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       # taz.de -- Hamburger Festival „Treffen“: Einmal Paralleluniversum und zurück
       
       > Die Hamburger Indie-Labels kritisieren, dass sie auf dem Reeperbahn
       > Festival zu wenig vorkommen. Also haben sie ein Alternativfestival
       > organisiert.
       
   IMG Bild: Empfang am Nachmittag vor dem abendlichen Konzert: Freund*innen des Treffens treffen sich vor dem Club Komet auf der Reeperbahn
       
       Wo geht’s hier zum Konzert? Wirklich groß ist der Club namens „Komet“
       nicht: ein Altbau in einer Parallelstraße zur Reeperbahn, unsaniert, mit
       einer Patina aus Bier, Nikotin und Stickern, die sich wie eine Kapsel um
       die Besucher*innen legt. Die Fotos an der Wand sind vergilbt, der Putz
       blättert, eine lange Bar, ein Flipper und daneben ein zugestickerter
       Monolith, der sich beim zweiten Blick als Kicker erweist. Und wo soll hier
       ein Konzert sein?
       
       Die Antwort ist: Im Keller gibt es zwischen den zwei Klos eine schwere Tür.
       Wer davor steht, denkt an das Getränkelager oder den Heizungsraum. Die Tür
       ist zu, aber dahinter ist es laut. Öffnet man sie, tut sich ein
       hutschachtelgroßer Raum auf, gerammelt voll mit Menschen. Die Bühne ist so
       klein, dass die Bassistin der Band Schnuppe in einer Nische am Bühnenrand
       verschwindet. Es ist ein Konzert des Festivals „Treffen“, das an diesem
       Abend im Komet stattfindet. Underground soll es laut Ankündigung sein.
       Stimmt.
       
       Drei Gehminuten davon entfernt wälzt sich ein Nightliner an der Davidwache
       vorbei, ein Riesenbus mit der Aufschrift „Reeperbahn Festival“. Auf dem
       Spielbudenplatz ist „Korea Spotlight“, das heißt, es spielen Bands aus
       Korea auf einer riesigen Freiluft-Bühne mit LED-Lightshow und
       Getränke-Werbung.
       
       Menschen tragen Festivalpässe in Klarsichtfolien um ihren Hals und laufen
       über den Platz, irgendwohin, wo gerade ein Panel, ein Konzert oder ein
       Empfang beginnt. Das ist das Reeperbahn Festival: ein Mega-Event. 450
       Konzerte in 75 Spielstätten, dazu 250 Vorträge, Diskussionen und sonstiges
       gab es in diesem Jahr.
       
       Im Komet trägt niemand einen Festivalpass. Die Leute hoppen auch nicht von
       Veranstaltung zu Veranstaltung: Die 24 Konzerte und Lesungen verteilen sich
       auf sieben Clubs, die mitunter weit voneinander entfernt sind. Die MS
       Stubnitz ist dabei, ein Club in einem Schiff an den Elbbrücken, oder das
       Hafenklang, ein Club im Fischereihafen. Beides berühmte Läden. Beide nicht
       dabei beim Reeperbahn Festival, sondern beim Treffen – der
       Alternativveranstaltung der lokalen Hamburger Szene.
       
       Dass eine solche nötig ist, das finden die Initiatoren schon länger. „Die
       Präsentationsmöglichkeiten für die Hamburger Szene sind beim Reeperbahn
       Festival nicht so gegeben, wie es wünschenswert ist“, sagt Gunther Buskies
       vom Label Tapete Records. Also haben sich 14 Hamburger Independent Labels
       zusammengetan, um mit dem Treffen ihr eigenes Festival zu veranstalten.
       Eine Gegenveranstaltung also? „Eine ergänzende, alternative Veranstaltung“,
       sagt Buskies. Denn das Reeperbahn Festival sei schon gut für [1][Hamburg].
       Nur die lokalen Labels würden auf der Strecke bleiben.
       
       Das [2][Reeperbahn Festival] ist seit seiner Gründung 2006 in Richtung
       musikwirtschaftliche Fachmesse gewachsen und hat dabei den Anteil der
       Showcases immer weiter ausgebaut. Showcase bedeutet, dass Agenturen aus
       aller Welt Auftritte für ihre Bands buchen, um sie auf dem Festival
       präsentieren zu können. Im Klartext: Wer seine Bands zeigen will, muss
       zahlen. Dazu sind viele kleine Hamburger Labels weder bereit noch in der
       Lage.
       
       Beim Reeperbahn Festival ist das Unbehagen der Indie-Labels [3][bekannt].
       „Nachvollziehbar und legitim“, nennt Festivalleiter Detlef Schwarte deren
       Kritik. Allerdings sei das Festival eben kein Festival für die Hamburger
       Szene, sondern gefördert durch Bundesmittel. „Unser Auftrag ist, den
       Musikstandort Deutschland zu stärken“, sagt Schwarte. Trotzdem wolle man
       gemeinsam mit der Hamburger Szene überlegen, wie sich die Situation in
       Zukunft verbessern ließe.
       
       ## Gestaltungsspielraum vorhanden
       
       Gestaltungsspielraum hat das Reeperbahn Festival. Dieses Jahr kamen von den
       insgesamt 400 Bands rund 200 über Agenturen, die anderen 200 seien vom
       eigenen Booking-Team engagiert worden, sagt Schwarte. Unter den selbst
       engagierten 200 seien rund 170 Nachwuchsbands gewesen, davon wiederum 15
       aus Hamburg. „Das ist gar keine so schlechte Quote“, findet Schwarte. Für
       die Hamburger Labels allerdings ist die Präsenz ihrer Bands entscheidend.
       Und die kommen nicht zwangsläufig aus Hamburg. Schnuppe zum Beispiel ist
       eine Band aus Köln, wird aber hier verlegt.
       
       Wie also weiter mit dem Treffen und dem Reeperbahn Festival? Für
       Konzertgänger*innen wäre schön, wenn es das Treffen weiterhin gibt. So
       ein Label-Abend mit zwei Konzerten ist finanziell und logistisch ein
       angenehm niedrigschwelliger Zugang zum Live-Erlebnis. Zumal, wenn man ihn
       ergänzt durch einen Besuch der Reeperbahn Festival-Konzerte am
       Spielbudenplatz mit freiem Eintritt. Denn auch da passieren interessante
       Sachen. Die Koreaner „Wah Wah Wah“ zum Beispiel machen dort [4][Krautrock]
       mit Querflöte. Frisch aus dem Underground Seouls. Heißt es jedenfalls.
       
       24 Sep 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Irler
       
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