationalen Zusammenarbeit und der Menschenrechte“
       nachkommen, so García Ortiz. Spaniens Justiz darf laut Strafgesetzbuch
       immer dann gegen Verantwortliche von Verbrechen gegen die Menschlichkeit
       ermitteln, wenn sich unter den Opfern spanische Staatsangehörige befinden.
       Laut Menschenrechtsstaatsanwältin Delgado sei dies im Gazastreifen der
       Fall.
       
       ## 65.000 Tote im Gazastreifen
       
       Die spanische Staatsanwaltschaft werde sich mit dem Internationalen
       Strafgerichtshof (IStGH) koordinieren und Ergebnisse der Ermittlungen
       weiterleiten, erklärt García Ortiz. Der IStGH hatte vergangenen November
       einen Haftbefehl gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu, sowie den
       damaligen israelischen Verteidigungsminister und mehrere Führer der
       palästinensisch Miliz-cum-Partei Hamas wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen
       die Menschlichkeit und mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen.
       
       Die Hamas überfiel mit anderen Radikalen am 7. Oktober 2023 Gemeinden in
       Südisrael, tötete dabei über 1.200 Menschen und verschleppte 251 Menschen
       als Geiseln nach Gaza. Knapp zwei Jahre nach dem Überfall befinden sich
       noch immer fast 50 Personen in der Gewalt der Hamas. Laut israelischer
       Angaben dürfte noch etwa die Hälfte von ihnen am Leben sein.
       
       Israel begann nach dem Angriff einen Krieg im Gazastreifen, bei dem
       mittlerweile über 65.000 Menschen – darunter mindestens 18.000 Kinder – ihr
       Leben verloren. Große Teile der Dörfer und Städte wurden zerstört. Jüngst
       begann die Armee mit ihrer Offensive in der Metropole Gaza-Stadt – mit dem
       erklärten Ziel, diese völlig zu zerstören. Die Bevölkerung im Gazastreifen
       wurde im Lauf des Krieges immer wieder vertrieben. Zwischen März und Mai
       blockierte Israel Hilfslieferungen völlig, die Vereinten Nationen riefen
       eine Hungersnot aus. Noch immer ist die humanitäre Lage katastrophal.
       
       García Ortiz sagt: Diese „Ereignisse gelten als schwere Verstöße gegen die
       internationalen Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht und
       Verbrechen gemäß den Artikeln 607 des Strafgesetzbuches“. Dieser definiert
       Völkermord.
       
       18 Sep 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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