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       # taz.de -- Treffen von Merz und Macron: Sie verstehen sich
       
       > Kanzler Merz und Präsident Macron zelebrieren den Neustart der
       > deutsch-französischen Beziehungen. Wie viel die Beschlüsse wert sind,
       > wird sich erst noch zeigen.
       
   IMG Bild: Zu schön, um wahr zu sein? Friedrich Merz und Emmanuel Macron in Toulon
       
       Toulon dpa | Deutschland und Frankreich rücken in der Wirtschafts- und
       Sicherheitspolitik enger zusammen. Beim Ministerrat in Toulon legten beide
       Regierungen ihren langen [1][Streit über die Nutzung der Atomkraft]
       weitgehend bei. Auf europäischer Ebene wollen sie nun zu einer
       Gleichbehandlung emissionsarmer Energiequellen einschließlich der
       Kernenergie kommen.
       
       Der Ukraine sicherten beide Seiten angesichts [2][anhaltender russischer
       Angriffe weitere Hilfe] bei der Luftverteidigung zu und drohten dem
       russischen Präsidenten Wladimir Putin mit neuen Sanktionen.
       
       Überschattet wurde das Treffen von der Regierungskrise in Frankreich.
       Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und das halbe deutsche Kabinett trafen
       in Toulon auf eine französische Regierung, die vielleicht bald nicht mehr
       im Amt ist. [3][Frankreichs Premierminister François Bayrou wird am 8.
       September die Vertrauensfrage stellen.] Es wird erwartet, dass er sie
       verliert und die Regierung fällt. Der französische Präsident Emmanuel
       Macron ist davon zwar nicht direkt betroffen, wird durch die Krise aber
       politisch geschwächt.
       
       Es war der erste sogenannte deutsch-französische Ministerrat seit dem
       Regierungswechsel in Berlin im Mai. Schon bei seinem [4][Antrittsbesuch in
       Paris] hatten Merz und Macron einen Neustart in den deutsch-französischen
       Beziehungen beschworen. Macron versteht sich mit Merz deutlich besser als
       mit dessen Vorgänger Olaf Scholz (SPD), zu dem das Verhältnis bis zuletzt
       unterkühlt blieb.
       
       ## AKW an, AKW aus
       
       Inhaltliche Differenzen konnten Merz und Macron bisher aber kaum ausräumen.
       Das ändert sich nun an den ersten Stellen und der deutsch-französische
       Ministerrat zur Wirtschafts- und Sicherheitspolitik im Fort du Cap Brun aus
       dem 19. Jahrhundert über dem Mittelmeer soll dafür nur der Anfang sein. Im
       Mittelpunkt stand die Wirtschaftspolitik.
       
       Der wichtigste Beschluss dazu ist der zur Atomenergie. Trotz
       unterschiedlicher Modelle – Frankreich setzt auf einen Ausbau der
       Kernenergie, während Deutschland alle AKW abgeschaltet hat – wollen beide
       sich in der Energiepolitik nicht mehr im Wege stehen, sondern unterstützen.
       
       ## Druck auf Russland
       
       Auch weitere Beschlüsse aus dem Wirtschaftsbereich wurden getroffen. Um
       energieintensive Industrien zu unterstützen, soll etwa die Möglichkeit
       eines Industriestrompreises unbürokratisch und flexibel ermöglicht werden.
       Die Förderung des KI-Nachwuchses und von KI-Programmen in beiden Ländern
       soll ausgebaut werden. Verfahren und Zulassungen sollen vereinfacht werden,
       um Unternehmen zu entlasten, ohne Standards aufzugeben.
       
       Wichtigstes sicherheitspolitisches Thema war die Ukraine. „Trotz
       [5][intensiver internationaler diplomatischer Bemühungen] zeigt Russland
       keinerlei Bereitschaft, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden“,
       heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.
       
       Deswegen erwäge man neben verstärkter militärischer Hilfe die Verschärfung
       von Strafmaßnahmen, um „maximalen Druck“ auf Russland auszuüben, den Krieg
       gegen die Ukraine zu beenden. Frankreich und Deutschland würden sich dafür
       in der G7 und der EU einsetzen. Die Sanktionen sollten sich auch gegen
       Unternehmen aus Drittstaaten richten, die den russischen Krieg gegen
       Ukraine unterstützten.
       
       ## Nicht alles geklärt
       
       Die beiden Länder sichern der Ukraine auch Sicherheitsgarantien zu,
       beschränken sie allerdings zunächst auf die Unterstützung der ukrainischen
       Streitkräfte. Von der [6][Entsendung von Bodentruppen] im Fall eines
       Waffenstillstands oder Friedensabkommens ist in der gemeinsamen Erklärung
       keine Rede.
       
       In der Sicherheitspolitik gab es aber bereits vor dem Treffen auch einen
       Dämpfer. Die angestrebte [7][Einigung auf das Luftkampfsystem FCAS]
       scheiterte. Neue Zielmarke ist nun der Jahreswechsel. In Paris ist von
       „vorübergehenden Schwierigkeiten“ die Rede, die überwunden werden müssten.
       Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will die beteiligten
       Länder nun im Oktober zur Klärung nach Berlin einladen.
       
       29 Aug 2025
       
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