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       # taz.de -- Daten-Kassetten: DNA als Rechenzentrum
       
       > Eine revolutionäre Idee aus China nutzt das älteste Speichersystem der
       > Natur für künftige Datenzentren. Welche Vorteile hätte das?
       
   IMG Bild: Auf dem biologischen Speicher DNA lassen sich riesige digitale Datenmengen speichern und auf lange Zeit sichern
       
       Rund 2,5 Trillionen Byte an Daten produziert die Menschheit [1][jeden Tag].
       Um sie zu speichern, bauen Tech-Unternehmen weltweit Rechenzentren; das
       größte davon soll bald in China stehen – auf einer Grundfläche von 110
       Fußballfeldern. Um die Datenmengen zu speichern, braucht es immer
       effizientere Lösungen.
       
       Herkömmliche Datenzentren sind nicht nur besonders raum-, sondern auch
       ressourcenintensiv. Die handelsüblichen Speichermedien sind anfällig für
       Umwelteinflüsse wie Magnetfelder, Staub und Temperaturschwankungen – und
       erfordern daher aufwändigen Unterhalt.
       
       ## Die Studie
       
       Dem setzt eine in der Fachzeitschrift Science Advances erschienene
       [2][Studie] aus China nun etwas Ausgefallenes entgegen: DNA-Kassetten. Auf
       einer Art Magnetstreifen sind DNA-Schnipsel so angeordnet, dass ein Scanner
       mittels lichtgesteuerter Enzyme die Datenstränge durchforsten und die
       gesuchte Information hervorholen kann.
       
       Eigentlich naheliegend, schließlich ist DNA das über Millionen Jahre
       evolutionär entstandene Speichermedium der Natur: Die spiralförmigen
       Molekülketten konservieren Erbinformation und das mit minimaler
       Fehleranfälligkeit. Handelsüblichen Festplatten ist DNA als Speichermedium
       in vielerlei Hinsicht überlegen. Denn die Informationsspeicherung findet
       auf atomarem Level statt und ist dadurch extrem platzsparend. Hinzu kommt
       die sehr lange Haltbarkeit von bis zu tausend Jahren.
       
       [3][Bereits 1959 beschrieb der Quantenphysiker Richard Feynman das
       Potenzial von DNA als Datenträger]. Einen frühen Forschungserfolg
       verzeichnete ein Harvard-Team in den 80er Jahren, als sie die Daten eines
       Lichtbilds in der DNA von E.coli-Bakterien fehlerfrei speichern und
       wiedergewinnen konnten.
       
       Lebendige Datenträger bleiben zwar weiterhin möglich, die chinesische
       Studie fokussiert jedoch auf die praktischen Aspekte der Dateienverwaltung,
       also deren Lagerung und Zugänglichkeit. Die Errungenschaft liegt in der
       Idee, Kassetten als physische Träger zu verwenden. Damit ist die
       DNA-Technologie der alltäglichen Anwendung einen wichtigen Schritt näher.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Wegen hohen Produktions- und Anwendungskosten sind die DNA-Kassetten jedoch
       noch nicht marktreif. Mindestens 16 weitere Jahre Forschung dürfte es dafür
       brauchen, sagt Thomas Dandekar von der Uni Würzburg gegenüber dem Science
       Media Center. Zu gut und günstig seien die aktuell verfügbaren Mikrochips.
       
       Einen wissenschaftlichen Erfolg stellen die DNA-Kassetten dennoch dar. Das
       Sammeln von personenbezogenen Daten ist zwar ein lukratives
       Geschäftsmodell, allerdings dürfte es im Hinblick auf die Explosion im
       Datenwachstum irgendwann an die Grenzen natürlicher Ressourcen stoßen.
       Sobald Tech-Unternehmen sich gezwungen sehen, Nachhaltigkeit über Profit zu
       stellen, hat die Wissenschaft Alternativen bereit.
       
       22 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://monde-diplomatique.de/artikel/!5793006
   DIR [2] https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.ady3406
   DIR [3] https://www.hcm-magazin.de/dna-computer-261361/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nathan Pulver
       
       ## TAGS
       
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