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       # taz.de -- WM im Straßenradsport: Ehrlich und hart
       
       > Natürlich möchte sich Tadej Pogačar für das Zeitfahrdebakel bei der WM
       > revanchieren. Beim bergigen Straßenrennen der Elite in Kigali gilt er als
       > Favorit.
       
   IMG Bild: Trainingsausfahrt in Kigali: Tadej Pogačar (in Grün) führt eine Gruppe Kollegen an
       
       Kigali taz | Revanche ist das große Motto vor dem WM-Straßenrennen. Tadej
       Pogačar will die Schmach vom Zeitfahren abschütteln. Da verpasste er nicht
       nur das fest eingeplante Podium. Hauptrivale Remco Evenepoel holte ihn
       sogar ein. Eine Demütigung für den Slowenen. Und ein kräftiger Ansporn für
       das Straßenrennen am Sonntag. „Ich denke, das macht ihn noch wütender und
       motivierter, zu beweisen, dass er die Nummer eins im Radsport ist“, meinte
       sein Landsmann Matej Mohorič. Trotz der bitteren Niederlage vom letzten
       Sonntag ist Pogačar weiter der Topfavorit.
       
       [1][Der 267,5 km lange Kurs in Ruanda] mit 5.475 Höhenmetern ist dem so
       kletterstarken wie explosiven wie auch extrem ausdauernden Titelverteidiger
       regelrecht auf den Leib geschrieben. „Es ist sicherlich das härteste Rennen
       meiner Karriere“, blickte der deutsche Starter Jonas Rutsch auf den Sonntag
       voraus. „Mit über 5.000 Höhenmetern, dem ewigen Auf und Ab sowie kaum einem
       Punkt, um dich zu erholen, ist es ein extrem ehrliches Rennen. Hinzu kommt
       noch die Hitze. Da kann sich niemand verstecken“, meinte Teamkollege Felix
       Engelhardt in einer Presserunde.
       
       Die Deutschen rechnen sich auch angesichts der nur vier Mann, die an den
       Start gehen, bestenfalls Außenseiterchancen aus. „Wichtig ist, dass wir mit
       einer guten Moral reingehen. Wir haben nicht die Rennfahrer, die jetzt von
       Sieg zu Sieg gefahren sind“, ordnete Nationaltrainer Jens Zemke die
       Ausgangslage ein.
       
       ## Eine Frage der Kontrolle
       
       Bei den Fahrern, die mit breiter Brust nach Kigali gereist sind, bezog er
       sich neben [2][Tour-de-France-Sieger Pogačar] auch auf den frisch
       gebackenen Zeitfahrweltmeister Evenepoel, den zweifachen
       Vuelta-Etappensieger Juan Ayuso und den Giro-Zweiten Isaac Del Toro. Der
       Mexikaner unterstrich seine brillante Spätform mit fünf Siegen bei sieben
       Starts im Monat September.
       
       Ohne klare Zielvorgaben will Zemke sein Vier-Mann-Team aber auch nicht ins
       Rennen schicken. „Ich denke mal, wir können die Sache ein bisschen clever
       angehen. Wir sind nicht das Team, dass das Rennen kontrollieren muss. Wir
       können vielmehr davon profitieren, dass wir vier Fahrer haben, die ziemlich
       weit kommen können.“
       
       Rennkontrolle wird vor allem von der slowenischen Equipe um Pogačar und der
       belgischen um Evenepoel erwartet. Die Slowenen haben sogar den Vorteil, mit
       neun Mann anzutreten wegen des extra Startplatzes für den amtierenden
       Weltmeister. Trotzdem ist man dort vorsichtig. „Tadej ist es gewohnt, ein
       komplettes Team um sich zu haben. In Ruanda wird er starke Unterstützung
       haben, aber nicht die totale Kontrolle wie wenn er mit UAE Emirates fährt.
       Das ist die Herausforderung und die Schönheit der Weltmeisterschaften.
       Alles kann passieren“, meinte Sloweniens Nationaltrainer Andrej Hauptman
       vorab.
       
       Vielleicht setzt Pogačar auch die Ungewissheit über seine Form nach dem
       Zeitfahrdebakel zu. Er selbst hatte das vor allem auf krankheitsbedingt
       eingeschränktes Zeitfahrtraining zurückgeführt. Falls Pogačar schwächelt,
       hat Slowenien aber noch weitere Asse im Ärmel. „Wir haben ein sehr starkes
       Team, nicht nur Tadej. [3][Matej Mohorič hat in Rennen wie Mailand–Sanremo]
       oder bei der Tour immer wieder Großes gezeigt.
       
       Und dann haben wir noch Primož Roglič. Alle haben die Freiheit, aggressiv
       zu fahren, wenn sich die Gelegenheit ergibt“, meinte Hauptman. Bei all
       diesen Pfeilen im Köcher liegt es auch an dem Coach, die richtige Balance
       zu finden. „Wir können nicht nur für Tadej fahren und auch nicht nur für
       Primož. Wir müssen klug bleiben und uns an die Rennsituation anpassen“,
       stellte er sich selbst als Aufgabe.
       
       Es drängen sich aber auch andere Szenarien auf. Weil kein Nationalteam die
       Art von totaler Kontrolle ausüben kann wie Team UAE bei den Grand Tours,
       bietet sich auch für Ausreißer die Chance, noch vor dem Mount Kigali zu
       attackieren. „Es kann schwer werden, dann jemanden zurückzuholen“, meinte
       Belgiens Nationalcoach Serge Pauwels. Er befürchtet auch, dass Pogačar
       schon dort zu einem mehr als 100 km langen Soloritt aufbrechen könnte. Für
       diesen Fall hofft er auf Verbündete wie etwa die Spanier um Ayuso. Wer sich
       zu diesem Zeitpunkt vor Pogačar in einer Ausreißergruppe und auch auf dem
       Gipfel des Mount Kigali noch im Windschatten des Slowenen befindet, könnte
       wiederum von dieser Situation profitieren, mit Pogačar kooperieren und sich
       mit Silber belohnen.
       
       Das wäre wohl die reellste Chance der Deutschen.
       
       27 Sep 2025
       
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