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       # taz.de -- Steigende Ausgaben: Krankenkassen stehen „finanziell massiv unter Druck“
       
       > Die Krankenversicherungen geben immer mehr Geld für ihre Leistungen aus,
       > doch Beitragssteigerungen will die Koalition verhindern. Helfen sollen
       > Finanzspritzen – und komplexe Strukturreformen.
       
   IMG Bild: Nina Warken (CDU), Bundesministerin für Gesundheit, gibt ein Statement zur Finanzentwicklung der GKV, am 5.9.2025
       
       Berlin epd/dpa/taz | Angesichts der Finanzierungslücken in Milliardenhöhe
       bei der [1][Pflege]- und Krankenversicherung drängt
       Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zu schnellen Maßnahmen. Die
       [2][gesetzliche Krankenversicherung stehe „finanziell massiv unter Druck“],
       sagte die Ministerin am Freitag in Berlin. Es brauche kurzfristige
       Maßnahmen und langfristig wirkende Strukturreformen.
       
       Zwar hätten die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) im ersten Halbjahr einen
       Überschuss von 2,8 Milliarden Euro erzielt, dieser diene jedoch der
       Auffüllung der sehr niedrigen Finanzreserven auf die gesetzlich geforderte
       Mindestreserve. In den vergangenen Jahren hatte es einen massiven
       Rücklagen-Abbau gegeben.
       
       Außerdem stiegen die Ausgaben der Krankenkassen weiter an. Im ersten
       Halbjahr gaben die rund 90 gesetzlichen Krankenkassen 166,1 Milliarden Euro
       für ihre Leistungen aus. Das ist eine Steigerung um 7,95 Prozent gegenüber
       dem Vorjahreszeitraum, wie aus den aus neuen Kennzahlen des
       GKV-Spitzenverbands hervorgeht.
       
       Für das kommende Jahr betrage das Defizit der gesetzlichen
       Krankenversicherung vier Milliarden Euro, während in der Pflege eine
       Finanzierungslücke von zwei Milliarden Euro drohe, erklärte Warken: „Ohne
       tiefgreifende Reformen kann sich das System nicht mehr selber finanzieren“.
       
       ## Darlehen vom Bund
       
       Der Bund leiste einen großen Beitrag zur Stabilisierung der Krankenkassen,
       so Warken, darunter Darlehen von 2,3 Milliarden Euro für das laufende und
       das kommende Jahr. Diese Mittel sind in den vom Kabinett auf den Weg
       gebrachten Haushaltsentwürfen für 2025 und 2026 schon vorgesehen. Das
       Gesundheitsministerium hatte aber mehrfach signalisiert, dass dies nicht
       ausreiche, um Beitragsanhebungen Anfang 2026 zu verhindern. Warken
       wiederholte diese Einschätzung am Freitag: Die Hilfen würden „mit hoher
       Wahrscheinlichkeit nicht ausreichen“, um die Beiträge mit Blick auf das
       kommende Jahr zu stabilisieren.
       
       Zusätzliches Geld stellt die schwarz-rote Koalition im Haushalt 2025 jedoch
       nicht bereit, teilte Unions-Haushaltsexperte Christian Haase nach den
       abschließenden Ausschussberatungen mit. Der CDU-Politiker wies zugleich auf
       das Ziel der Koalitionsspitzen hin, Beitragserhöhungen zu vermeiden.
       SPD-Haushaltsexperte Thorsten Rudolph sagte, dazu würden Vorschläge von
       Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) mit Blick auf den Etat 2026
       erwartet.
       
       Für langfristige Reformen kündigte die Ministerin die Einsetzung einer
       Expertenkommission in diesem Monat an. Diese soll bereits im Frühjahr 2026
       erste Ergebnisse vorlegen, die ab 2027 wirksam werden. Ziel sei es, „die
       beinahe zur Routine gewordene Beitragssteigerung zum Jahreswechsel“ zu
       durchbrechen. Strukturreformen sollten für mehr Effizienz sorgen, so
       Warken, etwa ein [3][Primärarztsystems], eine Reform des Notfall- und
       Rettungsdienstes und eine [4][Anpassung der unter ihrem Vorgänger Karl
       Lauterbach (SPD) verabschiedeten Krankenhausreform].
       
       ## Schwarz-Rot will Beiträge stabil halten
       
       Zuletzt hatte es Anfang 2025 Beitragserhöhungen gegeben: Die Kassen hoben
       den Zusatzbeitrag auf durchschnittlich 2,9 Prozent an, daneben gilt der
       allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent des Bruttolohns. Schwarz-Rot
       betont immer wieder, die Beiträge stabil halten zu wollen, auch im
       Koalitionsausschuss am Mittwochabend hat man das noch einmal bekräftigt.
       Die Beitragszahlenden sollten nicht weiter belastet, der dringend erhoffte
       Wirtschaftsaufschwung durch Beitragserhöhungen nicht zusätzlich gefährdet
       werden.
       
       Die Kassen machen für die schlechte Finanzlage vor allem die Gesetzgebung
       der vergangenen Jahre verantwortlich, wie ein Verbandssprecher erläuterte.
       Honorardeckel wurden demnach beispielsweise für immer mehr ärztliche
       Leistungen abgeschafft und Preisvorgaben bei Arzneimitteln gelockert.
       
       Der Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, forderte ein
       Ausgabenmoratorium und Strukturreformen. Diese sollten für die Versicherten
       im Alltag spürbar werden – zum Beispiel durch schnellere Arzttermine.
       Langfristig will Blatt aber auch verhindern, dass die Schere zwischen
       Ausgaben und Einnahmen weiter auseinander geht, und „wieder zu stabilen
       Finanzen kommen“. Grundsätzlich müsse verhindert werden, dass die
       Krankenkassen mehr ausgeben müssen als sie einnehmen. Der Anstieg der
       Kosten müsse wieder auf „ein Normalmaß“ zurückgeführt werden.
       
       5 Sep 2025
       
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