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       # taz.de -- Klimaziele weltweit: EU verliert Führungsrolle in der Klimapolitik an Peking
       
       > Pünktlich zur offiziellen UN-Deadline präsentiert Präsident Xi Jinping
       > neue Emissionsziele. Europa verfehlte die Frist – auch wegen Deutschland.
       
       Brüssel taz | Die Europäer beanspruchen eine Führungsrolle in der globalen
       Klimapolitik. Doch nun läuft China ihnen den Rang ab. Pünktlich zur
       offiziellen Deadline der Vereinten Nationen am Mittwoch hat Präsident Xi
       Jinping in Peking [1][neue Klimaziele für 2035] vorgestellt. Dagegen hat
       die [2][EU die UN-Frist für die nationalen Klimaziele (NDC) verfehlt] –
       auch wegen Streits in der Bundesregierung. Klimaschützer sprechen von einer
       Blamage für Deutschland und die EU.
       
       Xi kündigte an, dass die Treibhausgasemissionen in China bis 2035 um 7 bis
       10 Prozent gegenüber dem bisherigen Höchststand sinken werden. Nach Angaben
       aus Peking soll die Leistung aus Wind- und Solarenergie dann 3.600 Gigawatt
       erreichen – mehr als sechsmal so viel wie 2020. Zudem solle der Anteil
       nichtfossiler Brennstoffe bis 2035 auf über 30 Prozent steigen. Der grüne
       Wandel sei das Gebot der Stunde, sagte Xi. Die Staatengemeinschaft müsse
       auf dem richtigen Weg bleiben, auch wenn „einige Länder“ dagegenhandelten.
       Gemeint sind offenbar die USA. US-Präsident Donald Trump ist nicht nur
       schon zum zweiten Mal aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 ausgetreten.
       Er hat den Kampf gegen den Klimawandel auch als „Schwindel“ verächtlich
       gemacht und eine Exportoffensive für fossile Energie made in America
       gestartet.
       
       Auch die EU führt nicht mehr. Sie hält zwar noch an den Pariser
       Vereinbarungen fest – hat jedoch Mühe, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
       Schon das Klimaziel für 2040 wurde von der EU-Kommission verspätet
       vorgelegt, Frankreich und Polen hätten es am liebsten ganz abgesagt. Wegen
       der internen Streitigkeiten hat die EU nun sogar den offiziellen Termin für
       das UN-Ziel 2035 verpasst. Bei einem vorbereitenden Treffen der
       EU-Umweltminister Mitte September konnten sich die 27 Mitgliedsstaaten
       nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Am Ende behalf man sich mit
       einer Absichtserklärung: Demnach wollen die EU-Staaten ihre Emissionen bis
       2035 zwischen 66,25 Prozent und 72,5 Prozent im Vergleich zu 1990 senken.
       Bis 2040 sollen es dann 80 Prozent sein.
       
       Trotz des wachsenden [3][Widerstands auch aus Deutschland] versprach
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in New York, Europa werde
       beim Klimaschutz auch künftig ehrgeizige Ziele verfolgen. Ihren offiziellen
       Plan für 2035 werde die EU rechtzeitig vor Beginn der Weltklimakonferenz
       COP30 in Brasilien im November einreichen, versprach die CDU-Politikerin.
       
       ## „Insbesondere blicken wir auf die Europäische Union“
       
       UN-Generalsekretär António Guterres forderte mehr Ehrgeiz. Die nun
       vorgelegten Pläne aller Staaten würden die weltweiten
       Treibhausgas-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2019 nur um 2,6 Prozent
       senken – notwendig sind laut UN aber 43 Prozent. Nötig seien neue Pläne für
       2035, die viel schneller „dramatische Emissionssenkungen“ absichern.
       
       Die Allianz kleiner Inselstaaten, die vom steigenden Meeresspiegel in ihrer
       Existenz bedroht sind, warnte vor einem „Verrat an den Schwächsten“. Die
       UN-Botschafterin von Palau, Ilana Seid, sagte: „Die Welt beobachtet
       aufmerksam, wer die Initiative ergreift und die Führung übernimmt.
       Insbesondere blicken wir auf unsere Freunde in der Europäischen Union.“
       
       Besorgt äußerte sich auch das Europaparlament. „Das waren sehr schlechte
       Tage für das Klima und für die Wettbewerbsfähigkeit Europas“, sagte Peter
       Liese, Sprecher für Klimapolitik der konservativen EVP-Fraktion. „Es ist
       zwar gut, dass China endlich ein Reduktionsziel vorgelegt hat, aber es ist
       viel niedriger als erwartet, und leider ist die EU dafür
       mitverantwortlich.“
       
       Eine Mitschuld von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sieht der grüne
       Europapolitiker Michael Bloss. Unter Merz’ Führung habe Deutschland „eine
       klimapolitische Abwärtsspirale“ in Gang gesetzt, sagte er. „Das chinesische
       Klimaziel fällt erschreckend schwach aus – auch weil Europa nichts
       vorzeigen kann.“ Merz sei „ein Elefant im Porzellanladen der
       internationalen Klimapolitik.“
       
       Optimistischer äußerte sich die [4][Umweltorganisation Germanwatch]. China
       setze neue Maßstäbe, da es erstmals absolute Emissionsreduktionsziele habe
       und dabei alle Treibhausgase erfasse. „Chinas neue Klimaziele markieren das
       Ende der Wachstumspolitik bei den Emissionen“, sagte
       Germanwatch-Klimaexperte Petter Lydén. „Das ist ein historischer Wendepunkt
       bei einem so großen Emittenten, der Deutschland und die EU unter
       Handlungsdruck setzt.“
       
       25 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://unfccc.int/NDCREG
   DIR [2] /Europaeisches-Klimaziel/!6114557
   DIR [3] /Niederlage-fuer-Umweltminister/!6113571
   DIR [4] https://www.germanwatch.org/de/93276
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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