# taz.de -- Wenig Ambitionen bei Kunststoffen: Deutschlands Banken im Plastikfieber
> Ein neuer Bericht bewertet Geldinstitute hinsichtlich ihrer Rolle in der
> Plastikkrise. Die Bilanz ist düster, die Kunststoffindustrie profitiert.
IMG Bild: Erdöl ist einer der Grundstoffe von Kunststoffen, womit viel Geld verdient wird
Einige der größten Banken Deutschlands nehmen ihre Verantwortung in der
Plastikkrise unzureichend wahr und finanzieren Einwegplastikkonzerne. Dies
ergibt ein am Donnerstag veröffentlichter [1][Bericht der NGO Facing
Finance], die sich für einen verantwortungsbewussten Finanzsektor einsetzt.
Zwölf Geldinstitute werden im Bericht ausgewertet. Ausgewählt wurden dabei
nur Banken, die Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro pro Jahr
überregional und branchenübergreifend finanzieren.
Die Deutsche Bank als größte Bank der Bundesrepublik erkenne dem Bericht
zufolge zwar die Gefahr an, die Plastik für die Umwelt bedeutet. Die NGO
kritisiert jedoch, dass die Bank die Plastikkrise nur als Problem der
Entsorgung verstehe, während tatsächlich der „gesamte Plastiklebenszyklus“,
auch Rohstoffförderung und Herstellung, eine Bedrohung darstelle. Außerdem
hätte die Bank den im August gescheiterten UN-Plastikgipfel nicht
öffentlich unterstützt.
Der Bericht stellt zudem heraus, dass sich die Maßnahmen gegen die
Plastikkrise auf eine „Reduzierung von Plastikmüll an den eigenen
Standorten sowie Geldkarten aus recyceltem PVC“-Kunststoff beschränke. Den
eigentlichen Hebel stelle jedoch das Kern-, also das Finanzgeschäft, dar.
## Durch Finanzierungsrichtlinien Einfluss nehmen
Hier fordert Facing Finance alle Banken auf, klare Richtlinien zum Umgang
mit Kunststoffen einzuführen. Die Geldinstitute sollen von ihren
Unternehmens-Kunden darin unter anderem einfordern, ihren
„Plastikfußabdruck“ transparent zu machen, Plastik zu reduzieren, toxische
Chemikalien in Kunststoffen zu bekämpfen und sich gegen Deregulierung in
diesem Bereich einzusetzen.
Sollten die Kunden tatenlos bleiben, verlangt die NGO in letzter
Konsequenz, „die Finanzbeziehungen schnellstmöglich einzustellen.“ Der
Bericht stellt fest, dass die Deutsche Bank diesen Anforderungen nicht
gerecht wird.
Darüber hinaus fand Facing Finance heraus, dass die Deutsche Bank in einem
Zeitraum von etwas mehr als drei Jahren über eine Milliarde an Krediten an
die weltweit größten Produzenten der Grundstoffe von Einwegplastik vergeben
hat. Zudem hat die Bank deren Aktien verkauft.
## Sieben von zwölf Banken mit Einwegplastik-Verbindungen
Insgesamt wurden sieben Banken derartige Verbindungen mit den
entsprechenden Konzernen nachgewiesen. Direkte Investments sind nicht Teil
des Berichts. Die Deutsche Bank äußert sich dazu auf Nachfrage nicht.
„Ohne Kredite von Banken können die Unternehmen keine neuen Ölfelder
erschließen oder die Produktion ausweiten. Derartige Finanzierungen sind
also entscheidend“, sagt Luca Schiewe von Facing Finance. Erdöl ist einer
der Grundstoffe von Kunststoffen.
Von der Bank heißt es auf Anfrage: „Die Themen Kreislaufwirtschaft und
Plastik spielen bereits heute in unserer ökologischen und sozialen
Sorgfaltsprüfung von Transaktionen eine wichtige Rolle.“ Zu den konkreten
Vorwürfen äußert sie sich indes nicht.
## ING schneidet am besten ab
Auch dem niederländischen Mutterkonzern der ING sind Verbindungen zu den
Einwegriesen nachgewiesen worden. Abseits davon fällt die Bank im Bericht
jedoch positiv auf.
Die Bank sei sich der Risiken von Kunststoffen während der gesamten
Lebensdauer bewusst, sehe die eigene Verantwortung und unterstütze das
Plastikabkommen der UN und dessen Umsetzung im Finanzsektor.
Überdies sei die Bank im Dialog mit Unternehmens-Kunden zur Lösung der
Problematik. Kritisiert wird dennoch, dass die Richtlinien zu Kunststoffen
nicht ausreichen würden. Zu den Fragen der taz äußert sich auch die ING
nicht.
Ein Kurswechsel der Banken könnte dabei auch wirtschaftlich positive Folgen
für sie selbst haben: „Für einen Umbau zur Kreislaufwirtschaft besteht ein
Finanzierungsbedarf von 55 Milliarden Euro“, erklärt ein Sprecher des
Umweltbundesamt, das den Bericht finanziell fördert. „Hier gibt es große
Chancen für die Banken.“
19 Sep 2025
## LINKS
DIR [1] https://www.facing-finance.org/2025/09/plastikgeld-verschliessen-banken-in-deutschland-ihre-augen-vor-der-plastikkrise/
## AUTOREN
DIR Birger Stepputtis
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