# taz.de -- 80 Jahre Weltkriegsende in Asien: Xi Jinping lässt die Panzer rollen
> Chinas Staatschef demonstriert bei einer großen Militärparade den
> Schulterschluss mit Putin und Kim und unterstreicht seine geopolitischen
> Ambitionen.
IMG Bild: Die Rede von Chinas Machthaber Xi Jinping wird bei der Militärparade auf dem Tiananmen-Platz auf einer großen Leindwand übertragen
Seoul taz | Dieses Bild dürfte in die Geschichtsbücher eingehen: Chinas
Staatschef Xi Jinping, gekleidet in anthraziter Mao-Jacke, betritt die
Balustrade am Tor des Himmlischen Friedens. Rechts an seiner Seite: [1][der
russische Präsident Wladimir Putin]. Zu seiner Linken: [2][Nordkoreas
Machthaber Kim Jong U]n. Diese Achse der Autokraten bildet den Kern der
neuen sinozentrischen Weltordnung.
Am Mittwoch hat Xi seine Vision mit einer pompösen Militärparade
untermauert. Über zwei dutzend Regierungs- und Staatsoberhäupter haben sich
im Zentrum Pekings versammelt, um an Chinas Gedenkfeiern zum Ende des
Zweiten Weltkriegs teilzunehmen.
Über 10.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee marschierten auf, in
synchronem Gleichschritt und mit entschlossener Miene. Tarnkappenbomber
flogen über die 50.000 jubelnden Zuschauer hinweg, etliche Panzer rollten
die Changan-Prachtstraße entlang, gefolgt von Hyperschallraketen,
Laser-Abwehrsystemen und einem beeindruckenden Arsenal an Atomwaffen.
Was in den Augen eines westlichen Publikums unangenehme Assoziationen
auslöst, wurde von den allermeisten Chinesen mit Stolz gefeiert: Die einst
bitterarme Volksrepublik, gebeutelt von ausländischen Mächten, wird
mittlerweile weltweit respektiert – oder eben gefürchtet.
## Xi: „Wahl zwischen Frieden und Krieg“
„Heute muss die Menschheit erneut zwischen Frieden und Krieg wählen. Das
chinesische Volk steht fest auf der richtigen Seite der Geschichte“, sagte
Xi während seiner Eröffnungsrede. Darin mahnt er seine Landsleute auch
daran, am Kurs der Kommunistischen Partei festzuhalten – und weiterhin dem
Marxismus-Leninismus und der Gedankenlehre Mao Tse-tungs zu folgen.
Geschichtsschreibung ist für die KP stets auch eine politische Waffe. Und
so geht es bei der Militärparade nicht nur darum, den im Westen nahezu in
Vergessenheit geratenen Kampf der Chinesen gegen das faschistische Japan
während des Zweiten Weltkriegs in Erinnerung zu rufen. „Chinas Kampf gegen
den Faschismus begann am frühesten, dauerte am längsten und endete mit den
meisten Opfern“, heißt es stolz im Staatssender CGTN.
Die Botschaft Pekings geht jedoch weit darüber hinaus: Die heroischen Opfer
werden betont, um damit die politischen Ziele der Gegenwart zu erreichen.
Oder in den Worten Xis: „Das chinesische Volk hat mit enormen nationalen
Opfern einen wichtigen Beitrag zur Rettung der menschlichen Zivilisation
und zur Wahrung des Weltfriedens geleistet. Die große Wiederbelebung der
chinesischen Nation ist unaufhaltsam!“
Und diese Wiederbelebung ist in den Augen Xis nur dann vollständig, wenn
man [3][die demokratisch regierte Insel Taiwan] zurück ans Mutterland
geholt hat.
„Die Frage bezüglich Taiwan ist nicht, ob wir wieder vereint werden oder
nicht. Es ist lediglich eine Frage des Zeitpunkts“, meint Zhou Bo,
pensionierter Oberst der Volksbefreiungsarmee, im chinesischen Fernsehen.
Mit zunehmender Stärke Chinas würden sich zwei Möglichkeiten ergeben:
Entweder man wende Gewalt an oder nicht. Dies hänge davon ab, wie sich die
Regierung in Taipeh verhalte, sagte Zhou.
## Militär als Kern von Chinas Machtansprüchen
Um dies zu erreichen, dafür braucht Xi nicht nur internationale
Unterstützer wie Putin, der im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über
ein Vetorecht verfügt. Kern der chinesischen Machtansprüche bildet das
Militär: Die Volksbefreiungsarmee soll insbesondere die USA derart
einschüchtern, dass sie im Falle einer Invasion von Taiwan im Vorhinein die
Konfrontation meiden.
Insofern zielt die Militärparade am Mittwoch auch auf psychologische
Abschreckung. Und dafür greift Peking tief in die Tasche: Die Taipei Times
beruft sich auf taiwanische Regierungskreise, die davon ausgehen, die
Veranstaltung könnte insgesamt 5 Milliarden Dollar gekostet haben.
Und doch kann die Propaganda-Show nicht übertünchen, dass die chinesische
Armee seit einem kurzen Zwischenspiel im Chinesisch-Vietnamesischen Krieg
1979 über keine praktischen Kampferfahrungen mehr verfügt. Zudem gab es
während der letzten drei Jahre auffällig viele „Säuberungswellen“: Gegen
zwei Ex-Verteidigungsminister laufen derzeit Ermittlungen, rund zwei
Dutzend weitere Offiziere wurden seither geschasst. Das zeigt, dass Xi
seinen Generälen nicht trauen kann.
Dennoch sieht der 72-jährige Staats- und Parteichef seine Volksrepublik auf
dem aufsteigenden Ast – und den Westen im Niedergang. Dank Donald Trump im
Weißen Haus, der mit seinen Strafzöllen auch langjährige Alliierte in die
Arme Chinas getrieben hat, fällt Pekings Botschaft auf durchaus fruchtbaren
Boden.
„Die Welt durchlebt gerade eine absolut chaotische Phase, in der es Länder
gibt, die der Welt ihre Bedingungen diktieren wollen und vielen anderen
Ländern mit Waffengewalt drohen“, sagt Chinas Chef-Propagandist Victor Gao
– und teilt gegen die USA aus, ohne sie beim Namen zu nennen. Die
Volksrepublik hingegen stellt er als verantwortungsvolle, alternative
Weltmacht dar: „Wir wollen die bestehende Ordnung nicht zerstören. Wir
wollen sie verbessern und neu aufbauen.“
3 Sep 2025
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Fabian Kretschmer
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