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       # taz.de -- Organisierte Kriminalität in Peru: Im Würgegriff des Verbrechens
       
       > Der peruanische Teil des Amazonas-Regenwaldes steht unter massivem Druck:
       > Kriminelle Netzwerke breiten sich auch in den entlegensten Regionen aus.
       
   IMG Bild: Illegaler Bergbau in Condorcanqui, einer Provinz im Amazonasgebiet, an der Grenze zwischen Peru und Ecuador
       
       CUSCO taz | Im Mai rückten schwer bewaffnete Polizisten tief in den
       Regenwald vor. Ihr Ziel: das Dreiländereck zwischen Brasilien, Kolumbien
       und Peru. In der indigenen Gemeinde Nueva Galilea beschlagnahmten sie über
       fünf Tonnen Chemikalien zur Drogenherstellung, dazu Schusswaffen und
       Funkgeräte. Die Ausrüstung gehörte kriminellen Banden.
       
       Der Amazonas-Regenwald hat enormes Potenzial, um die Klimakrise
       abzumildern. Doch sein Schutz steht vor einer unaufhaltsamen Bedrohung: dem
       Vormarsch krimineller Wirtschaftszweige. In Peru bedeutet die Präsenz des
       organisierten Verbrechens eine ständige Gefahr für die Bevölkerung. Weder
       die internationale Zusammenarbeit noch die Maßnahmen der peruanischen
       Regierung reichen aus. In den Grenzgebieten übernehmen kriminelle
       Organisationen zunehmend die Kontrolle.
       
       [1][Mehrere Gruppen kämpfen um die Vorherrschaft]: Los Comandos de la
       Frontera, ein Zusammenschluss ehemaliger FARC-Guerilleros aus Kolumbien,
       das brasilianische Comando Vermelho, die älteste Mafia des Landes, sowie
       ecuadorianische Banden wie Los Lobos und Los Choneros, deren Einfluss in
       Peru stetig wächst.
       
       ## Drogenhandel und Goldabbau
       
       Die Pandemie schwächte die staatlichen Kontrollen an den Grenzen. Das
       nutzten die Banden, um illegale Aktivitäten im Amazonasgebiet weiter
       auszubauen. Die Flüsse dienen dabei als Schmuggelrouten: für Kokain und
       illegal gefördertes Gold, das später in die EU, nach Indien oder in die
       Vereinigten Arabischen Emirate exportiert wird.
       
       „Der peruanische Staat sollte sich auf die Hauptverursacher der Entwaldung
       konzentrieren“, sagt der Forscher Óscar Espinosa in der [2][Studie
       Klimawandel und Menschenrechte]. „Das sind weder die indigenen
       Gemeinschaften noch die Kleinbauern, sondern die Agroindustrie und
       kriminelle Gruppen.“ Diese beherrschen vor allem zwei illegale
       Wirtschaftszweige: Drogenhandel und Goldabbau. Letzterer hat in Peru stark
       zugenommen, nicht zuletzt wegen der weltweit hohen Goldpreise.
       
       In den letzten zwanzig Jahren war die Region Madre de Dios, an der Grenze
       zu Brasilien, das Zentrum des illegalen Bergbaus in Peru. Inzwischen hat
       sich der Abbau auf andere Gebiete ausgedehnt, etwa auf die Region Amazonas
       im Norden, angrenzend an Ecuador. Besonders betroffen ist die Provinz
       Condorcanqui. Dort haben kriminelle Netzwerke das Geschäft übernommen. Zwar
       fehlen aktuelle Daten, doch Frühwarnsysteme des Umweltministeriums zeigen
       einen klaren Trend: 2023 wurden 1.661 Hektar mit Abholzungswarnungen
       registriert, 2024 waren es bereits über 3.500 Hektar.
       
       ## Die Entwaldung nimmt zu
       
       In genau diesen Gebieten breitet sich das organisierte Verbrechen weiter
       aus. In Condorcanqui ist die Präsenz von Los Lobos und Los Choneros
       spürbar. Laut lokalen Berichten bedrohen die Mitglieder dieser Banden alle,
       die sich gegen den illegalen Bergbau oder den Holzhandel stellen. Auch der
       Drogenhandel hat massive Auswirkungen auf die Amazonasbevölkerung. In Peru
       ist der Anbau von Kokasträuchern eng mit der Drogenwirtschaft verbunden und
       trägt ebenfalls zur Entwaldung bei. Zwar zeigen [3][offizielle Berichte]
       einen Rückgang der Gesamtanbaufläche, doch in einigen Regionen steigen die
       Zahlen weiter.
       
       Viele dieser Gebiete sind reich an Vegetation, Artenvielfalt und Wasser –
       und zugleich Heimat indigener Völker, deren Territorien in vielen Fällen
       bis heute nicht rechtlich anerkannt sind. Sie leben oft mitten in Zonen,
       die von illegalen Wirtschaftsaktivitäten dominiert werden. Ohne Schutz,
       ohne Sicherheit, ohne Garantien für ihre Wälder. Den Regenwald und seine
       Bewohner zu schützen, heißt daher auch: nachhaltige Strategien im Kampf
       gegen das organisierte Verbrechen zu entwickeln.
       
       Aramís Castro ist ein peruanischer Journalist. Er arbeitet für das
       Investigativmedium OjoPúblico. 
       
       Übersetzt aus dem Spanischen von Niklas Franzen
       
       13 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://ojo-publico.com/5581/narco-territory-70-amazonian-borders
   DIR [2] https://www.researchgate.net/publication/384227530_Los_pueblos_indigenas_de_la_Amazonia_peruana_y_el_cambio_climatico_percepciones_y_propuestas
   DIR [3] https://cdn.www.gob.pe/uploads/document/file/8283381/6868111-monitoreo-de-cultivos-de-coca-2024.pdf?v=1752075820
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Aramís Castro
       
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