# taz.de -- Defizite bei den Krankenkassen: Rund eine Millarde pro Tag
> So viel gibt die gesetzliche Krankenversicherung inzwischen aus und die
> Beiträge drohen sogar noch weiter zu steigen. Eine Kommission allein kann
> das nicht richten.
IMG Bild: Allein die Krankenhauskosten sind im ersten Halbjahr 2025 um knapp 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen
Rasant steigende Milliardenkosten, mitten im Jahr erhöhte
Krankenkassenbeiträge und mittelmäßige Qualität: Dass das deutsche
Gesundheitssystem in ganz schwierigen Zeiten steckt, bestreitet inzwischen
niemand mehr. Aber was tun und wie schnell? Die von der
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) für diese Fragen eingesetzte
Expertenkommission zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
nahm nun die Arbeit auf. „Die Aufgaben könnten nicht größer sein“, sagte
Warken am Donnerstag.
Ende März soll die Kommission einen ersten Bericht mit Maßnahmen für das
Beitragsjahr 2027 vorstellen, ein zweiter Bericht mit strukturellen
Reformvorschlägen soll bis Ende 2026 vorliegen. Kurzfristige Maßnahmen für
das Beitragsjahr 2026 erarbeite man unabhängig davon im Ministerium, so
Warken.
[1][Die Zeit drängt:] „Die gesetzliche Krankenversicherung gibt
mittlerweile jeden Tag rund 1 Milliarde Euro aus – Tendenz stark steigend“,
mahnte der grüne Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen.
Laut GKV-Spitzenverband sind allein die Krankenhauskosten, der größte
Kostenblock bei den gesetzlichen Kassen, im ersten Halbjahr 2025 um knapp
10 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. „Solche
Steigerungsraten hält kein Gesundheitssystem der Welt auf Dauer aus“,
betont der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands, Oliver Blatt. Für 2026
werden Milliardendefizite erwartet.
## Ausgabensteigerung stoppen
Gleichzeitig sinkt die wahrgenommene Qualität der medizinischen Versorgung.
So sind Termine bei Fachärzt*innen für gesetzlich Versicherte oft nur
mit monatelanger Wartezeit verfügbar. Der GKV-Spitzenverband fordert neben
strukturellen Maßnahmen, die die Versicherten im Alltag spüren, vor allem
ein sofortiges Ausgabenmoratorium. Das würde bedeuten, dass
Kostensteigerungen nur noch dann möglich sind, wenn auch die Einnahmen
entsprechend steigen. Das betrifft zum Beispiel auch Zuwächse bei den
Gehältern der medizinischen Fachkräfte.
„Nur wenn die Politik kurzfristig handelt, können die Krankenkassenbeiträge
im nächsten Jahr insgesamt stabil bleiben“, so Blatt. Andernfalls
befürchten die Kassen, dass die Zusatzbeiträge im Januar die
durchschnittliche 3-Prozent-Schwelle knacken – zu Lasten der Versicherten
und ihrer Arbeitgeber. Zusatzbeiträge erheben die Kassen, weil der
gesetzliche Krankenkassenbeitrag von derzeit 14,6 Prozent des
Bruttoverdienstes nicht kostendeckend ist. Im Januar 2025 waren die
Zusatzbeiträge auf durchschnittlich 2,5 Prozent gestiegen. 20 der 94
Krankenkassen mussten sie seitdem noch einmal mitten im Jahr erhöhen. Ab
Mitte Oktober soll es eine Prognose für die Beiträge ab Januar 2026 geben.
Weitere Beitragssteigerungen solle es keine geben, betonte Nina Warken auch
am Donnerstag. Im Haushalt 2025 und 2026 sind Darlehen als Ausgleich für
Defizite bei der GKV vorgesehen. Diese reichten allerdings laut Blatt vom
GKV-Spitzenverband nicht einmal als Sofortmaßnahme und erhöhten den Druck
für die Zukunft noch mehr.
Von einem „gesundheitspolitischen Jo-Jo-Effekt“ spricht der
Gesundheitspolitiker Dahmen. Dahmen mahnt an, dass bereits fertige
Reformkonzepte [2][wie die Notfall- und Rettungsdienstreform] in der
Schublade lägen, mit der quasi sofort sowohl das Personal entlastet als
auch Milliarden eingespart werden könnten. Aber wenn „die Ministerin
zaudert statt handelt“, drohten ab Januar 2026 erneut steigende Beiträge
für Millionen Versicherte und Betriebe.
25 Sep 2025
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## AUTOREN
DIR Manuela Heim
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